Nur München kostendeckend Viele Städte können sich Straßenbahnen nicht mehr leisten

Den Kommunen fällt es immer schwerer, die Defizite des Öffentlichen Nahverkehrs auszugleichen. Insbesondere kleinere Städte in krisengeschüttelten Regionen wie dem Ruhrgebiet, die gleichzeitig ein teures Straßenbahnnetz unterhalten müssen, leiden unter hohen Betriebs- und Sanierungskosten.

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Verkehrsmittel der Zukunft
In der Stadt von Morgen wird es keine festen Wege mehr für Autos, Radfahrer und Fußgänger geben. Alle Verkehrsteilnehmer werden sich künftig flexibel einen Weg durch die Stadt suchen – das glauben zumindest Forscher, die sich mit Städten der Zukunft befassen. Illustration: Javier Martinez Zarracina
In den künftigen Megacities muss es gelingen auf gleichem Raum mehr Menschen zu transportieren. Indische Städte wie Delhi und Gurgaon planen Roboter-Taxis einzuführen. Die computergesteuerten Kabinen für vier bis sechs Personen warten an Haltestellen auf ihre Fahrgäste. Per Lasertechnik werden die Kabinen durch die Stadt gelotst, die Haltestellen können dann je nach Bedarf angesteuert werden – getrennt vom restlichen Verkehr. Illustration: Javier Martinez Zarracina
In Jakarta bringt ein Zug namens Aeromovel die Fahrgäste ohne Lärm und Abgase ans Ziel – angetrieben von Druckluft. Die Erfindung neuer Transportmittel, die ohne Kraftstoff auskommen wird in Zukunft immer wichtiger werden. Illustration: Javier Martinez Zarracina
In Medellin befördern seit 2004 Seilbahnen Passagiere umweltfreundlich durch die Stadt. Die ersten europäischen Städte ziehen nun nach. Seilbahnen sollen künftig auch in London und Hamburg sowohl CO2 als auch Platz sparen. Illustration: Javier Martinez Zarracina
In São Paulo kommen auf rund 19 Millionen Einwohner etwa sieben Millionen Autos. Städte wie Istanbul, Bogotá oder Santiago de Chile ersetzen Autospuren durch Schnellbuslinien. Auf diesen Bus Rapid Transits rollen Riesenbusse im Minutentakt an allen Staus vorbei. 900 000 Istanbuler nutzen solche Busse bereits Tag für Tag. Weitere 80 Städte wollen nachziehen. Illustration: Javier Martinez Zarracina
Nicht nur Menschen müssen zukünftig Platz- und Ressourcen sparend durch die Stadt transportiert werden. Gerade der Schwerlastverkehr mit Lastwagen gehört zu den größten Luftverschmutzern. In Bochum setzt das Unternehmen CargoCap daher auf computergesteuerte Kapseln, die Paletten durch Rohe unter der Erde ans Ziel bringen. Eine oberirdische Teststrecke gibt es in Bochum bereits. Die Kosten für dieses System: geringer als der Bau einer Autobahn. Laut CargoCap kostet eine Röhre mit zwei Fahrsträngen pro Kilometer 6,4 Millionen Euro, ein Kilometer Autobahn in Deutschland das Vielfache. Illustration: Javier Martinez Zarracina
In Zukunft werden auch platzsparende Autos gefragt sein. Eine Antwort darauf könnte das Hiriko-Citycar geben. Den Elektrozweisitzer entwickelten Forscher am amerikanischen Massachusetts Institute of Technology. Das Auto lässt sich zum Parken einfach zusammenklappen und benötigt nur ein Drittel der Standfläche eines Smarts. Im Jahr 2013 sollen 20 Modelle auf den Markt kommen, so die Unternehmensberatung Frost & Sullivan. Auch andere Ideen sorgen für Aufsehen… Illustration: Javier Martinez Zarracina

„Das größte Problem sind die hohen Kosten für die Instandhaltung der Infrastruktur“, bestätigt Oliver Wolff, Hauptgeschäftsführer des Verbands Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV), im Gespräch mit der WirtschaftsWoche. „An Mülheim lässt sich erkennen, dass sich die angespannte Lage bei der kommunalen Infrastrukturfinanzierung gerade dramatisch zuspitzt.“
Die Ruhrgebietsstadt mit 168.000 Einwohnern prüft derzeit, ob sie sich ihr Straßenbahnnetz noch leisten kann. Notwendige Ersatzinvestitionen in neue Waggons wurden schon drastisch gekürzt. Mülheim leidet wie viele andere Städte im Ruhrgebiet oder anderen Krisenregionen darunter, dass die teure Infrastruktur vorhanden ist und erneuert werden muss, aber die Haushaltskassen leer sind.

So kann Mühlheim die Kosten des ÖPNV nur zu 50 bis 60 Prozent aus den Fahrgasteinnahmen decken. Das ist nach einer Umfrage der WirtschaftsWoche einer der schlechtesten Werte in Deutschland. Ähnlich schlecht ist die Kostendeckung nur noch in Essen, Duisburg, Oberhausen und Augsburg.


Deshalb fordert VDV-Geschäftsführer Wolf, dass der Bund künftig nicht nur den Neubau von ÖPNV-Projekten fördert, sondern auch die Sanierung. „Es wäre sinnvoll, die Zweckbindung auszuweiten und auch Ausgaben für die Instandhaltung der Infrastruktur im Nahverkehr zu fördern“, fordert Wolff.
Im Durchschnitt liegt der Kostendeckungsgrad in Deutschland bei 79 Prozent. Nach einer Umfrage der WirtschaftsWoche unter den Großstädten liegen nur zwölf Städte über dem Durchschnitt. München ist dabei die einzige Stadt in Deutschland, die ihren Bus- und Bahnverkehr ohne öffentlichen Zuschuss kostendeckend durchführt. Sehr hoch sind auch noch die Kostendeckungsgrade in Stuttgart (94 %) und Hamburg (90 %). Dass auch kleinere Großstädte mit geringen öffentlichen Zuschüssen auskommen können, zeigen Freiburg und Leverkusen (je 88 % Kostendeckung).
Ebenfalls über den Durchschnitt liegen die Städte Frankfurt am Main (86 %), Erfurt und Kassel (je 85 %), Mannheim (83 %), Düsseldorf und Karlsruhe (je 82 %). Als Millionenstadt vergleichsweise schlecht steht die Bundeshauptstadt Berlin da. Die größte deutsche Stadt liegt mit einer Kostendeckung von 74 % unter dem Schnitt und deutlich hinter den anderen drei Millionenstädten München (100 %), Hamburg (90 %) und Köln (77 %).

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