Ryanair-Streik 42.000 Passagiere bleiben in Deutschland am Boden

In Deutschland werden heute nur Ryanair-Maschinen abheben, die zuvor aus dem Ausland gelandet sind. Quelle: dpa

Aufgrund des größten Pilotenstreiks in der Geschichte von Ryanair stehen an diesem Freitag viele Maschinen in ganz Europa still. In Deutschland werden dennoch über Umwege einige der Billigflieger abheben.

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Der größte Pilotenstreik in der Geschichte von Ryanair hat am Freitag für zahlreiche Flugausfälle gesorgt. Der Billigflieger strich rund 400 von etwa 2400 geplanten Flügen. Schwerpunkt des Ausstands war Deutschland mit 250 abgesagten Verbindungen und 42.000 betroffenen Passagieren. Europaweit sollen es etwa 55.000 sein, denn auch die Piloten in Belgien, Schweden und Irland legen die Arbeit für 24 Stunden nieder. In den Niederlanden können nach Ryanair-Angaben alle Flüge planmäßig stattfinden, obwohl das Unternehmen vor Gericht mit dem Verbot des Streiks scheiterte. Hier werden sogenannte Management-Piloten und Leihpiloten aus Belgien eingesetzt.

Erst nach massiven Druck hatte Ryanair im Dezember 2017 erstmals in seiner mehr als 30-jährigen Geschichte Gewerkschaften anerkannt. Doch die Verhandlungen über den erstmaligen Abschluss von Tarifverträgen laufen schleppend. Im Streit geht es vor allem um eine höhere Bezahlung und bessere Arbeitsbedingungen bei Europas größter Billigfluglinie. Laut der Pilotengewerkschaft „Vereinigung Cockpit“ (VC) begann der Streik in Deutschland um 03.01 Uhr und wird am Samstag um 02.59 Uhr enden. Vor allem am frühen Morgen wird dem Plan zufolge kaum ein Ryanair-Flieger von einem deutschen Flughafen abheben. Im Laufe des Tages sollen dann einige Flüge mit Maschinen erfolgen, die aus anderen, nicht bestreikten Ländern landen und wieder starten.

Ryanair habe offenbar mit massiven Ausfällen gerechnet und daher lieber gleich das gesamte Programm der deutschen Crews abgesagt, erklärte ein Sprecher der Gewerkschaft Vereinigung Cockpit zuvor in Frankfurt. Das sei für das Unternehmen offenbar einfacher handzuhaben. Am Samstag soll der Betrieb wieder wie gewohnt laufen, kündigte Ryanair an.

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Weitere Streiks in der Urlaubszeit sind nicht ausgeschlossen, die Vereinigung Cockpit will sie aber mit einer Frist von 24 Stunden vorher ankündigen. Der irische Konzern bekam den Zorn seiner Mitarbeiter in verschiedenen Ländern zuletzt immer mehr zu spüren: Die irischen Piloten streikten am Freitag bereits zum fünften Mal. Vor zwei Wochen hatten zudem Flugbegleiter in Portugal, Spanien und Belgien über zwei Tage zusammen rund 600 Flüge mit knapp 100.000 betroffenen Passagieren durch einen Streik verhindert. Vor allem auf die irischen Streiks reagierte Ryanair hart und kündigte den Abzug von sechs Jets und 300 Arbeitsplätzen nach Polen an.
Denn mit den abgestimmten Arbeitskämpfen für höhere Löhne gerät das Geschäftsmodell von Ryanair unter Druck. Die Fluglinie hat mit ihren Kampfpreisen die Branche umgekrempelt und ist zur profitabelsten Airline in Europa aufgestiegen. Nach Unternehmensangaben kostete das durchschnittliche Ryanair-Ticket zuletzt knapp unter 39 Euro. Konzernchef Michael O'Leary hat sich lange erbittert gegen Gewerkschaften gewehrt. Er würde lieber seine Hand abhacken als Gewerkschaften anerkennen, wurde O'Leary einst zitiert.

„Wir müssen damit rechnen, dass das ein sehr langwieriger Arbeitskampf wird“, sagte Pilotenvertreter Schumacher. Ryanair müsse eine verbessertes Tarifangebot vorlegen. Das werde nicht ohne höhere Personalkosten gehen, die Ryanair bislang kategorisch ausgeschlossen habe. Die Gewerkschaft beklagt, die Ryanair-Piloten würden deutlich schlechter bezahlt als bei der Konkurrenz und müssten viele der Kosten selbst tragen, die andere Gesellschaften für ihre Piloten übernehmen. Der Billigflieger argumentiert dagegen, die Piloten erhielten mehr Geld als bei der Lufthansa-Billigtochter Eurowings oder beim norwegischen Billigflieger Norwegian.

Ryanair-Streik könnte langwierig werden

Ryanair will bis Herbst eine Lösung in dem Tarifkonflikt finden. Gleichzeitig betonen die Iren, dass sie nicht an ihrem Geschäftsmodell rütteln wollen. „Wir werden nicht zur Lufthansa werden“, hatte Ryanair-Manager Peter Bellew, der an den Verhandlungen mit den Piloten beteiligt ist, am Mittwoch auf einer Pressekonferenz in Frankfurt gesagt.
Ungemach droht dem Billigflieger aber auch von der Flugbegleiter-Gewerkschaft Ufo: „Auch seitens der Kabine bereiten wir uns auf eine harte, aber konstruktive Tarifauseinandersetzung mit Ryanair vor“, kündigte Ufo-Tarifexperte Steffen Frey an.

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