Technologie Uber und Softbank steht ihr Schicksalsmonat bevor

Der November wird zeigen, ob Uber-Aktionäre gewinnen oder verlieren. Quelle: AP

Der Fahrdienst Uber ist weiter am Schlingern, trotz Umsatzzuwächsen. Am Mittwoch wird sich zeigen, ob die eigenen Mitarbeiter und Gesellschafter der Unternehmensstrategie trauen.

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Der November 2019 wird in die Firmengeschichte von Uber eingehen. Am Mittwoch läuft die Haltefrist ab, an der viele Gesellschafter und Mitarbeiter des Fahrdienstes erstmals seit dessen Börsengang im Mai ihre Anteile verkaufen dürfen. Es ist ein Gradmesser, inwieweit diese der eigenen Unternehmensstrategie vertrauen. Schmiert der Kurs an diesem Mittwoch stark ab, ist es damit nicht gut bestellt. Das würde den ohnehin angeschlagenen Firmenchef Dara Khosrowshahi weiter schwächen. Denn er verspricht den Geduldigen glänzende Zeiten, gar ein „Amazon der Mobilität“.

Bleibt der Kursverfall aus, kann Khosrowshahi seinen Plan fortsetzen, Uber durch professionelles Management und effizienteres Wirtschaften in ruhigeres Fahrwasser zu führen und am Ende als eines der ganz großen Tech-Unternehmen die Transportbranche zu dominieren. Wird der November 2019 als der Moment in der Geschichte eingehen, wo risikofreudige Anleger sich nochmal eindecken konnten? Bevor die Aktie so abgeht wie einst Amazon, die von sechs Dollar im September 2001 auf derzeit knapp 1800 Dollar kletterte?

Klar ist: Dafür muss man Superoptimist sein. Die Tech-Branche ist mittlerweile erwachsen und gilt wegen der Kapitalschwemme schon jetzt als überbewertet. Für normale Anleger ist die Aktie des einst wertvollsten Jungunternehmens der Welt bislang ein Trauerspiel. Sie hat seit der Erstnotierung um 33 Prozent nachgegeben und das vor dem Hintergrund steigender Kurse im Gesamtmarkt. Während Amazon Milliardengewinne ausweist, lebt Uber vor allem von Zukunftsvisionen.

Die Realität ist hingegen hart. Am Montagnachmittag kalifornischer Zeit musste Khosrowshahi wie erwartet erneut einen massiven Quartalsverlust bekanntgegeben, von diesmal 1,16 Milliarden Dollar. Trotz interner Sparrunden und Massenentlassungen lag dieser über den 986 Millionen vom Vorjahr, was allerdings auch an der Bilanzierung von Aktienoptionen in Höhe von rund 400 Millionen Dollar lag. Aber Uber konnte immerhin einen Umsatzzuwachs von 30 Prozent auf nunmehr 3,81 Milliarden Dollar vermelden. Das übertraf die Prognose der Analysten, die 3,6 Milliarden Dollar erwartet hatten.

„Es war unser bestes Quartal“, bekräftigte Khosrowshahi, der noch viel Potential für Effizienzsteigerungen sieht. Auch das Kerngeschäft, das Befördern von Passagieren, legte im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 19 Prozent zu. Ein Lichtblick sind auch die 12,7 Milliarden Dollar an Barreserven.

Trotzdem: Nach Börsenschluss gab die Uber-Aktie um bis zu sieben Prozent nach. Uber konnte an den Aufwind seines Wettbewerbers Lyft, der vergangene Woche einen geringer als erwarteten Verlust vermeldete, nicht anschließen. Da half auch nicht, dass Khosrowshahi mehrfach betonte, im übernächsten Jahr einen Gewinn auszuweisen und zwar über das ganze Jahr hinweg. Allerdings vor Steuern, Abschreibungen und Investitionen. Selbst den deutschen Markt, wo sich Uber schwertut, sieht er „sehr optimistisch“. Dort sei Uber wegen der lokalen Gesetzeslage eingeschränkt, doch man sei „im konstruktiven Dialog um Lösungen.“ Besonders die in diesem Jahr eingeführten Elektro-Leihräder (im Mai in Berlin und August in München) liefen sehr gut an. „Europa ist ein Zentrum der Mikromobilität“, schwärmt Khosrowshahi.

Doch das tröstet nicht darüber hinweg, dass es weiterhin Zweifel an der Nachhaltigkeit von Ubers Geschäftsmodell gibt. Denn das kann sich nur dann entfalten, wenn Uber seine Kosten senken und parallel die Fahrpreise zumindest stabil halten kann. Eine Erhöhung wäre hingegen Gift.

Wie Amazon hat auch Uber vor allem mit günstigen Preisen punkten können und ist so zu einer weltbekannten Marke aufgestiegen. Es war nicht nur der Komfort, eine Fahrt bequem übers Smartphone ordern zu können, sondern auch der Preis, der in hart umkämpften Märkten wie etwa Los Angeles zuweilen zwei Drittel unter denen herkömmlicher Taxis lag. Was gelang, weil Ubers Gesellschafter bereit waren, zwecks Markanteilsgewinn Verluste in Kauf zu nehmen. Hinzu kamen Sonderzahlungen, um die Verfügbarkeit sicherzustellen.

Zudem verursachten die freiberuflichen Fahrer geringere Kosten, vor allem bei Sozialabgaben. Doch ausgerechnet Ubers Heimatstaat Kalifornien schiebt dem nun einen Riegel vor, indem es den Status von Selbstständigen und Freiberuflern enger definiert und so ähnlich wie in Deutschland der Scheinselbständigkeit vorbeugt. Man werde sich mit einer industrieweiten Initiative, zu der auch Lyft und Doordash gehören, vor zu viel Eingriffen wehren, kündigte der Uber-Chef am Montag an. Der Plan ist, dass die kalifornischen Wähler im nächsten November darüber abstimmen. Zugleich betonte Khosrowshahi, dass die Einnahmen in Kalifornien nur neun Prozent am Gesamtumsatz ausmachen würden und vor allem international noch viel Wachstum zu holen sei.

Der Faktor Arbeit kostet jetzt auch bei Uber etwas

Doch es sieht so aus, als ob die Zeiten spottbilliger Uber-Fahrten sich dem Ende neigen, weil der Faktor Arbeit stärker zu Buche schlägt. Ein Ausweg wären Robo-Taxis. Doch bislang ist unklar, wann diese kommen und im Stadtverkehr genehmigt werden. Vor allem, ob sie tatsächlich der vielbeschworene Kostensenker für Uber sind. Oder gar frische Konkurrenz produzieren, in Form von Herausforderern wie Tesla, Waymo, traditionellen Herstellern von Fahrzeugen oder Helikoptern.



Hinzu kommt, dass die Weltwirtschaft vor einer Zäsur steht. Den Stich zum Platzen der Dot.com-Blase setzte die US-Notenbank Fed vor fast zwanzig Jahren, als sie die Zinsen erhöhte und so das Beschaffen von Kapital verteuerte. Diesmal senkt die Fed die Zinsen. Aber Anleger kriegen wegen aufgeblähter Bewertungen Magengrummeln und schauen stärker auf Unternehmen, die Gewinne erwirtschaften oder zumindest ein plausibles Geschäftsmodell vorweisen können.

Der Mittwoch wird auch zum wichtigen Tag für Ubers größten Aktionär. Softbank und sein schillernder Chef Masayoshi Son stehen unter Druck. Nach dem katastrophalen Absturz des Softbank Schützlings WeWork, der momentan mit dem Überleben ringt, ist Uber die derzeit wichtigste Wette von Softbank.

Son müsste drastischen Verkäufen der Uber-Aktie gegenhalten. Vielleicht erhöht er sogar den Einsatz. Schließlich beziffert Uber das weltweite Marktpotential der Transportbranche auf 12 Billionen Dollar. Uber, so verheißt Khosrowshahi, will davon langfristig 15 Prozent erschließen, was einem stolzen Umsatz von 1,8 Billionen Dollar entspräche. Das wäre ein Spielraum von fast kosmischer Dimension. Im vergangenen Jahr betrug der Uber-Umsatz 11,3 Milliarden Dollar. Für dieses Jahr werden knapp 15 Milliarden Dollar erwartet. Es ist noch eine lange Fahrt. Egal wer am Steuer sitzt.

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