Jetzt also doch. Elon Musk will Twitter. Ganz. Und dann von der Börse nehmen. 54,20 Dollar will er den Aktionären für ihre Anteile zahlen – das sind 38 Prozent mehr als der Aktienkurs am Tag bevor der Einstieg von Elon Musk bei Twitter bekannt wurde. Insgesamt würde Musk damit 41,4 Milliarden Dollar zahlen. „Der Preis ist hoch, eure Aktionäre werden ihn lieben,“ sagte Musk laut SEC-Mitteilung gegenüber dem Twitter-Board. Da sollte er sich nicht so sicher sein.
Erst am Mittwoch startete ein Twitter-Aktionär eine mögliche Sammelklage gegen den Multimilliardär und Tesla-Chef. Er wirft ihm Wertpapierbetrug vor. Musk habe zu spät gemeldet, dass er mehr als fünf Prozent der Twitter-Anteile gekauft hatte. Der Börsenkurs sei deshalb niedrig geblieben, wodurch Musk weiter zu günstigen Preisen habe zukaufen können. Aktuell besitzt Musk 9 Prozent der Twitter-Anteile und ist der größte Einzelaktionär.
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So unschlagbar, wie Musk meint, ist sein Übernahmeangebot nicht: Vor gut einem Jahr lag die Twitter-Aktie bei fast 70 Dollar. Dass Musk noch viel größere Pläne mit Twitter hat, zeichnete sich schon ab: Am Wochenende schlug er einen Sitz im Verwaltungsrat aus – hätte der doch bedeutet, dass er nicht mehr als 14,9 Prozent der Twitter-Anteile kaufen darf.
Was Musk mit Twitter vorhat? Es scheint fast, als wollte er das soziale Medium zu seinem eigenen Spielball machen. Denn wie es bisher läuft, gefällt ihm nicht. Zum einen gefällt ihm die Inaktivität einiger Twitter-Nutzer nicht: „Stirbt Twitter?“, fragte er vergangene Woche und verwies auf die Twitter-Accounts mit den meisten Followern. Taylor Swift habe seit drei Monaten nichts gepostet, Justin Bieber nur einmal in diesem Jahr. Musk selbst gehört zu den aktivsten Nutzern auf Twitter, sein jüngster Post, in dem er seinen Followern von dem Übernahmeangebot erzählt, sammelte in den ersten 40 Minuten 140.000 Likes und fast 25.000 Retweets.
Was für ihn aber viel schlimmer ist: Dass Twitter die Meinungsfreiheit einschränke. „Ich habe in Twitter investiert, weil ich in das Potenzial der Plattform glaube, Meinungsfreiheit auf der ganzen Welt zu unterstützen“, schreibt Musk. Seit er investiert habe, sei ihm klar geworden, dass das in der jetzigen Form nicht funktionieren kann.
Meinungsfreiheit nach Musks Façon hat aber ihren ganz eigenen Touch: Denn was Twitter an „Meinung“ einschränkt sind vielmehr Hass, Verschwörungstheorien oder extremistische Ansichten. So hat das Unternehmen etwa den Twitter-Account von Ex-US-Präsident Donald Trump gesperrt. Sobald Musk Twitter gehört und er es von der Börse nimmt, könnten solche Stimmen bei Twitter wieder ihren Platz finden. Und ein Mensch allein, nämlich Musk, darüber bestimmen, was gesagt werden darf und was nicht – und Meinung machen.
Der Twitter-Vorstand will Musks Vorschlag „sorgfältig prüfen“, wie es von Twitter heißt, um eine Vorgehensweise zu definieren, „die im besten Interesse des Unternehmens und aller Twitter-Aktionäre ist“. Musk selbst machte bereits klar, dass er sein Aktionärsdasein bei Twitter überdenken werde, wenn sein Deal nicht angenommen wird. Ein Rückzug von Musk? Dürfte für Unternehmen, Aktionäre und Twitter-Nutzer das Beste sein. Die sollten sich gegen Musks Offerte wehren.
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