Streit über Twitter Eskalation mit Ansage: So kämpft der Tesla-Chef gegen die Börsenaufsicht

Unschuldig wie Jesus am Kreuze: Die Fehde des Tesla-Chefs mit der Börsenaufsicht SEC reicht Jahre zurück. Quelle: AP

Elon Musks Tweets brocken ihm regelmäßig Ärger mit der US-Börsenaufsicht ein. Nun will der Tesla-Chef die Kurznachrichten-Plattform kurzerhand kaufen. Ein neues Kapitel in der Akte „Elon gegen die SEC“?

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Eigentlich sollte Elon Musk am Wochenende vor Ostern Mitglied im Aufsichtsrat von Twitter werden – nachdem er kurz zuvor 9,2 Prozent an dem Unternehmen übernommen hatte. Doch er lehnte den Posten kurzfristig ab. Wer davon ausging, dass der Tesla-Chef seinen Einfluss bei Twitter wieder reduzieren wolle, hätte allerdings falscher kaum liegen können: Musk plant offenbar, den Kurznachrichtendienst gleich ganz zu übernehmen – für 41,4 Milliarden Dollar. Und ihn dann von der Börse zu nehmen.

Musks Entscheidung könnte mit den Aufsichtsbehörden zusammenhängen, konkret: mit der Securities and Exchange Commission (SEC) zusammenhängen, der Börsenaufsicht der USA. Mit ihr hat der Unternehmer nämlich immer wieder Probleme, die maßgeblich auf Twitter und Musks leidenschaftliche Nutzung der Plattform zurückgehen.

Musks Einstieg als Großaktionär sorgte für Schlagzeilen, bereits ehe herauskam, dass er den Kurznachrichtendienst wohl gleich ganz übernehmen will. Am Dienstag wurde bekannt, dass ein Twitter-Aktionär eine Sammelklage gegen Elon Musk wegen angeblichen Wertpapierbetrugs anstrengt. Es geht um die Frage, ob Musk der SEC sein Investment bei dem Kurznachrichtendienst zu spät meldete.

Angeblich soll sein Anteil an Twitter bereits Mitte März bei über fünf Prozent gelegen haben, Musk meldete seinen Einstieg der SEC aber erst am 4. April. So hielt er den Aktienkurs niedrig und konnte in der Zwischenzeit weiter günstig Twitter-Aktien kaufen, lautet der Vorwurf. Gut möglich, dass die SEC wegen Wertpapierbetrugs ermittelt und sich der Vorwürfe annimmt. Es wäre nicht die erste Auseinandersetzung zwischen Musk und der Behörde. Eine Chronologie der Eskalationen.

2012: Indirekter Streit über Social-Media-Aktivitäten

Ein erstes Scharmützel zwischen der SEC und Elon Musk gab es im Jahr 2012, wenn auch indirekt. Die Börsenaufsicht ermittelte damals gegen den CEO von Netflix wegen dessen Kommunikation über soziale Medien. Netflix-Chef Reed Hastings hatte konkrete Nutzungszahlen für den Monat Juni auf Facebook veröffentlicht. Die SEC sah die Vorgabe verletzt, dass allen Investoren relevante Informationen zur gleichen Zeit zur Verfügung gestellt werden müssten. Elon Musk reagierte auf Twitter und schrieb über sein eigenes Unternehmen, Tesla habe einen positiven Cashflow erreicht. Eine beabsichtigte Provokation der Börsen-Regulatoren? 1:0 für Elon.

2016: SEC-Ermittlungen gegen Tesla Motors

E-Auto-Fans und Tesla-Aktionäre erinnern sich vielleicht: Im Jahr 2016 gab es zahlreiche Medienberichte über Ermittlungen der SEC gegen Tesla Motors wegen eines tödlichen Unfall mit einem Tesla-Modell. Die Vorwürfe der Marktwächter: Der Autobauer habe seine Investoren nicht darüber informiert, dass ein Tesla-Fahrer bei einem Autounfall gestorben war, angeblich bei eingeschaltetem Autopiloten. Offenbar erhärtete sich der Verdacht nicht. Die SEC äußerte sich nicht öffentlich zu dem Verfahren. 2:0 für Elon.

2016: Briefwechsel zu frisierten Abrechnungen

Im selben Jahr bekam der Elektroautobauer erneut kritische Post von der Börsenaufsicht. Die SEC warf Tesla vor, sich nicht an die Regeln für Bilanzveröffentlichungen zu halten. Der Vorwurf war unter anderem, Tesla rechne in den Bilanzen Geld zum Eigenkapital, das noch gar nicht beim Unternehmen angekommen sei. Tesla lenkte ein, die SEC-Ermittlungen wurden ac acta gelegt. 2:1 für Elon.

2017: Ermittlungen zu Teslas SolarCity-Sparte

Auch 2017 bekam Elon Musk es mit der SEC zu tun. Die Behörde nahm Teslas Solarsparte SolarCity ins Visier. Der Vorwurf: SolarCity und sein Partner Sunrun hätten verschwiegen, wie viele Kunden die Unternehmen verloren hätten. Die Ermittlungen betrafen allerdings eine Reihe von Solarfirmen, nicht allein Tesla-Töchter. Gleichstand, 2:2.

2018: Millionenstrafe und Amtsentzug

Im Folgejahr bekam Musk eine linke Gerade von der SEC ab: Er musste aufgrund einer Auseinandersetzung mit den Börsenwächtern seinen Posten als Verwaltungsratschef bei Tesla aufgeben. Zusätzlich wurden ihm und dem Unternehmen zwei 20-Millionen-Strafen aufgebrummt sowie Auflagen für Musks Verhalten bei Twitter. Tweets sollten künftig durch Unternehmensjuristen autorisiert werden, sofern sie marktrelevant seien. Das Resultat einer langen Klageauseinandersetzung.

Die SEC hatte Musk verklagt, weil er Anleger in die Irre geführt habe mit der Ankündigung, Tesla werde sich von der Börse zurückziehen. Nach seiner Ankündigung – auf Twitter – stieg die Tesla-Aktie zwischenzeitlich um über zehn Prozent. Aus den angekündigten Plänen wurde letztlich nichts. Musk habe mit dem Tweet aber Anleger zum Aktienkauf verleitet. Somit habe er Investoren betrogen und den Markt manipuliert. Es war die erste SEC-Klage auf der Basis von Tweets.

Die SEC forderte sogar, Musk auf Lebenszeit von Chefposten bei börsennotierten Unternehmen auszuschließen. Der Kompromiss mit der Behörde sah die Strafzahlung vor und einen mindestens drei Jahre langen Rückzug Musks aus dem Tesla-Verwaltungsrat. CEO des Autobauers durfte er aber bleiben. Gekränkt war er dennoch vom Vorgehen der SEC. Im Interview mit dem US-Sender CBS Ende 2018 sagte er: „I do not respect the SEC.“ Und im Oktober 2018 bezeichnete er die SEC in einem Tweet als „Shortseller Enrichment Commission“ (Shortseller-Bereicherungs-Kommission). 3:2 für die SEC.

2019: „Twitterkrieg“ mit der Aufsicht

Eine weitere Einigung vor Gericht gab es 2019. Die SEC und Elon Musk verständigten sich erneut darauf, dass Musk nicht mehr eigenmächtig Informationen verbreiten dürfe, die Teslas Aktienkurs beeinflussen könnten. Seine marktrelevanten Tweets sollten unternehmensintern freigegeben und noch strenger kontrolliert werden.

Der Anstoß für den Rechtsstreit war erneut: ein Tweet von Musk. Diesmal hatte er auf Twitter verbreitet, Tesla werde 2019 etwa 500.000 Autos herstellen – eine Prognose, die seinerzeit bereits stark angezweifelt wurde. Tatsächlich produzierte Tesla in dem Jahr nur rund 365.000 Fahrzeuge.

Insofern sei auch dieser Tweet von Musk irreführend und unwahr gewesen, argumentierte die SEC. Musk wiederum sah sich in seinem Recht auf freie Meinungsäußerung eingeschränkt. 4:2 für die SEC.

2020: Tesla-Aktienkurs laut Musk „zu hoch“

Die SEC warf Musk 2020 erneut vor, gegen die Einigung verstoßen haben, dass seine Tweets kontrolliert und freigegeben werden müssen. Der Tesla-Chef hatte im Mai 2020 auf Twitter geschrieben, der Preis für Tesla-Aktien sei „zu hoch“. Anschließend fiel der Kurs. Laut „Wall Street Journal“ beschwerte sich die SEC daraufhin bei Tesla und mahnte, dass die Vereinbarung eingehalten werden müsse. Tesla antwortete demnach, Musk habe lediglich seine eigene Meinung geäußert. Zwei Monate später tweetete Musk, die SEC sei ein „Drei-Buchstaben-Akronym“, wobei das „E“ in der Mitte für Elon stehe. Seine Follower kamen schnell zu einer Interpretation, die vermutlich genauso beabsichtigt war: „Suck Elon's Cock“. Konsequenzen für Musk gab es keine. 4:3 für die SEC.

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2021: SEC-Abmahnungen gegen Tesla

Dass Tweets von Musk angeblich ungeprüft versendet werden, führte 2021 zu einem weiteren Streit mit der SEC. Die Behörde schickte Tesla eine Vorladung, nachdem Musk auf Twitter seine Follower gefragt hatte, ob er zehn Prozent seiner Tesla-Anteile verkaufen solle. Kritisiert wurde auch ein Tweet über die Solardach-Produktion von Teslas SolarCity. Die SEC-Ermittlungen zum Zehn-Prozent-Tweet laufen noch.

Auf der Basis des juristischen Kompromisses mit der SEC wurde Elon Musk zudem in Delaware von einem Tesla-Aktionär verklagt, der erreichen wollte, dass dem CEO Tweets als geschäftliche Mitteilungen untersagt würden. Musk sieht erneut sein Recht auf freie Meinungsäußerung gefährdet. Kein Punkt, immer noch 4:3 für die SEC.

2022: Neuer Streit

Die aktuelle Twitter-Posse ist für die SEC in diesem Jahr nicht die einzige relevante „Causa Musk“. Dessen Anwälte versuchen derzeit in New York City, vor Gericht die ursprüngliche Einigung von 2018 annullieren zu lassen, wonach Musks Tweets vor Veröffentlichung von Unternehmensanwälten freigegeben werden müssen. Der Tesla-Chef sagt, er sei zu dieser Einigung gezwungen worden.

Indes berichteten Medien im Februar, dass die SEC außerdem Musks private Kommunikation untersucht. Die Behörde hält die Entwicklung eines Tesla-Aktienpakets von Musks Bruder Kimbal Musk für auffällig. In diesem Zusammenhang geht es auch um einen Tweet und den darauffolgenden Kursverlauf. Die SEC hat demnach gegen die Musk-Brüder eine Untersuchung wegen Insiderhandels begonnen. 

Bald könnte es also 5:3 für die SEC stehen. Durch eine Übernahme von Twitter könnte Musk den Kampf allerdings auf ein ganz neues Level heben – schließlich würde ihm dann der Kampfplatz gehören.

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