Wow-Air-Betriebsstopp Pleitewelle: Warum es jetzt so viele Fluglinien erwischt

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„Systempartner“, Konsolidierung und Marktmacht

4. Probleme der „Systempartner“

Fehlendes Personal war lange Jahre kein Problem für die Fluglinien. Doch im vorigen Jahr traf der Mangel an Fachkräften die Airlines gleich an drei Stellen. Zum einen spürten die Airlines, dass sie sich selbst mehr als früher um ihr eigenes Personal bemühen müssen. Nachdem sie jahrelang ihre Personalkosten durch niedrigere Gehälter senken konnten, wehrten sich nun die Mitarbeiter immer öfter. Das führte zu mehr Streiks sowohl bei etablierten Linien wie auch bei Billigfliegern. Das sorgte für höhere Personalkosten und auch für höhere Löhne bei kleineren Gesellschaften.

Dazu traf die Fluglinien auch der Personalmangel bei zwei wichtigen, meist staatlichen Geschäftspartnern. Weil etwa die für die Sicherheitskontrollen an den deutschen Flughäfen zuständige Bundespolizei das Wachstum unterschätzt hatte, fehlten nun Leute an den Prüfstellen. Zudem akzeptierten die Behörden im Ausland erprobte schnellere Kontrollstellen nur zögerlich. Also gab es lange Wartezeiten und viele Passagiere verpassten ihre Maschinen. Das bescherte den Airlines Umsatzausfälle, auch weil viele Kunden ihre Reisepläne verschoben.

Noch stärker traf die Fluglinien der Mangel an Fluglotsen. Vor allem die Deutsche Flugsicherung (DFS) hatte zu wenig Leute eingestellt. Dazu streikten noch besonders in Frankreich viele der Luftraumüberwacher. Also starteten gut 100.000 Flüge stark verspätet oder auch gar nicht. Das sorgte nicht nur für geringere Einnahmen bei den Fluglinien. Es trieb auch die Kosten. Denn die Airlines mussten für die Probleme ihrer „Systempartner“ haften und auch hier gestrandeten Kunden Hotelübernachtungen und Verspätungsentschädigungen zahlen.

5. Konsolidierung und Marktmacht

Dass unter dem Druck vor allem kleinere und neue Fluglinien nicht mehr weiterkonnten, ist eine direkte Folge der vielen Übernahmen und Zusammenschlüsse der vergangenen Jahre. Zum einen verfügen die großen Linien in der Regel über dickere finanzielle Polster. Lufthansa oder der British-Airways-Mutterkonzern IAG haben zudem auch viele profitable Langstreckenflüge, auf denen sie viel Geld verdienen. Damit können sie sich Schwächephasen oder Preiskämpfe eher leisten als kleinere Linien, die vor allem im extrem umkämpften Ferienverkehr unterwegs sind oder auf preisbewusste Freizeitreisende zielen. Dazu können die Marktführer dank ihrer starken Marke, ihren Partnerallianzen wie der Star Alliance um Lufthansa und der vielen Umsteiger in ihren Drehkreuzen auch Flüge auf Nebenstrecken ohne großen Wettbewerb profitabel füllen, wo kleine Linien halb leer unterwegs wären.

Darum rechnen viele Experten auch nicht damit, dass die Pleitewelle bald vorbei ist. „Auch wenn Streiks und Engpässe bei den Sicherheitskontrollen in diesem Jahr weniger werden, der Druck zur Konsolidierung wird noch ein paar Jahre so weiter gehen“, so Ryanair-Vorstand Kenny Jacobs. Damit, so der Manager, werden weiterhin die großen Linien auf Kosten der kleinen wachsen.

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