RBB-Affäre Jede Anstalt muss auf den Prüfstand!

Tatort Berlin: Die Generalstaatsanwaltschaft Berlin ermittelt gegen Schlesinger wegen des Verdachts der Untreue. Quelle: dpa

Die Affäre um Ex-RBB-Intendantin Schlesinger nährt Zweifel am öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Für jede ARD-Anstalt muss gelten: Transparenz oder Gebührenentzug. Ein Kommentar.

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Patricia Schlesinger hat es geschafft. Die ehemalige Intendantin des RBB hat allen Weidels, Höckes und Maaßens dieser Welt ihre zuckersüßesten Träume erfüllt. Alle Gegner des öffentlich-rechtlichen Rundfunks (ÖRR) können über Schlesingers Gier, mutmaßliche Vetternwirtschaft und Prassereien auf Kosten des Gebührenzahlers frohlocken.

Zu Recht. Schlesingers Exzesse wucherten offenbar seit Jahren in der Berliner Rundfunkanstalt. Ob hofiert, toleriert oder nur unentdeckt, spielt dabei keine Rolle. Für ein Unternehmen, das mit öffentlichem Geld hantiert, müssen strengste Anforderungen an Compliance und Transparenz gelten. Beim RBB geschah aber lange nichts. Vielmehr kungelte die Intendantin mit dem eigenen Chefaufseher aus dem Verwaltungsrat des Senders. Ein System, das solche Missstände nicht selbstständig abstellen kann, hat seine Daseinsberechtigung verwirkt.

Es ist daher überlebenswichtig, dass der RBB sämtliche Vorwürfe mit Transparenz und Selbstreflexion aufarbeitet. Erste Versuche lassen Hoffnung aufkeimen. Es muss aber noch mehr kommen. Alle finsteren Ecken müssen durchleuchtet, jede Abrechnung gesondert geprüft werden. Und: Vor allem muss man alles veröffentlichen, mag es noch so schmerzhaft sein. Darauf haben die Gebührenzahler ein Anrecht.

Die Katharsis beim RBB beginnt. Andere Anstalten innerhalb der ARD täten gut daran, diesem Vorgehen nachzueifern. Schließlich haftet Schlesingers Ruch bereits an anderen Anstalten. Beim NDR prüft man zurzeit weitere mutmaßlich krumme Geschäfte bei Auftragsvergaben an Schlesingers Gatten. Das reicht nicht! Auch hier muss die Maxime gelten: Alles muss mit (notfalls schmerzhafter) Transparenz geschehen.

Auch die Compliance-Regeln müssen verschärft werden. In Zukunft dürfen Verantwortliche nicht einmal das Anzeichen eines Interessenkonfliktes dulden. Was für Vorstände von Dax-Konzernen gilt, muss für Führungspersonal des öffentlich-rechtlichen Rundfunks mindestens genau so gelten. Auch politische Nähe zur Macht, wie sie der ehemalige Regierungssprecher und anschließende BR-Intendant Ulrich Wilhelm pflegte, darf es nicht mehr geben. Ein Kulturwandel muss her.

Ansonsten bleibt dem ÖRR nur eine Konsequenz: der Tod durch Gebührenentzug. Das aktuelle Siechtum kostet zu viel Geld und vor allem Vertrauen in die Demokratie.

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