Adidas 2018 Ein Rekordjahr mit Schönheitsfehlern

Adidas-Umsatz sinkt in Europa Quelle: dpa

Eigentlich wächst Europas größter Sportkonzern. Doch ausgerechnet auf seinem Heim-Kontinent sinkt der Umsatz von Adidas. Woran das liegt.

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Sprossenleitern zieren die Wände, Poster zeigen Fußballer und eine Athletin beim Training, selbst die Holzstühle tragen Startnummern auf der Rückenlehne - Adidas tut alles, um bei der Vorstellung seiner Bilanz für 2018 einen Punkt besonders nachdrücklich zu betonen: Ja, dies ist ein Sportkonzern.
Eigentlich dürfte das klar sein. Und eigentlich können sie durchaus mit sich zufrieden sein in Herzogenaurach.

Denn Adidas-Chef Kaspar Rorsted in schwarzer Trainingsjacke, hellblauen Jeans und „Nite Jogger“-Sneakern hat Rekordzahlen zu verkünden. Einen Umsatz von fast 22 Milliarden Euro, beachtliches Wachstum in den USA, China und beim E-Commerce, Segmente, in denen der Konzern in den vergangenen zwei bis vier Jahren verdoppeln könnte. Dazu ist die Zweitmarke Reebok wieder profitabel, und das früher als ursprünglich geplant. Alles fein in Franken also?

Nicht ganz - ausgerechnet in Europa, seinem Heimatmarkt, zeigt der Konzern Schwächen. Hier sank der Umsatz währungsbereinigt im Schlussquartal um sechs Prozent, das dritte Quartal in Folge ein Rückgang.

Adidas hatte bereits im November die Prognose für das Gesamtjahr eben wegen der schwachen Umsatzentwicklung in Westeuropa gesenkt.

Der Grund für den Schwund: Adidas habe in Europa zu lange auf Lifestyle-Schuhe als Wachstumstreiber gesetzt, räumte Rorsted nun ein. Die Warnsignale sind klar sichtbar: Während Rorsted nicht müde wird zu betonen, dass Adidas (siehe Sprossenwand, siehe Startnummern) ein Sportkonzern und keine Modefirma sei, ist im Heimatmarkt offenbar die prekäre Balance zwischen den beiden Welten, die die Marke bedient, gestört.

Konzernweit gilt die Maßgabe, dass zwei Drittel des Umsatzes aus dem Verkauf von Sportartikeln stammen und Adidas ein Drittel der Erlöse mit all den Superstars und Stan Smiths aus dem Lifestyle-Segment erzielt. Tatsächlich jedoch liegt laut Rorsted das Verhältnis in Europa bei 50 zu 50. Das ist riskant, denn ohne einen wiederkennbaren und authentischen Kern droht jede Marke, zum Spielball der wechselnden Modewellen zu werden. Der Herzogenauracher Nachbar Puma bekam das vor einigen Jahren schmerzhaft zu spüren. Erst unter Björn Gulden kehrte die Marke nach diversen Ausflügen in die Fashionwelt auch wieder ernsthaft und glaubwürdig zurück in die Sportgeschäfte; dazu passt, dass Gulden erst vor wenigen Tagen einen Coup verkündete: Puma wird Ausrüster der Fußballfirma City Football Group mit ihrem Flaggschiff Manchester City.

So dramatisch wie früher bei Puma ist es bei Adidas nicht. Doch es gilt, dem Trend entgegenzuwirken. Darum hat Rorsted im vergangenen Sommer bereits reagiert und den früheren Chef der Lifestyle-Sparte, Arthur Hoeld, zum Europa-Verantwortlichen bestellt. Der muss nun liefern. Ob es da so hilfreich ist, sich etwa in der Fußball-Bundesliga nur noch auf den FC Bayern zu konzentrieren und die Verträge mit teils langjährigen Partnern wie dem FC Schalke nicht zu verlängern, wird sich zeigen. Denn just diese Klientel braucht Adidas nun, um den Umsatz in Sport und Lifestyle in Europa wieder ins gewünschte Verhältnis zu bringen.

Dass daher nun zugleich das Geschäft mit den Lifestyle-Modellen Superstar und Stan Smith nun spürbar seinen Zenith überschritten hat, weil längst zwischen Kapstadt und Oslo gefühlt jeder zweite Jugendliche in den weißen Sneakern herumläuft, schmälert zwar den Umsatz. Rorsted sprach bei der Vorstellung der Zahlen von Erlösen in Höhe von einer halben Milliarde Euro, die Adidas 2018 im Geschäft mit den sogenannten Franchises Superstar und Stan Smith weniger erzielt hatte als noch im Vorjahr. Doch das war einerseits erwartbar, weil schlicht ab einem bestimmten Punkt die Fans ausreichend mit dem Treter versorgt waren und nach neuem suchten. Und hilft womöglich nun in Europa dabei, Sport und Mode wieder ins gewünschte Verhältnis zu bringen.

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