Adidas' Trennung von Kanye West „Leute kamen aus den Emiraten zu uns in den Laden, nur für Yeezys“

2018 und 2019 waren die Yeezy-Schuhe in Kooperation mit Adidas ein Bestseller. Quelle: imago images

Die Trennung vom Skandalrapper Ye kostet Adidas Millionen und Begehrlichkeit. Was kommt bei Adidas nach Yeezy? Und wie verkaufen sich die Yeezy-Schuhe jetzt noch? Fragen an Fabian Arnold, Gründer des Portals Hypeneedz.

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Adidas' Trennung von Kanye West, auch Ye genannt, belastet den Sportartikelhersteller. Allein im vergangenen Jahr verlor Adidas 600 Millionen Euro Umsatz durch die Yeezy-Kooperation und geht davon aus, dass sie auch 2023 den Konzern belasten wird. Fabian Arnold kennt die Marke gut: Der 24-Jährige hat 2017 in München zusammen mit zwei Kollegen die Webseite Hypeneedz.com gegründet, eine Verkaufsplattform, spezialisiert auf limitierte Sneaker und Streetwear. Mittlerweile zählen drei stationäre Geschäfte zur Firma (München, Köln und Wien). Hypeneedzs beschäftigt heute 30 Mitarbeiter und erwirtschaftete 2022 einen mittleren siebenstelligen Umsatz.

WirtschaftsWoche: Herr Arnold, Sie haben als Chef der Sneaker- und Mode-Plattform Hypeneedz einen guten Überblick: Wie gehypt sind denn Adidas und Puma?
Fabian Arnold: Puma gar nicht. Die haben zwar durch einige Kollaborationen versucht, Hype aufzubauen, haben es aber leider nicht geschafft, zumindest nicht bei uns. Adidas hat durch seine „Yeezy Boost“ eine gehypte Produktreihe geschaffen, die sich auch gut verkauft. Das ist aber mit der Zeit etwas abgeflacht. Währenddessen hat Nike mehrere erfolgreiche Kollaborationen rausgebracht und Adidas klar überholt. Nike ist viel konstanter. Deren Produktpalette ist deutlich breiter und besser.

Wann war der Yeezy-Hype auf dem Höhepunkt?
2018 und 2019 war der Höhepunkt erreicht, da waren die Schuhe wirklich Bestseller. Es kamen Leute extra aus den Emiraten zu uns in den Laden in München, nur für Yeezys. Teilweise haben sie für die ganze Familie gekauft, direkt 25 Paar auf einmal. Bei uns sind die viel günstiger als in Dubai.

Adidas kommt nicht vom Fleck. Der Sportartikelhersteller wird nicht nur von den weltwirtschaftlichen und weltpolitischen Problemen ausgebremst. Was Aktionäre nun erwartet.

Yeezy sind limitierte Editionen. Wie oft kommt so eine Edition raus?
Von Adidas Yeezy gab es anfangs nur zwei oder drei pro Jahr. Zuletzt waren es mehr, ich schätze etwa fünf Drops pro Jahr.

Drops?
So nennt man ein Release-Datum, an dem ein Schuh erscheint und in den Verkauf geht. Bei uns aber gibt es keine Drops, wir sind ja kein offizieller Adidas-Retailer, sondern Reseller. Nur einige ausgewählte Retailer bekommen von Adidas eine limitierte Anzahl der Schuhe.

Wie und von wem bekommen Sie dann diese Schuhe?
Wir bekommen sie über Zwischenhändler und über sogenannte Runner. Das sind Leute, die bei einem Release entweder selbst möglichst viele Schuhe kaufen oder aber den Käufern, die aus einem Retailer-Laden kommen, ihre gerade gekauften Yeezys direkt wieder abkaufen, zu einem höheren Preis. Wir wiederum warten dann ein bisschen, bis sich der Markt erholt, bevor wir die Schuhe den Runnern abkaufen. Wenn die Nachfrage aber sehr hoch ist, schauen wir, dass wir die Paare am gleichen Tag oder schon vor dem offiziellen Release haben.

Und das lohnt sich?
Absolut. Ein Beispiel: Der Schuh kommt für 200 Euro in den Laden, der Runner kauft ihn von einem Käufer ab für, sagen wir, 250 Euro. Und wir kaufen ihn dann für 300 Euro an und verkaufen ihn für 350 Euro.

Fabian Arnold Quelle: privat

Wieso werden Sie nicht auch offizieller Retailer?
Nike und Adidas haben da sehr strenge Regeln. Wenn ein Shop etwa offiziell Yeezy-Modelle verkaufen will, muss er von Adidas daneben noch viele weitere Produkte abnehmen, für einen Mindestbestellwert. Das wird vorgeschrieben. Das ist für uns nicht attraktiv. Wir betreiben so zwar mehr Aufwand, dafür haben wir aber auch nur die Artikel, die wir explizit haben wollen. Und es funktioniert: Unsere Waren haben durchschnittlich eine monatliche Lagerdauer von allerhöchstens ein bis zwei Monate.

Zurück zum Yeezy-Hype. Was ist nach dem Höhepunkt 2019 passiert?
In der Zwischenzeit hatte Nike mehrere Erfolge mit limitierten Schuhen, etwa mit der Nike x Off White Zusammenarbeit oder den Nike Dunks und Air Jordan 4 Modellen. Adidas hat nur Yeezy und hat sich wohl auf dem Erfolg ein bisschen ausgeruht.



Nun ist auch das vorbei: Ende Oktober hat sich Adidas von Ye (aka Kanye West) getrennt und die Marke „Adidas Yeezy“ eingestellt. Welchen Einfluss hatte das auf die Nachfrage und Preise von Yeezy?
Kurz nach der Trennung sind die Nachfrage und die Preise für Yeezys kurz gestiegen, weil jeder wusste, es wird nun keine neuen mehr geben. Mittlerweile haben die Preise sich in dieser Größenordnung eingependelt. Sie liegen höher als vor der Trennung, steigen aktuell aber nicht mehr so extrem.

Adidas hat sich wegen Antisemitismus von Ye getrennt. Der Konzern nannte die Äußerungen und Handlungen des Rappers „inakzeptabel, hasserfüllt und gefährlich“. Hat das keinen Einfluss auf die Begehrlichkeit der Yeezy-Produkte?
Wir hatten am Anfang eine gewisse Sorge, die Schuhe weiterhin anzubieten. Denn Adidas hatte ja gute Gründe für die Trennung. Aber der klassische Sneaker-Kunde kauft die Schuhe nicht wegen Kanye West, sondern weil sie gehypt sind. Und ich vermute, er entscheidet sich auch nicht dagegen wegen Kanye Wests politischem Fehlverhalten. Viele Kunden haben das wahrscheinlich einfach gar nicht richtig mitbekommen.

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von Stephan Knieps

Erstaunlich.
Auch die Manager hinter so großen Firmen spielen bei uns und unseren Kunden gar keine Rolle. Es geht rein um den Hype.

Aber die Führungsriege der Sportartikelkonzerne hat ja einen Einfluss auf mögliche Kollaborationen mit anderen Marken oder Berühmtheiten, die diese Hypes erzeugen können. Dass also der langjährige Puma-Chef Björn Gulden nun Adidas leitet, hat gar keinen Einfluss auf Ihr Geschäft oder Ihre Kunden?
Nein. Vor zwei oder drei Jahren habe ich in unserem Laden in München einmal mit einem jungen Kunden gequatscht, der ganz gut informiert und auch interessiert war. Am Ende rückte er damit raus, dass sein Vater eine hohe Position bei Adidas hat.

Björn Gulden könnte bei Ihnen unbemerkt einkaufen gehen, oder?
Genau. Selbst wenn er persönlich bei uns in den Laden käme: Den würde niemand erkennen.

Im Gegensatz zu Ye beziehungsweise Kanye West.
Absolut.

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Funktioniert Yeezy denn ohne Ye?
Adidas verkauft ja inzwischen Schuhe, die fast genauso aussehen wie Yeezy – nur ohne den Yeezy-Schriftzug. Aber die Nachfrage danach ist längst nicht so hoch. Wir bieten diese Schuhe deshalb gar nicht erst an.

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