Beate Uhse, Eis.de, Amorelie Die Renaissance des Erotikhandels

Nach Jahren der Depression macht Beate Uhse wieder Gewinne. Als die Internetpornografie den Erotik-Händler seiner Kundschaft beraubte, entdeckte dieser die Frau – auch dank der Online-Konkurrenz. Ein Branchenüberblick.

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Die moderne Beate-Uhse-Filiale ist hell und soll vor allem eines – Frauen ansprechen. Quelle: dpa Picture-Alliance

Helle Wände, große Fenster und viel Licht, das Kleiderständer mit den neuesten Dessous ausleuchtet. Daneben: Vibratoren, die Miniaturen von Raumschiffen aus Sci-Fi-Filmen ähneln – nur eben pink und mit medizinischem Silikon überzogen. So sieht das Innere eines Erotikshops von heute aus. Er will weg vom Schmuddel-Image und steht nicht mehr in Bahnhofsnähe, sondern auf der Einkaufsmeile – dort, wo Frauen gerne bummeln.

Die Beate-Uhse-Filiale in der Düsseldorfer Innenstadt ist gerade auf dem Weg zur neuen Optik. „Noch ist die Filiale nicht komplett umgebaut“, sagt Gabriele. Die 48-Jährige ist Filialleiterin, sie arbeitet seit 22 Jahren in dem Düsseldorfer Laden.

Bis Ende des Jahres soll vollbracht sein, was 2013 begann: Die verbleibenden Sexshops sollen das neue Selbstverständnis der Branche repräsentieren – offen, lifestylig und vor allem weiblich. Das spiegelt sich im Logo wieder. Der Namenszug der Firmengründerin ist mittlerweile in femininer Schnörkelschrift gehalten, ein Herz prangt zwischen Vor- und Nachnamen.

Beate Uhse im Überblick

Die Neuausrichtung war notwendig. Beate Uhse steht stellvertretend für eine ganze Branche, die durch das Internet völlig umgekrempelt wurde. Zuerst verlor sie ihre Geschäftsgrundlage, erschloss dann über den E-Commerce eine völlig neue Zielgruppe, die die Branche gerade aus einer langen Depression holt.

Wie die Geschäftsgrundlage entfiel

Das Videomaterial, mit dem Männer den Sexshops noch vor zehn Jahren einen Großteil des Umsatzes bescherten, beziehen sie heute kostenlos im Netz. Jakob Pastötter, der Präsident der Deutschen Gesellschaft für Sozialwissenschaftliche Sexualforschung, spricht in diesem Zusammenhang von der „Onanisierung der Sexualität“. Parallel zum Wegfall des Mannes als Kunden rückte das einstige Tabu-Thema Masturbation stärker in den Fokus vor allem junger Frauen und Pärchen. „Die Sextoy-Industrie ist aus der Schmuddelecke heraus gekommen“, sagt er. Und das nicht erst gestern.

Bereits in den Neunzigern habe es die ersten femininen Sexshops gegeben, die sich von den männlichen, in denen es vor allem um Pornographie ging, abhoben. „Die Frauen wollten es sauber und gepflegt und waren weniger an Videomaterial interessiert“, erläutert Pastötter. Damals zog es primär Feministinnen in die Shops. „Die Cosmopolitan liberalisierte Sex seit den Achtzigern in Amerika“, sagt Pastötter. „In Deutschland übernahm die Bravo eine ähnliche Rolle.“ Die US-Serie „Sex and the City“ Anfang der 2000er habe das Thema an die gesellschaftliche Mitte und die Frau herangetragen.

Werbung im Nachmittagsprogramm

Der dunkle Teppich in der Beate-Uhse-Filiale und der abgedunkelte Verkaufsraum sind die letzten Erinnerungen an Zeiten, als der Kunde noch, den Mantelkragen hochgezogen, an schweren Vorhängen vorbei in den Laden huschte und ihn mit einer schwarzen Tüte mit ein paar Videos wieder verließ.

Das geben die Erotikhändler für TV-Werbung aus

Damals waren 80 Prozent der Kunden männlich und der Verkaufsschlager Hardcore-Filme – heute sind es vor allem Frauen und Paare, die angesprochen werden; sie machen beinahe 80 Prozent der Kundschaft aus. Und die meistverkauften Artikel sind Dessous und Sexspielzeug.

Dass Erotikhändler wie Beate Uhse oder deren Online-Konkurrenz Eis.de und Amorelie.de in den nachmittäglichen und frühabendlichen Werbeblocks der ProSiebenSat1.-Gruppe werben, zeigt: Das Thema ist endgültig in der Mitte der Gesellschaft angekommen.

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