Das Jahr des Online-Giganten Warum wir bald alle Kunden von Amazon sind

Von Alexa über Dash bis Amazon Web Services - der Internetriese streckt seine Fühler in fast alle Bereiche unseres Alltags. Warum es kaum noch möglich ist, nicht Kunde bei Amazon zu sein.

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Amazon jongliert mit der Zukunft des Einkaufens. Quelle: Marcel Stahn

Seit dem Jahr 1977 als die Deutsche Gesellschaft für Sprache begann, die beliebtesten Vornamen in Deutschland für Neugeborene aufzulisten, landete dieser nie unter den ersten zehn: Alexa. Dennoch dürfte die weibliche Form von Alexander 2017 zu einem der am häufigsten gerufenen Vornamen in deutschen Haushalten werden.

Denn Alexa hört auf seinen Besitzer. Alexa, das ist zunächst mal die Software, mit der amerikanische Konzern Amazon seine Fühler weiter ausstreckt nach seinen Kunden und den Eintritt in die eigenen vier Wände schafft. Auf den Namen Echo hört Amazons Gerät, das wie eine Küchenrolle aussieht und an einen Luftbefeuchter erinnert. In Deutschland ist es derzeit nur für wenige Menschen erhältlich – „auf Einladung“, wie die Webseite anbietet. In den USA ist das Ohr des Handelsgiganten an den Wünschen des Kunden jedoch bereits erhältlich. Und es gibt keinen Grund anzunehmen, das von Jeff Bezos gegründete Unternehmen würde in seinem zweitwichtigsten Markt zögern.

Was für viele Menschen wie ein mehr oder minder überflüssiges Gadget aussieht, ist nichts weiter als ein weiterer Baustein in Amazons Gebilde, das uns Kunden unsichtbar umgibt und im Alltag zunehmend begleitet. „Es verändert radikal die Art, wie wir einkaufen“, sagt Handelsexperte Gerrit Heinemann, Leiter des eWeb Research Center an der Hochschule Niederrhein. Wir werden, ob wir wollen oder nicht, am Ende des Jahres fast alle Kunden bei Amazon sein.

Die jüngste erfasste Zielgruppe, braucht das 1994 in Seattle gegründete Unternehmen schon kaum noch zu überzeugen. In einer Umfrage gaben 75 Prozent der Deutschen zwischen 16 und 29 Jahren an, bei Amazon etwas gekauft zu haben – das kann reichen von Nintendos DS-Spielen bis zu Kokosmilch. Keinen der Dienste aus dem Reiche Amazon von Prime Now bis Marketplace nutzten in dieser Gruppe lediglich noch 12 Prozent.

Mit Alexa, das wie die Spracherkennungen von Apples Siri oder Microsofts Cortana aufhorcht, lassen sich per Stimme die Musik im Haushalt steuern, Hörbücher vorlesen. Die Software beantwortet Fragen nach Verkehr oder Wetter und informiert über Spielpläne und lernt immer weiter dazu, denn alles, was Echo – einmal angesprochen – hört, wird mit Amazons Sprachserver verbunden. In wenigen Wochen auch aus den ersten Modellen von Ford, die Alexa im Bordsystem nutzen werden, und es dem Fahrer erlauben, beispielsweise den Motor per Sprachbefehl zu starten und die Türen zu schließen.

Nicht jedes Umsatzdollar muss Amazon selber machen, um mehr Kunden zu gewinnen. Das dazugehörige Gerät, um mit der Software zu leben ist zwar ist nötig - dass es von Amazon selbst stammt, ist für den mit derzeit 342 Milliarden Euro bewerteten Börsenriesen nachrangig. Die Technologie-Webseite „The Verge“ listet zehn Produkte auf, die auf der Technik-Messe CES in Las Vegas vorgestellt wurden, in denen Alexa zuhört, was die Kunden wünschen. Fernseher von verschiedenen Anbietern, clevere Babyphone oder Kühlschränke gehören dazu.

Die umsatzstärksten Onlinehändler

Der chinesische Konzern Lenovo hatte bereits diese Woche ein eigenes Gerät vorgestellt, das wie Amazons Echo auf Basis von Alexa funktioniert, aber allein dank der Kooperation mit dem Hifi-Spezialisten Harman-Kardon, besser klingen soll.

Die Mitbewerber spielen Amazons Spiel mit. Bezos öffnet die Software für Drittanbieter und sichert damit den Zugang zu Haushalten, die aus verschiedenen Gründen bislang nicht bei Amazon Kunde waren. Gerrit Heinemann hält die Phase für überwunden, in der eine signifikante Zahl an Menschen aus Prinzip ablehnten, bei dem Unternehmen mit seinen 230.000 Beschäftigten und 45.000 betriebenen Robotern zu bestellen. „Wir sehen bei Umfragen, dass die Kritiker ihre Haltung nicht mehr durchhalten, ganz oft, weil der stationäre Handel nicht mithalten kann“, sagt Heinemann.

Die Handreichung an die vermeintlichen Mitbewerber funktioniert bereits im klassischen Versandhandel gut. Über den sogenannten Marketplace bindet Amazon eine Vielzahl von Einzelhändlern an sich, die dort im Preiskampf ihr Glück suchen. Auf rund 40 Prozent der Umsätze auf der Webseite von Amazon, beziffert Heinemann den Anteil des Geschäfts der Händler, die ihre Kunden via Marketplace erreichen.

Mehr als 50 Prozent wiederum davon kämen aus dem Ausland, die so beispielsweise überhaupt über die Wahrnehmungsschwelle des deutschen Konsumenten am Laptop oder am Smartphone hüpfen. In Amazons Heimatmarkt sind bereits 25 Prozent der Umsätze mit Warenverkehr zwischen Kunden in den USA und Händlern in China. Tendenz steigend.

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