




Wie schnell sich die Zeiten ändern. Noch vor wenigen Wochen war Volkswagen unumstrittenes Aushängeschild für made in Germany. Dann kam der Abgasskandal – und änderte alles. Die Besetzung der VW-Chefetage, aber auch das Image des Konzerns. Derzeit kommt das Unternehmen aus den Schlagzeilen nicht mehr raus. Und verspielt dabei vor allem eins: Vertrauen.
Es ist ein Gut, das sich nicht mit Geld kaufen lässt, aber Geld kostet, wenn man es nicht hat; das mühsam aufgebaut und täglich erneuert werden muss, schlimmstenfalls aber innerhalb weniger Wochen wieder verschwunden ist. Erst recht, wenn Täuschungsmanöver Fehler vertuschen sollen oder die Wahrheit im Krisenfall scheibchenweise ans Licht kommt.
Gerade die Salamitaktik erweist sich häufig als Fehler. Wer Vertrauen zurückgewinnen will, sollte sofort alles zugeben. Immer noch besser, als später ein weiteres Geständnis nachzuschieben, bei dem sich jeder fragt: Und was kommt als Nächstes?
Gerade den Unternehmen schenken die Deutschen ohnehin wenig Vertrauen. Zu diesem Ergebnis kam gerade erst eine Untersuchung der Schweizer Hochschule St. Gallen. Für den Gemeinwohlatlas (s.o.) befragte das Meinungsforschungsinstitut Forsa 7800 Erwachsene, inwieweit Unternehmen und Institutionen zur Lebensqualität beitragen und sich fair, moralisch und anständig verhalten. Auf den ersten Plätzen landeten keine gewinnorientierten Konzerne, sondern gemeinnützige Organisationen: die Feuerwehr, das Technische Hilfswerk und die Opferschutzorganisation Weißer Ring.
Welchen Branchen wir am meisten trauen | |
Branche | Branchendurchschnitt (in Prozent) |
Elektronikmärkte | 77 |
Baumärkte | 76 |
Uhrenhersteller | 75 |
Kaffeevollautomatenhersteller | 74 |
Fluggesellschaften | 73 |
Unterhaltungselektronik | 73 |
Kreditkartengesellschaften | 72 |
Haushaltsgeräte | 72 |
Kamerahersteller | 71 |
Hygiene- u. Kosmetikprodukte | 71 |
Haushaltselektronik | 69 |
Schreibgeräte | 69 |
Paketdienste | 69 |
Kfz-Prüfstellen | 69 |
Hotels - Mittelklasse | 68 |
Hotels - Premium | 68 |
Luxusmarken | 68 |
Software | 66 |
Babynahrung | 65 |
Zahlungsabwickler - online | 64 |
Quelle: ServiceValue/WirtschaftsWoche 2015 |
Fehlendes Vertrauen kann Unternehmen zum Verhängnis werden. Wer einer Fluggesellschaft misstraut, wird deren Flüge meiden. Autos, die nicht halten, was sie versprechen, verkaufen sich nicht. Deshalb sind die Folgen für VW so verheerend, dass selbst der ansonsten stets redselige Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer, Professor an der Uni Duisburg-Essen, „sprachlos und ratlos“ ist. „Das Vertrauen der Öffentlichkeit in VW ist im Keller“, sagt Uwe Kohrs, Präsident des PR-Agenturen-Verbands GPRA.
Das zeigt auch der neue WirtschaftsWoche-Vertrauensindex. Dafür befragte das Analyse- und Beratungsunternehmen ServiceValue aus Köln zusammen mit Rolf van Dick, Professor am Institut für Psychologie der Universität Frankfurt, insgesamt mehr als 278.000 Kunden – und zwar nur solche, die auch die jeweiligen Produkte kaufen.
Was Werber Marc Sasserath Unternehmen rät, um glaubwürdig zu bleiben
Ihre Mitarbeiter sind das Aushängeschild Ihrer Marke, nach innen wie nach außen. Nur wenn sie vom Unternehmen, für das sie arbeiten, überzeugt sind, können sie auch Ihre Kunden für Ihre Produkte begeistern. Umgekehrt gilt: Unzufriedenes Personal zerstört das Vertrauen in Ihre Marke sehr schnell.
Ein Kunde beschwert sich? Kein Problem, sondern eine Chance: Seien Sie großzügig, beweisen Sie Kulanz, bleiben Sie stets freundlich, kommunizieren Sie transparent – Ihr positives Verhalten wird sich wie ein Lauffeuer zu Ihren Gunsten verbreiten.
Die Qualität Ihrer Kommunikation und Ihrer Produkte muss Hand in Hand gehen. Geben Sie ruhig Garantien ab – aber versprechen Sie Ihren Kunden nur, was Sie auch halten können und wollen.
Insgesamt bewertete das Panel 973 Unternehmen aus 62 Branchen. Aus den Angaben ermittelte ServiceValue für jede Branche einen Durchschnittswert: Wie hoch war das Kundenvertrauen im Schnitt in den einzelnen Branchen von A wie Apotheken bis Z wie Zahlungsabwickler? Und wie gut stand das jeweilige Unternehmen innerhalb seiner Sparte da (siehe Tabellen).
Wenig überraschend: VW wurde von seinen Kunden vom Siegerpodest gestoßen. Bis August war der Konzern in der Umfrage noch der Autohersteller mit dem höchsten Kundenvertrauen. Den ersten Platz unter den Autobauern belegt nun Audi – wie schon vor einem Jahr. Fast ist man geneigt hinzuzufügen: noch. Denn derzeit weiß niemand, welche Enthüllungen das Reich von VW noch erschüttern.