Bayer und der Glyphosat-Vergleich Ende mit Schrecken statt Schrecken ohne Ende?

Quelle: dpa

Ein Bericht sorgt für Wirbel: Bayer wolle mit einem milliardenschweren Vergleich den juristischen Streit um den Unkrautvernichter Glyphosat beenden, heißt es. Eine solche Einigung wäre nicht nur für den Konzern wichtig.

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Die 63 Milliarden Dollar teure Übernahme des US-Konzerns Monsanto wird für Bayer wohl noch kostspieliger. Angeblich will der Konzern acht Milliarden Dollar für einen Vergleich zahlen und so mit einem Schlag mehr als 18.000 Klagen von Krebspatienten und Angehörigen gegen seinen Unkrautvernichter Roundup (Wirkstoff: Glyphosat) beilegen. Dies berichtet die Nachrichtenagentur Bloomberg.

Fix ist das freilich nicht. Kenneth Feinberg, der oberste Vermittler im Glyphosat-Streit in den USA, dementierte am Nachmittag den Bericht gar. Eine solche Erklärung sei „reine Fiktion“, Kompensationen „in den bisherigen globalen Mediationsgesprächen noch nicht einmal angesprochen worden.“ Ein Bayer-Sprecher lehnte eine Stellungnahme zu den angeblichen Vergleichsgesprächen derweil komplett ab. 

Trotz der unklaren Lage und der Aussicht auf weitere finanzielle Belastungen zog die Bayer-Aktie am Freitag um zeitweise bis zu sieben Prozent an. 

Die Aktionäre berauschen sich an der Aussicht, die Prozessrisiken mit einem Schlag los zu sein: Lieber ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende, lautet das Motto. Eine Vergleichssumme von acht Milliarden Dollar gilt unter Analysten als für Bayer noch finanziell verkraftbar.

Drei Prozesse hat Bayer inzwischen erstinstanzlich verloren – und jedes Mal litt die Aktie. Bayer erklärte stets, sich entschieden zur Wehr zu setzen und dass es, wie etliche Studien belegt hätten, keinen Zusammenhang zwischen Krebs und Glyphosat gäbe. Doch es half alles nichts. Seit der ersten Niederlage im August hat die Bayer-Aktie rund ein Drittel ihres Wertes verloren.

Die Aktionäre waren darüber so aufgebracht, dass sie Bayer-Chef Werner Baumann auf der Hauptversammlung die Entlastung verweigerten – als erstem amtierenden Dax-Chef.

Und noch stehen mehr als 18.000 weitere Klagen an. Das hätte noch Jahre oder Jahrzehnte so weitergehen können. Hinter den Kulissen drang der Hedgefonds Elliott, der mit rund zwei Prozent an Bayer beteiligt ist, auf einen Vergleich. Und auch Bayer-Chef Werner Baumann zeigte sich kürzlich für einen Vergleich offen, nannte dabei freilich zwei Bedingungen: Die Vergleichssumme müsse finanziell angemessen sein; der Rechtsstreit damit vollständig beendet werden.

Zuletzt war Bewegung in die juristischen Verfahren gekommen: Ein US-Richter beauftragte den erfahrenen US-Mediator Kenneth Feinberg damit, die Chancen für einen Vergleich zwischen Bayer und etlichen Klägern auszuloten. Und nachdem die „WirtschaftsWoche“ vor zwei Tagen meldete, dass sich zwei weitere Prozesse verzögern, deuteten dies etliche Händler als positives Signal und kauften reihenweise Bayer-Aktien zu.

Die Anwälte von Bayer und von ehemaligen Roundup-Anwendern führen nun Gespräche in New York, berichten drei informierte Personen gegenüber Bloomberg. Es werde eine Einigung angestrebt, mit der alle aktuellen Fälle und alle künftigen Krebsklagen, die in Zusammenhang mit Roundup stehen, beigelegt werden sollen. Eine entsprechende Vereinbarung könne allerdings noch Monate dauern.

Eine Einigung wäre allerdings im Interesse aller Beteiligten – der Aktionäre, des Unternehmens und der Kläger. Die Aktionäre wären ein erhebliches Kursrisiko los. Die Manager bei Bayer könnten sich endlich wieder auf andere Themen als die eigene Verteidigung konzentrieren. Und die Kläger, die oft alt und krank sind, hätten noch die Chance, zu Lebzeiten Geld zu erhalten.

Mit etwas guten Willen sollte sich da eine Lösung finden lassen. Bayer hat auch schon gezeigt, wie das geht – in etlichen Pharma-Prozessen in den USA.

Mehr zum Thema: US-Anwalt Kenneth Feinberg gilt als bester Streitschlichter der Welt. Ein von ihm vermittelter Vergleich wäre ein Ausweg aus der Falle, in die Bayer durch die Monsanto-Übernahme geraten ist.

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