Industriespionage Know-how-Klau – China legt den Schalter um

China genießt den Ruf als Abkupferer. Doch zunehmend wehren sich auch inländische Konzerne gegen geistigen Diebstahl. Rollt jetzt die Welle der Einsicht?

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Mitarbeiter im Volkswagen-Werk in Nanjing; nahe Shanghai Quelle: dpa

"Made in Germany" - das Siegel feiert eben seinen 125. Geburtstag. Eingestanzt und aufgeklebt sollte es nicht etwa auf die hervorragende Qualität deutscher Ware hinweisen, sondern die britischen Käufer warnen. "Made in Germany" stand für billige, schlechte Produkte. Das Werk von Pfuschern und Kopierern. Heute ist "Made in Germany" ein Gütesiegel – und die Könige der Plagiate das sind andere. Die Krone tragen China und Taiwan. Überall wird abgekupfert, so der Eindruck. Kein Laptop ist vor chinesischen Kooperationspartnern sicher. Hochtechnologien werden schamlos ausgespäht. So geschehen 2004 beim Transrapid, den Siemens und ThyssenKrupp bauten. Chinesische Ingenieure sollen nachts in die Halle geschlichen sein, um ein Vermessungsprotokoll des dort geparkten Hochgeschwindigkeitszugs anzufertigen. Die Empörung war groß. Ebenso als bekannt wurde, dass chinesische Hacker jahrelang Daten des Telekom-Ausrüster Nortel abgegriffen haben sollen.

Zuletzt meldete sich Volkswagen mit einer schier unglaublichen Geschichte über den Joint-Venture-Partner First Automotive Works (FAW). Er soll ein Getriebe abgekupfert haben, um es anschließend  im eigenen Werk zu produzieren. Diebstahl geistigen Eigentums nennen das Juristen. Zeitungsberichte belegen die zahlreichen Vorfälle – und erzählen doch nur die halbe Wahrheit. Denn zum Know-how-Klau gehören immer Zwei. Einer, der sich das Wissen unerlaubt verschafft und einer, der es sich vor seinen Augen wegschnappen lassen.

Kopieren ist in China die höhere Kunst

Ist der eine schlicht dreist oder der andere nur zu dumm, sein Eigentum zu schützen. Beides trifft zu. Thomas Wus, China-Experte und Berater, attestiert den Chinesen fehlendes Unrechtsbewusstsein. Doch das sei a) kein ausschließlich chinesisches Problem, sondern betreffe den kompletten asiatischen Raum und b) besser nachvollziehbar, wenn man bedenke, dass das Kopieren als solches in Asien als höherer Kunst bewertet würde als das Schaffen von etwas Neuem. Wer sich ein wenig mit asiatischer Malerei beschäftigt, wird auf dasselbe Phänomen stoßen.

China und EU handeln jeden Tag für mehr als eine Milliarde Euro

Natürlich darf eine Tradition – und sei sie tausend Jahre alt - nicht als Vorwand für Vertragsbruch gelten. Wer im asiatischen Raum Geschäfte macht, sollte aber seine Sinne dafür schärfen, in welchem interkulturellen Spannungsfeld er steht. Thomas Wu beruhigt zugleich - die Betrachtungsweise der Chinesen ändere sich zusehends. Auch immer mehr chinesische Unternehmen pochen auf ihr Recht. Der Unternehmensberater sieht die Ursache dafür in der größeren Zahl eigener Innovationen: „Die steigende Zahl an neuen Patenten in China ist parallel zu sehen mit dem gesteigerten Bedürfnis sein geistiges Eigentum zu schützen.“  

Die Klagen gegen Diebstahl geistigen Eigentums nehmen in der Tat  jährlich im zweistelligen Prozentbereich zu. Auch eine Studie der Deutschen Auslandshandelskammer in China (AHK) belegt die verbesserten Umstände. Dass der Schutz ihres Know-hows eines der größten Probleme auf dem chinesischen Markt ist, finden 2012 fast 18 Prozent weniger der befragten Unternehmen als noch 2007.

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