Sportindustrie Warum Puma in den USA auf Körbejagd geht

Puma-Chef Björn Gulden Quelle: imago images

Wie der Sportkonzern aus Herzogenaurach im US-Basketball groß rauskommen will – und welche Rolle die Damen-Liga und ein Mensch mit Schuhgröße 53 ½ dabei spielen.

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Zugegeben – Deandre Aytons Füße sind tatsächlich ein wenig groß. Der junge Mann, angehender Basketball-Profi beim Team Phoenix Suns, trägt nach US-Maß Größe 18. Umgerechnet auf deutsche Latschen dürfte das den Sporthändler um die Ecke in tiefe Verzweiflung stürzen, würde ein Kunde danach fragen: Größe 53 ½ wird er kaum auf Lager haben.

Wie diesem ergeht es gerade Puma – die Sportmarke aus Herzogenaurach steigt gerade mit viel Bohei wieder ins Basketballgeschäft ein und bringt erstmals seit 20 Jahren wieder Korbjäger-Schuhe auf den Markt. Vier vielversprechende Jung-Profis haben die Franken dazu in der US-Profiliga NBA bereits unter Vertrag genommen. Einer von ihnen ist Ayton, der von den Bahamas stammt.

Und weil er so große Füße hat und Puma die passenden Treter bislang nicht im Programm, muss der Basketballer statt in den Schuhen mit den charakteristischen Formtreifen noch ein Weilchen in Produkten des Weltmarktführers Nike auflaufen. Erst in einigen Wochen, heißt es, werde Puma auch für ihn die passende Fußbekleidung bereit haben.

Pumas Ambitionen, in einer der wichtigsten Sportarten der USA Fuß zu fassen und Marktanteile zu erobern, dürfte das kleine Malheur indes keinen Abbruch tun. Denn wenn die Saison im Spätherbst startet, wird auch Ayton seine „Clyde Court Disrupt“ tragen und damit jenes Modell, mit dem Puma den Bogen schlagen will zur eigenen Basketball-Historie: Bereits 1973 statteten die Franken den Superstar Walt „Clyde“ Frazier mit einem nach ihm benannten Modell aus.  Das war damals eine Neuerung, Frazier war der erste Spieler, dem diese Ehre wiederfuhr.

Heute laufen mehr als ein Dutzend NBA-Superstars in Schuhen auf, auf denen ihr eigener Name steht: LeBron James etwa (bei Nike unter Vertrag), Adidas-Spieler James Harden oder Stephen Curry, von dessen Schuhen der arg schwächelnde US-Hersteller Under Armour mittlerweile die dritte Generation auf den Markt brachte.

Puma lockte die Neu-Profis nun auch mit der Aussicht, in jene illustre Liga aufzusteigen und schon in jungen Jahren einen eigenen Schuh zu bekommen – für die Spieler, die finanziell bereits mehr als ordentlich ausgestattete Verträge abschließen, ein nicht zu unterschätzender Anreiz.

Warum Puma ausgerechnet jetzt wieder den Reiz des Spiels der langen Kerle für sich entdeckt? Zumal Vorstandschef Björn Gulden sich schon seit geraumer Zeit mit dem Gedanken trug, in einer der wichtigen Sportarten in den USA an den Start zu gehen? Tatsächlich hat der Norweger den Boden im wichtigsten Sportartikelmarkt der Welt schon seit einiger Zeit für den Neustart vorbereitet. Zahlreiche PR-trächtige Partnerschaften wie die mit Popstar Rihanna etwa oder die Liaison mit dem in bestimmten Kreisen einflussreichen Jenner-Kardashian-Clan sorgten dafür. Auf eine ähnliche Karte setzten Gulden und sein Marketingchef Adam Petrick auch jetzt, indem sie den Musikproduzenten und Unternehmer Jay-Z offiziell zum Kreativ-Direktor der Basketball-Sparte ernannten. Was der am Ende wirklich zur Farben und Dämpfungseigenschaften der Basketball-Schuhe beiträgt, sei dahingestellt.

Deandre Ayton Quelle: AP

Klar ist aber, dass Puma vom popkulturellen Nimbus und den weitreichenden Kontakten des Mannes profitieren wird.

Doch Gulden ist erfahren genug, die Gefahren zu erkennen, die drohen, wenn Puma angesichts dieser Verbindungen wieder zu sehr als Mode- und Lifestyle-Marke wahrgenommen wird. Mode ist schnelllebig, was heute Trend ist, ist morgen von gestern.

Puma selbst hat das in der Vergangenheit zu spüren bekommen, denn unter Guldens Vorvorgänger Jochen Zeitz waren es vor allem die Lifestyle-Produkte, die zum steilen Umsatzanstieg führten und den Konzern zeitweise zum Lieblingskind der Börse machte. Als der Puma-Hype abflaute, fielen auch die Erträge.

Das weiß natürlich auch Gulden. Deshalb setzt er jetzt auf die jungen Basketball-Profis, deshalb will er die Puma-Schuhe auch wieder auf den Basketball-Courts etablieren. Denn es geht um die Glaubwürdigkeit als Sportmarke, die verloren zu gehen droht, wenn eben nur noch Vorstadt-Schönheiten auf die Modeschläppchen mit dem Puma-Logo stehen und sich „echte“ Sportler von ihr fernhalten.

Der Wiedereinstieg in den Basketball ist dazu das Gegengift, es soll zeigen, dass 100-Kilo-Riesen auch in Puma-Tretern vor Tausenden Zuschauern ihre Leistung bringen können. „Wenn wir in den USA langfristig erfolgreich sein wollen“, sagt denn auch Marketingchef Adam Petrick, der sein Büro in Boston an der US-Ostküste hat“, müssen wir zu unseren Wurzeln im Sport zurückkehren.”

Wie ernst es den Franken damit ist, unterstrichen sie gerade noch einmal: Zum ersten Mal in der Unternehmenshistorie schloss Puma vor wenigen Tagen einen Vertrag mit einer kompletten Profi-Liga. Gulden band die Marke als Ausrüster an die WNBA, der Damenversion der Profibasketball-Liga. Das bedeutet, dass alle Frauenmannschaften der WNBA künftig in Puma-Leibchen auflaufen werden.

Clever zeigte sich Puma auch mit einem anderen Deal – in diesem Sommer war die Marke Partner des vom Sportsender ESPN ausführlich ausgestrahlten Turniers „The Basketball Tournament“, bei dem fast 80 Teams um ein Preisgeld von zwei Millionen Dollar antraten.

Für Puma hat die Veranstaltung, bei der neben Ex-NBA-Spielern zahlreiche Uni-Sportler antreten, auch noch einen weiteren Reiz: Jenen Sportlern, die im Anschluss an das Turnier einen Vertrag bei einem NBA unterschreiben, winkt ein Ausrüsterdeal mit den Franken. Im vergangenen Jahr gelang immerhin 16 Spielern der Sprung in die Profiliga. Sind es diesmal ähnlich viele, könnte Puma so auf clevere Weise Stück für Stück seinen Fußabdruck in der NBA vergrößern.

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