Stahl-Joint-Venture Thyssen und Tata auf Kollisionskurs zur EU

Die Fusion der Stahlriesen Thyssen-Krupp und Tata nimmt immer konkretere Formen an. Das ruft nun die europäischen Wettbewerbshüter auf den Plan.

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Thyssen-Krupp und Tata auf Kollisionskurs zur EU Quelle: Reuters

London, Düsseldorf, Frankfurt In den jahrelangen Bemühungen um ein Stahl-Joint-Venture von Thyssen-Krupp und Tata steuern die Konzerne auf eine Konfrontation mit der EU-Kommission zu. Die Unternehmen wollten hart verhandeln und den Wettbewerbshütern in Brüssel für eine Freigabe der Pläne nur das Nötigste anbieten, sagten mehrere mit der Angelegenheit vertraute Personen der Nachrichtenagentur Reuters.

Möglicherweise würden sie sogar zwei der drei von der EU angemahnten Bereiche als weniger kritisch bezeichnen, sagte ein Insider. Unbestritten sei, dass sie etwas im Bereich Verpackungsstahl wegen der starken Marktposition anbieten müssten. Dies gelte aber nicht für die Bereiche Auto- und Elektrostahl. Dort wollten sie möglichst ohne Auflagen davonkommen.

Thyssen-Krupp äußerte sich weiter optimistisch. „Wir führen die konstruktiven Gespräche mit der Kommission fort und sind weiterhin zuversichtlich, dass wir die Transaktion im Frühjahr abschließen können“, sagte ein Sprecher am Donnerstag. Von Tata war zunächst keine Stellungnahme zu erhalten.

Ohne eine Übereinkunft drohen die Pläne am Widerstand der EU-Kommission zu scheitern, so wie dies unlängst schon bei den Zugeschäften von Siemens und Alstom der Fall war. Thyssen und Tata seien überrascht gewesen, dass die Kommission den Autostahl-Bereich als kritisch bezeichnet habe, sagte einer der Insider. „Wie groß das Joint Venture auch wird, es wird etwa halb so groß sein wie ArcelorMittal.“

Die Unternehmen würden versuchen, die Argumente der Kommission anzufechten. Der Bereich Elektrostahl sei kein rein europäischer Markt, sondern ein Weltmarkt, auf dem die Hersteller aus China und Japan die größten Anbieter seien.

Klar sei, dass es Zusagen beim Verpackungsstahl geben müsse. Einen Verkauf der Verpackungsstahltochter Rasselstein lehne Thyssen-Krupp jedoch ab, sagten mehrere Personen. Die rund 2000 Beschäftigten des Unternehmens im rheinland-pfälzischen Andernach befürchten seit Beginn der Verhandlungen, bei einer Fusion abgestoßen zu werden.

Showdown ab Ende April

Die EU-Kommission hatte Thyssen-Krupp und Tata im Februar ein so genanntes „Statement of Objections“ geschickt, in dem sie die kritischen Bereiche präzisierte. Neue Punkte seien von der EU nicht vorgebracht worden, hatte Thyssen-Krupp-Chef Guido Kerkhoff in der vergangenen Woche gesagt. Man sei auf gutem Wege und wolle die Transaktion im Frühjahr abschließen. Es gebe zwar Fristen, diese könnten aber von der einen oder anderen Seite verlängert werden.

Thyssen-Krupp und Tata wollen einen Stahlkonzern mit 48.000 Mitarbeitern schmieden - den zweitgrößten in Europa nach ArcelorMittal. Die Unternehmen hätten der Kommission geantwortet und arbeiteten nun an den Zusagen, sagte eine mit dem Verfahren vertraute Person. Diese müssten der Kommission bis zum 20. März vorliegen. Dann würde die Frist für eine Entscheidung in Brüssel, die derzeit am 29. April endet, um 15 Arbeitstage verlängert.

Thyssen-Krupp-Chef Kerkhoff hatte sich in der vergangenen Woche nicht zu den möglichen Zusagen an die Kommission äußern wollen. Zugleich machte er aber deutlich, dass es Grenzen gibt. „Wir wollen natürlich nicht die Synergien, die wir uns erhoffen, aufs Spiel setzen“, betonte er. Das Joint Venture ermögliche Synergien in Höhe von 400 bis 500 Millionen Euro.

„Damit ist es langfristig für die Stahlindustrie sinnvoll. Bringt es uns um, wenn es nicht stattfindet? Nein.“ Für die geplante Aufspaltung des Konzerns in einen Industriegüter- und einen Werkstoffkonzern sei das Bündnis mit Tata keine Voraussetzung. Neben den erhofften Synergien will der Konzern allerdings auch Schulden in Milliardenhöhe auf das Joint Venture abwälzen und die Verwaltungskosten senken.

Kerkhoff habe damit den Boden für ein mögliches Scheitern des Gemeinschaftsunternehmens bereitet, verlautete aus Kreisen der Thyssen-Krupp-Aktionäre. Die Arbeitnehmervertreter hatten ihn bereits vor einigen Wochen vor zu großen Zugeständnissen in Richtung Brüssel gewarnt.

„Eine Fusion um jeden Preis ist mit uns nicht zu machen“, hatte der IG Metall-Sekretär und Vize-Chef des Thyssen-Krupp-Aufsichtsrats, Markus Grolms, Reuters gesagt. „Wir hatten für uns immer eine rote Linie mit Blick auf das Fusionskontrollverfahren definiert. Wird die überschritten, gibt es von uns keine Zustimmung mehr.“

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