Der frühere Lufthansa-Finanzchef Karl-Ludwig Kley, der ab 2007 die Verantwortung für die Merck-Geschäfte übernahm, sollte nach all dem Tohuwabohu die Strukturen straffen und das gemeinsame Pharmageschäft von Merck und Serono auf Vordermann bringen.
Auf Geheiß der Familie verstärkte Kley auch das Chemiegeschäft und erwarb den US-Laborausrüster Millipore, der knapp ein Viertel zum Umsatz beiträgt und ordentliche Erträge abliefert. Der Merck-Vormann, der nebenher den Chemie-Branchenverband VCI führt, baute das Geschäft in Nordamerika und in den Schwellenländern aus, wo Merck mit Altpräparaten wie dem Diabetesmittel Glucophage und Concor Erfolge erzielt. „In den Schwellenländern haben wir im dritten Quartal 2012 erstmals mehr Umsatz gemacht als in Europa“, berichtet der Chef.
Doch ausgerechnet in der Medikamentensparte ging es nur schleppend voran. Kley und sein damaliger Pharmachef Elmar Schnee reduzierten die Zahl der Forschungsgebiete, strichen Projekte und schufen neue Verantwortlichkeiten.
Es reichte nicht. Schnee erwies sich in den Augen vieler Merck-Manager als Fehlbesetzung. Der Schweizer arbeitete lieber von Genf als von der Zentrale in Darmstadt aus. Unter Schnee scheiterte die Zulassung für das MS-Präparat Cladribin – Fachleute wunderten sich, dass Merck keine zusätzliche Studie in Auftrag gegeben hatte, um die Eignung des Mittels zu beweisen – sowie für Erbitux als Mittel gegen Lungenkrebs. Ende 2010 musste Schnee gehen.
Mit Oschmann übernahm Anfang 2011 ein anderes Kaliber. Während Schnee die meiste Zeit seines Berufslebens im mittleren Management verbracht hatte, bekleidet Oschmann seit Jahrzehnten Top-Positionen. Bei Merck & Co. war der gebürtige Würzburger zuletzt für die Schwellenländer verantwortlich, davor leitete er das Europa-Geschäft. Noch höhere Führungsweihen blieben ihm schließlich verwehrt; daher wechselte Oschmann nach Darmstadt.
Dort angekommen, machte sich der neue Pharmaboss gleich daran, jeden zweiten Top-Manager zu feuern. Den eigenen Führungskräften traute der promovierte Tierarzt kaum noch etwas zu. Als Entwicklungschefin engagierte Oschmann die Britin Annalisa Jenkins vom US-Konzern Bristol- Myers Squibb.
Das Medikamenten-Marketing übernahm die Spanierin Belén Garijo, die vom französischen Konkurrenten Sanofi kam. Um die Umsetzung der Strategie kümmert sich der Amerikaner James Stewart von Oschmanns Ex-Arbeitgeber Merck & Co. Unter den neuen Managern müssen sich Forscher und Entwickler an deutlich straffere Vorgaben gewöhnen als zuvor.