Amazon Basics Amazons Eigenmarken fallen beim Kunden durch

Quelle: imago images

Amazon bevorzuge seine Eigenmarken und verzerre so den Wettbewerb, glaubt eine US-Senatorin. Eine Studie zeigt allerdings: die meisten Eigenmarken schneiden nicht besonders gut ab. Branchenkenner erklären, warum.

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Als die US-Senatorin Elizabeth Warren Anfang dieses Monats davon sprach, Tech-Giganten zerschlagen zu wollen, ging es ihr vor allem um eines: Amazon, Apple und Co. sollen ihre Produkte nicht mehr auf den eigenen Plattformen vertreiben dürfen. Amazon beispielsweise solle seine Eigenmarke Amazon Basics von der Seite nehmen. Der Vorwurf: Amazon bevorzuge eigene Marken und behindere damit den Wettbewerb.

Die Ankündigung von Warren, die als Präsidentschaftskandidatin für die Demokraten 2020 antreten möchte, klang radikal – aber keineswegs undenkbar.

Umso gelegener kommt da eine Untersuchung der Analysefirma „Marketplace Pulse“, über die zuerst die Nachrichtenagentur Bloomberg berichtete. Demnach ist das Eigenmarkengeschäft von Amazon kein allzu großer Erfolg. Im Gegenteil: Die Mehrheit der über 400 Amazon-Eigenmarken und der 23.000 dazugehörigen Produkte floppt. Es gäbe zwar eine Handvoll Produkte, die Amazon selbst vertreibe und die viele Menschen bestellten, aber die meisten Eigenmarken setzten sich nicht durch.

In Zahlen sieht das so aus: Alleine auf die Top 3 Eigenmarken – auf Amazon Basics, Amazon Collection und Amazon Essentials – entfielen rund 70 Prozent der Reviews und Verkäufe. Auf die Top 10 der Amazon Eigenmarken entfallen 81 Prozent – der Rest teilt sich auf die verbleibenden rund 390 Eigenmarken auf.

Die Idee, dass Amazon ein Produkt einführen könnte, dass auf magische Weise dank des Einsatzes von Daten an die Spitze der Verkaufsliste stürme, sei eine Verschwörungstheorie, sagte Juozas Kaziukenas, Gründer von Marketplace Pulse, gegenüber Bloomberg.

Die Untersuchung schätzen deutsche Branchenkenner als seriös ein. Die Marktforscher haben Verkaufsränge und die Zahl der Bewertungen analysiert, um anhand dessen mögliche Umsätze abzuschätzen. „Die verwendeten Daten sind für Händler allesamt öffentlich einsehbar und das Ergebnis deckt sich mit meiner Erfahrung“, sagt Trutz Fries, der ein Analysetool für Hersteller und Händler vertreibt und mit seiner Agentur REVOIC aktuell zirka zwei Dutzend Markenhersteller berät.

Eine Marktverzerrung durch das Eigenmarkengeschäft von Amazon sieht er noch nicht. „Für unsere Kunden sind nicht Amazons Eigenmarken das größte Problem, sondern Hersteller aus China, die den Markt mit Billig-Produkten fluten.“, sagt Fries. „Bringt Amazon ein Produkt in der gleichen Kategorie auf den Markt, so stehen diesem zusätzlich 30 oder 40 Produkte von asiatischen Herstellern gegenüber, deren Ranking sie nicht selten mit gekauften Bewertungen und künstlichen Abverkäufen verbessern. Einzig beim Thema „Sichtbarkeit“ spielt Amazon nicht fair, bekommen Amazons eigene Marken doch prominente Platzierungen in den Suchergebnissen, die normalen Händlern nicht zur Verfügung stehen – was auch die Untersuchung von von „Marketplace Pulse“ bestätigt.“

Auch Marc Aufzug, der mit seiner Agentur factor-a rund 150 Markenhersteller betreut, die ihre Produkte auf Amazon vertreiben, sieht in den Eigenmarken keine übermäßige Bedrohung. Als Amazon 2009 erstmals mit der Eigenmarke Amazon Basics Batterien auf den Markt brachte, waren Hersteller wie Energizer und Duracell nicht gerade erfreut. Auch ein Kunde von Aufzug, der mit Batterien handelte, bekam die Auswirkungen des neuen Marktteilnehmers zu spüren. „Bei ihm gab es merkliche Umsatzeinbußen, das Wachstum auf Amazon flachte merklich ab“, sagt Aufzug.

Existenzgefährdend sei das aber nicht gewesen – und es sei das einzige Mal, dass eine Amazon-Eigenmarke einen seiner Kunden Probleme bereitetet habe. „Insgesamt wird das Thema Eigenmarken in der öffentlichen Debatte um Amazon überschätzt“, sagt Aufzug. „In den meisten Fällen stellt sich Amazon dem Wettbewerb auf der Plattform und hier entscheidet der Käufer – oftmals zum Nachteil der Amazon-Marken.“

Das spiegeln auch die Umsatzzahlen wider: Im vergangenen Jahr hat Amazon mit all seinen Geschäften 232,8 Milliarden US-Dollar generiert – davon entfielen gerade einmal 7,5 Milliarden auf Eigenmarken. Warum das Geschäft für Amazon trotzdem interessant ist? „Im Eigenmarkengeschäft warten die größeren Margen, auch wenn Amazon anfangs draufzahlt“, sagt Aufzug. Der Finanzdienstleister SunTrust Robinson Humphrey schätzt., dass Amazon bis 2022 mit seinen Eigenmarken rund 25 Milliarden US-Dollar verdient. „Nicht nur Aldi und Lidl leben von ihren Eigenmarken, auch Zalando verkauft eigene Schuhmarken – aber Eigenmarken alleine funktionieren eben auch nicht“, sagt Aufzug. Deswegen fänden sich bei Aldi eben auch Nutella und Haribo. „Die Marke zieht weiterhin“, sagt Aufzug.

So betrachten auch Trutz Fries‘ Kunden andere Aspekte der Marktmacht von Amazon deutlich problematischer: „Amazon hilft Herstellern europaweit an viele Millionen Kunden zu verkaufen, dadurch entsteht aber auch eine große Abhängigkeit.“ Gerade bei den Herstellern, die ihre Produkte direkt an Amazon verkaufen – so genannte Vendoren – sehe man das Problem deutlich. „Der Preis, den sie für ihre Waren erhalten, wird jedes Jahr neu verhandelt und Amazon kennt bei Preis-Verhandlungen nur eine Richtung: nach unten.“

Alexa biete Amazon zudem einen direkten Kundenzugang und das Unternehmen könne intransparent bestimmen, welche Artikel Alexa dem Kunden anbiete.

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