Ein Fall von Gierflation? Massive Preiserhöhung bei den E-Maildiensten GMX und Web.de

Hat United-Internet-Chef Ralph Dommermuth Probleme?

Die beliebten E-Maildienste GMX und Web.de erhöhen die Preise um 25 Prozent. Zahlen die E-Mail-Kunden die Zeche für die ambitionierten 5G-Ausbau-Träume des United-Internet-Chefs Ralph Dommermuth?

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Die E-Mail mit der Preiserhöhung flattert den Kunden dieser Tage in ihre Inbox: Statt bisher 2,99 Euro sollen die Premium-Dienste der E-Mail-Provider Web.de und GMX künftig 3,99 Euro im Monat kosten. Das ist ein Aufschlag von einem Dittel. „Die Sicherheitsanforderungen zum Schutz Ihrer Daten und Ihres E-Mail-Postfachs“ seien in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen, erklären die Mail-Dienstleister, die zum United-Internet-Konzern gehören, den saftigen Aufschlag. Und der Erhalt und Ausbau „unseres erstklassigen Premiumkundenservice“ treibe „Bereitstellungskosten und Aufwände für Technikleistungen“ weiter „in die Höhe“. Kryptischer geht es kaum. Ein weiteres Beispiel von Gierflation? Oder steckt mehr dahinter?

Web.de und GMX sind die beliebtesten E-Mail-Adressen der Deutschen. Insgesamt 38 Millionen Kunden nutzen die Dienste – allerdings nur die kostenlosen. 1,89 Millionen Menschen abonnieren die Premium-Maildienste dieser Adressen, die einen größeren Speicherplatz für elektronischen Schriftverkehr, günstigere Cloud-Tarife und Bonus-Angebote bei Partnerunternehmen bieten. Nur für diese Premiumkunden wird es teurer.

„In den vergangenen Jahren sind die Kosten so stark gestiegen, dass wir zum ersten Mal seit mehr als 20 Jahren erhöhen müssen“, erklärt ein Sprecher der beiden Portale. Die Kunden können ihren Vertrag ohne Einhaltung einer Frist kündigen und ihr Postfach auf den kostenlosen Dienst umstellen lassen: „So gehen keine E-Mails verloren“. Dennoch dürfte es vielen schwer fallen, den Anbieter zu wechseln: Beim Provider gespeicherte, wichtige alte E-Mails lassen sich schlecht mitnehmen. Den Eingang neuer elektronischer Post zu sichern, löst nur einen kleinen Teil des Problems.

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von Nele Husmann

Die Sicherheitsanforderungen dürften bei allen Anbietern ähnlich gestiegen sein. Der US-Anbieter Apple zum Beispiel beließ zwar die Kosten für eine E-Mail-Adresse mit 200 Gigabyte Speicher in der iCloud unverändert bei 2,99 Euro. Sie erhöhten allerdings den Preis ihres Apple-One-Abos um zwölf Prozent – da sind aber neben E-Mail und Speicherplatz auch das große Musik-, TV- und Spieleangebot des Konzerns inklusive.

Kreuzfinanzierung fürs 5G-Netz

Die unvermittelte Preiserhöhung bei den E-Mail-Diensten ist auch ein Indiz dafür, dass im Hause Dommermuth derzeit vieles nicht ganz rund läuft. GMX und Web.de gehören genauso zu dessen Konzern United Internet wie auch der Mobilfunkanbieter 1&1. Dessen wichtigstes Projekt ist ein groß angekündigter Ausbau des eigenen 5G-Mobilfunknetzes – und der kommt nicht voran. Noch heute funken nur 20 Antennen im Dommermuth-Reich, obwohl er laut Auflagen der Bundesnetzagentur bereits bis Ende vergangenen Jahres 1000 Stück aufgebaut haben sollte. Nun droht eine Geldbuße von bis zu 50.000 Euro je Antenne, die fehlt.

Dem „Handelsblatt“ verriet Dommermuth, bereits Hunderte Millionen in die Ausrüstung seines Glasfasernetzes investiert zu haben. Auch das Funkequipment für die 20.000 Antennen habe er bereits eingekauft und auf Lager. Das ist eine Menge gebundenes Kapital, das jetzt nicht arbeitet. Die Milliarde für den Kauf der 5G-Frequenzen wurde ihm sogar gestundet – im Gegenzug hätte Dommermuth schon bis Ende 2021 400 Masten gebaut haben müssen – der Vertrag wurde damals nicht gekündigt, sondern verlängert.

In diesem Jahr will Dommermuth weitere 800 Millionen Euro in den Netzausbau investieren: „Mit 1&1, unserer Glasfaser-Tochter Versatel, den Mail-Diensten Web.de und GMX sowie der Webhosting-Tochter Ionos haben wir sehr ertragreiche Unternehmen im Portfolio“, sagt Dommermuth, „nur deshalb können wir uns den Netzausbau überhaupt leisten.“

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Die Pressestelle betont, dass die Firmen innerhalb des United-Internet-Konzerns separat gesteuert würden, so dass die Preiserhöhung in keinem Zusammenhang zu den 5G-Investitionen stehe. Vor allem im vergangenen Jahr seien die Kosten für Rechenzentren, Energie und Speichernutzung deutlich gestiegen, neben Lohnkosten habe sich auch der Aufwand bei Spam-Bekämpfung und Sicherheit vervielfacht: „Die Werbeeinnahmen für die Vermarktung der Freemail-Postfächer ist im Laufe der Jahre gestiegen, der Preis für Premium-Kunden nicht“, so ein Sprecher, „in dem Zeitraum sind die Preise inflationsbereinigt um die Hälfte gefallen.“

Hinweis der Redaktion: Im Artikel stand ursprünglich fälschlicherweise, Dommermuth habe die Milliarde für die 5G-Frequenzen bereits gezahlt. Richtig ist, dass der Betrag ihm gestundet wurde – im Gegenzug verpflichtete er sich ursprünglich, bis Ende 2021 400 Antennen aufzustellen. Dieser Vertrag wurde dann, als er das Ausbauversprechen nicht hielt, verlängert. Ende 2022 verfehlte Dommermuth das Ausbauziel erneut, als er nur drei von 1000 Antennen aufgestellt hatte.

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