Milliardendeal IBM schnappt sich Red Hat

IBM schnappt sich Red Hat Quelle: AP

Das Computer-Urgestein IBM will sich mit seiner bisher größten Übernahme ein größeres Stück der IT-Ausgaben von Unternehmen sichern. IBM leistet sich den Linux-Spezialisten Red Hat für 34 Milliarden Dollar.

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Der weltgrößte IT-Dienstleister IBM hat sich einen großen Happen im globalen Cloud-Geschäft gesichert und die Übernahme des Softwarespezialisten Red Hat angekündigt. Beide Unternehmen hätten eine definitive Vereinbarung erreicht, nach der IBM alle Stammaktien von Red Hat für 190 Dollar je Anteilsschein in bar übernehme, teilten die Unternehmen am Sonntag mit. Dies ist ein 62-prozentiger Aufschlag auf den Schlusskurs vom Freitag. Damit werde Red Hat mit rund 34 Milliarden Dollar bewertet. Die Übernahme sei von den Geschäftsführungen beider Unternehmen gebilligt worden. Sie hänge aber von der Zustimmung der Red-Hat-Aktionäre ab. IBM rücke damit zur weltweiten Nummer 1 der Hybrid-Cloud-Anbieter auf. Der Konzern konkurriert im Bereich Cloud-Computing mit Unternehmen wie SAP und Oracle. Es wird erwartet, dass die Übernahme im zweiten Halbjahr 2019 abgeschlossen wird. IBM kündigte zugleich an, für die Übernahme sein in den Jahren 2020 und 2021 geplantes Aktienrückkaufprogramm auszusetzen.

Red Hat soll den Angaben zufolge als eigenständige Einheit innerhalb des Hybrid-Cloud-Teams von IBM arbeiten. Außerdem solle Red Hat weiterhin von Jim Whitehurst und seinem Management geleitet werden. Whitehurst werde zudem in die IBM-Führung integriert.

Red Hat ist vor allem durch sein Open-Source-Betriebssystem Linux bekannt, das mit Microsofts Windows konkurriert. Das Unternehmen hat das Prinzip der Open-Source-Software auch auf den Bereich Cloud Computing angewandt. Das Betriebssystem Linux, mit dem zum Beispiel viele Server in Rechenzentren laufen, ist eine sogenannte quelloffene Software. Das heißt, ihr Programmiercode ist öffentlich und kann von allen eingesetzt werden. Auf dieser Basis können Softwareanbieter aber Instrumente zur besseren Nutzung von Linux entwickeln – Red Hat wurde nach der Gründung vor rund 25 Jahren zu einem führenden Spezialisten in diesem Geschäft.

Mit dem Kauf von Red Hat könnte IBM auf einen Schlag wichtiger im Cloud-Geschäft werden. Alle rund 12.600 Mitarbeiter von Red Hat sollen übernommen werden, sagte Rometty dem „Wall Street Journal“. Im Cloud-Markt gehören unter anderem Microsoft, Google und Amazon zu den Konkurrenten. Microsoft kaufte jüngst die von vielen Linux-Programmierern genutzte Entwicklerplattform GitHub.

IBM-Chefin Ginni Rometty will den IT-Dino zukunftssicher machen, indem sie wenig profitable alte Geschäftsbereiche schrumpft und dafür stärker auf Künstliche Intelligenz und Cloud-Dienste setzt. Der Umbau ließ den Umsatz sechs Jahre lange sinken. Romettys Sanierungskurs schien Früchte zu tragen, weil IBM drei Quartale in Folge mit Wachstum schaffte. Doch zuletzt gab es wieder ein Vierteljahr mit sinkenden Erlösen, das setzte auch die Aktie unter Druck.

„Die Übernahme von Red Hat ändert alles in dem Spiel“, sagte IBM-Chefin Ginni Rometty. „Es verändert alles im Cloud-Markt.“ IBM werde damit der weltgrößte Hybrid-Cloud-Anbieter und der einzige mit einer Open-Cloud-Lösung. Hybrid Clouds sind eine Mischform aus öffentlich, meist über das Internet zugänglichen Clouds wie sie auch von Google angeboten werden, und sogenannten Private Clouds, die vor allem aus Gründen der Datensicherheit von Unternehmen für ihre IT-Dienste bevorzugt werden. Red-Hat-Chef Whitehurst verweist darauf, dass Open-Source-Lösungen, für die sein Unternehmen der Spezialist sei, die erste Wahl für moderne IT-Anwendungen darstellten. Indem Red Hat die Kräfte mit IBM bündele, werde der Einfluss von Open-Source-Lösungen bei der Digitalisierung deutlich verstärkt.

Nach dem Übernahmeangebot von IBM haben Anleger am Montag in Scharen nach den Aktien des Linux-Anbieters Red Hat gegriffen. Die Papiere kletterten zum Handelsstart an der Wall Street am Montag um 49 Prozent auf 173 Dollar, waren damit aber noch weit von den 190 Dollar entfernt, die IBM für den Softwarespezialisten auf den Tisch legen will. Die Investoren des weltgrößten IT-Dienstleisters waren hingegen nicht überzeugt von dem 34 Milliarden Dollar schweren Deal. Die IBM-Anteilsscheine fielen um bis zu 4,7 Prozent.

Einige Anleger befürchten, dass IBM für Red Hat zu tief in die Taschen greift. Entsprechende Bedenken wollte Firmenchefin Ginni Rometty gleich ausräumen, indem sie in einem Interview des Fernsehsenders CNBC betonte, einen „angemessenen Preis“ zu zahlen. Analysten der Investmentbank Stifel halten es nun für möglich, dass Google, Amazon, Microsoft oder sogar Oracle noch versuchen, einzusteigen und mit einem Gegengebot für Red Hat überraschen.

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