Slack-CEO Butterfield „Die E-Mail bleibt uns noch 1000 Jahre erhalten“

Stewart Butterfield Quelle: imago images

Stewart Butterfield, Gründer und Chef des Kommunikationsdienstes Slack, über den optimalen Austausch im und außerhalb des Büros und die Zukunft des Smartphones.

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Stewart Butterfield ist einer der wenigen Gründer, der mit dem Fotoservice Flickr und dem Kommunikationswerkzeug Slack gleich zwei weltweit bekannte Unternehmen aus der Taufe gehoben hat. Flickr wurde 2005 durch Yahoo für 35 Millionen Dollar gekauft, Slack im vergangenen Jahr für 27,7 Milliarden Dollar von Salesforce erworben. Butterfield wuchs in Kanada auf, wo er sich als Kind selbst das Programmieren beibrachte. Statt Informatik studierte er jedoch Philosophie. Das US-Wirtschaftsmagazin Forbes schätzt sein Vermögen auf 1,3 Milliarden Dollar.

WirtschaftsWoche: Mr Butterfield, vor einem Jahr haben Sie öffentlich gesagt, dass die Rückkehr ins Büro nach Corona der falsche Ansatz sei. Jetzt verlangen etliche Unternehmen das, einige sogar mit Zwang. Stehen Sie noch zu Ihrer Meinung?
Stewart Butterfield: Ja. Sicherlich macht die Größe eines Unternehmens sowie die Art der Arbeit einen Unterschied. Aber aus Sicht eines Arbeitgebers hat die Arbeit aus der Ferne einige Vorteile. Er kann so zum Beispiel aus einem viel größeren Pool von Talenten schöpfen. Und warum sollten Angestellte bei zwei Angeboten, die von der Bezahlung wie vom Karriereschritt her gleichwertig sind, jenes Unternehmen wählen, das stur auf der Arbeit im Büro vor Ort beharrt, wenn es auch anders geht.

Also braucht man keine Büros mehr, gerade Softwareunternehmen wie Ihres?
Man muss die Option offerieren. In unserem New Yorker Office sind recht viele Mitarbeiter anwesend, oft jüngere. In New York sind die Apartments oft winzig und in einer Wohngemeinschaft kann man die anderen nicht immer mit Zoom-Calls nerven. Ich persönlich möchte nicht mehr komplett ins Büro zurückkehren. Aber es ergibt Sinn, dort ab und an zu sein, es hat schon einen Wert, seine Kollegen persönlich zu treffen. Die Ausführung der Arbeit ist jedoch nicht unbedingt davon abhängig.

Welche Regeln gelten bei Slack?
Jeder kann zu Hause arbeiten oder ins Büro kommen. Wir experimentieren gerade mit der Gestaltung unserer Büros, wie wir sie am besten flexibel konfigurieren. Wir orientieren uns da etwa an Konferenzzentren, in denen man kleinere und größere Einheiten aufsetzen kann.  

Wie sieht es bei der Produktivität mit der Heimarbeit aus? Haben Sie die bei Slack gemessen?
Nein, weil das bei Softwareunternehmen sinnlos ist. Es gibt da schon seit Jahrzehnten eine Debatte, ob und wie man das messen kann, und ein paar Versuche dazu. Wenn man es nach Umfang der Programmzeilen tat, tendierten Programmierer dazu, einfach mehr zu schreiben, was wiederum die Zahl der Fehler erhöhte.

Sie gelten im Silicon Valley als eine Internet-Unternehmer-Ikone. Nun haben Sie gerade ihren Wohnsitz nach Colorado verlegt, verkaufen Ihr Haus in San Francisco. Warum?
Es war nie meine Heimat. Ich bin Kanadier. Meine Frau Jen ist in New York, wo sie den Gepäck-Anbieter Away führt. Viele Jahre habe ich 40 Prozent meiner Zeit in New York verbracht, sie wiederum 40 Prozent ihrer Zeit in San Francisco. Während der Pandemie sind wir mit der Familie nach Colorado gezogen und haben uns nun entschieden, dort zu bleiben.

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Es hat also nichts damit zu tun, dass das Silicon Valley und San Francisco an Attraktivität für Unternehmer verloren haben?
Nein. Aber das Silicon Valley hat sicherlich als reiner Ort etwas an Bedeutung verloren. Etliche Leute sind nach New York gezogen oder nach Miami. Wenn es allerdings darum geht, möglichst viele Leute aus der Branche an einem Ort treffen zu können, haben das Silicon Valley und San Francisco immer noch einen großen Vorteil.

Sie haben vergangenes Jahr Ihr Unternehmen Slack für 27 Milliarden Dollar an Salesforce verkauft. Warum ist Slack nicht eigenständig geblieben?
Zum einen war das einfach ein guter Preis für die Gesellschafter. Vor allem aber bietet uns Salesforce die Möglichkeiten, die Integration von Slack mit vielen Unternehmensanwendungen voranzutreiben. Salesforce ist mittlerweile der größte Anbieter von Unternehmensanwendungen in der Welt.

Hat der Aufkauf die Unternehmenskultur von Slack verändert?
Ich denke nicht. Vielleicht haben wir in einigen Bereichen zu schnell integriert. Aber im Großen und Ganzen nicht.

Und für Sie als Gründer, der nun plötzlich angestellter Manager ist?
Es ist zwiespältig. Es gibt einige Dinge, für die ich nun nicht mehr verantwortlich bin, was entlastet. Andererseits ist die Entscheidungsfindung herausfordernder. Es ist schon einfacher, wenn man sich als CEO nur mit seinem Verwaltungsrat abstimmen muss, als Manager in einem größeren Team zu sein.

Slack wird oft mit der Kampfansage in Verbindung gebracht, der E-Mail den Garaus zu machen. Danach sieht es jedoch nicht aus.
Dass wir die E-Mail ganz ausmerzen werden, habe ich nie behauptet. Ich denke, die bleibt uns noch Tausende von Jahren erhalten (lacht). Bei Salesforce haben wir durch Slack den Gebrauch von E-Mail seit der Übernahme um 40 Prozent gesenkt, obwohl Salesforce seitdem 25 Prozent mehr Mitarbeiter hat. Aber es kommt immer auf die Funktion an. Wenn man mit Menschen außerhalb des eigenen Unternehmens kommunizieren muss, ist E-Mail meist unerlässlich. Bei Slack gibt es hingegen Programmierer, die vielleicht alle drei oder vier Wochen mal eine E-Mail verschicken.

Es gibt heute so viele Kommunikationsmöglichkeiten, neben Slack noch WhatsApp, Instagram, Messenger, SMS usw. Werden wir irgendwann eine universelle Kommunikation haben?
Das glaube ich nicht. Es ist sinnvoll, die Vielfalt zu erhalten. In meinen Fall halte ich das Texten für viel intimer, es ist ein kleinerer Personenkreis. E-Mail ist wiederum für alle offen. In der Freizeit nutzen viele WhatsApp oder Instagram zum Kommunizieren. Übrigens haben wir über das Notifikationszentrum auf dem Smartphone schon heute eine Nachrichtenzentrale, in der alles zusammenfließt.

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