
WirtschaftsWoche: Herr Diekmann, die Signale sind widersprüchlich: US-Notenbankchef Ben Bernanke will das Tempo bei den Anleihekäufen drosseln, EZB-Chef Mario Draghi kündigte eine lange Niedrigzinsphase an. Kommt nun eine Zinswende oder nicht?
Diekmann: Bei US-Staatsanleihen mit zehn Jahren Laufzeit sind die Renditen in den vergangenen vier Wochen um etwa 0,5 Prozent gestiegen. Das ist enorm. Wir sind dort jetzt bei einer Rendite von 2,6 Prozent. Ich glaube, dass die Rendite für US-Staatsanleihen bis Ende 2014 weiter steigen wird. In Europa erwarte ich einen langsameren Anstieg.
Was sollten Anleger angesichts der extrem niedrigen Zinsen jetzt mit ihrem Geld tun?
Das fragt mich jeder Besuch, egal, ob privat oder geschäftlich.
Was antworten Sie Ihrem Besuch?
Er oder sie sollte das Geld der Allianz anvertrauen. Wir wissen, wie man richtig investiert.





Aber auch bei der Allianz sinkt die Verzinsung von Lebensversicherungen stetig. Können Sie dieses Produkt trotzdem noch guten Gewissens empfehlen?
Ja, natürlich. Die Lebensversicherung ist kein Spekulationsinvestment. Der Sinn ist, dass ich im Todesfall einen Schutz habe und am Ende mehr Geld ausbezahlt bekomme, als ich eingezahlt habe. Dass wir Versicherer uns bei der Anlage dieser Gelder in einer Stresssituation befinden, liegt daran, dass der Staat niedrige Zinsen will. Dass die Allianz Leben vor diesem Hintergrund zuletzt eine gesamte Verzinsung von 4,2 Prozent bieten konnte, ist schon eine Sensation.
Wie verändern Sie angesichts der niedrigen Zinsen Ihre Anlagestrategie?
Bei Neuanlagen sind derzeit Bundesanleihen sicher nicht attraktiv. Beim Kauf von Papieren einiger südeuropäischer Staaten können die Risikogesichtspunkte nicht ignoriert werden. Wir streuen daher sehr breit. Wir gehen in Schwellenländer, wir investieren in Infrastruktur, und wir vergeben Darlehen an Mittelständler.
Die zehn größten Versicherungskonzerne
Prudential plc (Großbritannien)
Der britische Versicherer mit Hauptsitz in London hat weltweit 20 Millionen Kunden. Künftig soll ein Schwerpunkt auf das asiatische Geschäft gelegt worden. 2010 kamen die Briten auf einen Umsatz von 73,6 Milliarden Dollar.
Munich Re (Deutschland)
Der größte deutsche Rückversicherer, der früher Münchener Rück hieß, sichert sich ebenfalls einen Platz unter den weltgrößten Versicherern. Zur Gesellschaft gehört unter anderem auch die Ergo Versicherungsgruppe. Die rund 47.000 Mitarbeiter des Konzerns haben 2010 auf einen Umsatz von 76,22 Milliarden Dollar erwirtschaftet.
Nippon Life Insurance Company (Japan)
Die Japaner mit Hauptsitz in Osaka sind nicht nur der größte Lebensversicherer ihres Landes, sondern gehören auch international zu den größten. Mit einem Umsatz von 78,57 Milliarden Dollar und einem Gewinn von 2,6 Milliarden Dollar im Jahr 2010 ist der Konzern locker in der Top 10.
Aviva (Großbritannien)
Weltweit hat der Konzern aus London 35 Millionen Kunden und rund 45.000 Mitarbeiter. Insgesamt kamen die Briten im Jahr 2010 auf einen Umsatz von 90,2 Milliarden Dollar und einen Gewinn von 2,26 Milliarden Dollar.
UnitedHealth (USA)
Im Bereich der Krankenversicherung gehört das Unternehmen aus der Kleinstadt Minnetonka (Minnesota) zu den größten der Branche. Weltweit beschäftigt der Konzern 87.000 Mitarbeiter, die einen Umsatz von 94,15 Milliarden Dollar erwirtschaften.
American International Group (USA)
Die New Yorker waren lange der größte Erstversicherer der Welt. In der Finanzkrise mussten sie dann sogar mit Steuergeldern gerettet werden. 2010 haben die Amerikaner rund 104,4 Milliarden Dollar umgesetzt.
Assicurazioni Generali (Italien)
Schon Franz Kafka gehörte kurzzeitig zu den Angestellten des traditionsreichen Versicherers aus Triest. Die Italiener gehören bis heute zu den führenden Versicherungskonzernen weltweit, 2010 kamen sie auf einen Umsatz von 120,2 Milliarden Dollar.
Allianz (Deutschland)
Der größte deutsche Versicherungskonzern schafft den Sprung auf das Treppchen. Von München aus steuert der Konzern 151.338 Mitarbeiter weltweit und erwirtschaftete so einen Umsatz von 127,38 Milliarden Dollar im Jahr 2010.
Berkshire Hathaway (USA)
Mit dem schillernden Investor Warren Buffett an der Spitze, ist US-Beteiligungsgesellschaft vor allem im Versicherungsgeschäft tätig. Die Amerikaner gehören zu den profitabelsten Konzernen des Landes. 2010 wurde ein Umsatz von 136,18 Milliarden Dollar erwirtschaftet.
AXA (Frankreich)
Der größte Versicherungskonzern der Welt hat seinen Hauptsitz in Paris. Insgesamt verwalten die rund 103.000 Mitarbeiter ein Vermögen von 1,38 Billionen Dollar. Allein im Jahr 2010 wurde ein Umsatz von 162,2 Milliarden Dollar eingefahren.
Trotzdem: Die niedrigen Zinsen müssen doch extrem schmerzen.
In einem Umfeld, in dem wenig zu verteilen ist, kommt uns unsere Größe zugute. Wir haben am Neugeschäft bei Lebensversicherungen in Deutschland einen Anteil von 23 Prozent mit steigender Tendenz. Wir arbeiten zur Hälfte der Kosten des Marktes und erwirtschaften im Schnitt bei der Kapitalanlage 50 Basispunkte mehr Rendite als die Wettbewerber.
Könnten mittelfristig einige kleinere Versicherer wegen der niedrigen Zinsen vom Markt verschwinden?
Die Situation wird sicherlich nicht einfacher, wenn wir für lange Zeit einen realen Nullzins haben. In einem normalen Umfeld ist das System sehr resistent, auch wegen der harten Regulierung in Deutschland. Wenn allerdings die Menschen den Glauben an die Lebensversicherung verlieren würden und das Neugeschäft dauerhaft einbricht, wird es für die Industrie schwieriger.
Im vergangenen Jahr sind die Neubeiträge der Allianz beim Geschäft mit Lebensversicherungen geschrumpft. Wie wird sich das Neugeschäft für Lebensversicherungen 2013 entwickeln?
Für die Allianz erwarten wir, dass sich das Neugeschäft 2013 ähnlich wie im Vorjahr entwickeln wird.