3000 Tonnen Abfall Malaysia schickt reichen Ländern ihren Müll zurück

Müllexporte nach Malaysia: Land schickt reichen Ländern Tausende Tonnen Müll zurück Quelle: dpa

3000 Tonnen dreckigen Mülls will Malaysia in seine Herkunftsländer zurück schicken. Darunter die USA, China, Kanada. Das Land versinkt, wie andere Länder Südostasiens, langsam im Müll und will nun gegensteuern.

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Malaysias Umweltministerin Yeo Bee Yin steht mit Warnweste und Schutzhelm neben einem geöffneten Hochseecontainer. Darin: verseuchter Abfall aus illegalen Aufbereitungsanlagen Malaysias. 60 dieser Container stehen vollgepackt in einem Hafen außerhalb Kuala Lumpurs. Beladen mit insgesamt 3000 Tonnen Müll. Zehn dieser Container sollen innerhalb der nächsten zwei Wochen zurückgeschickt werden. Dahin, wo dieser Müll verursacht wurde. In den Containern befinden sich etwa Kabel aus Großbritannien, verunreinigte Milchtüten aus Australien und CDs aus Bangladesch. Journalisten vor Ort bekamen außerdem Elektroschrott und Haushaltsabfall aus den USA, Kanada, Japan, Saudi-Arabien und China zu sehen. Der Müll aus China scheine ursprünglich aus Frankreich zu stammen und nach dem Einfuhrverbot der Volksrepublik umgeleitet worden zu sein, sagte Yeo. „Dies ist wahrscheinlich nur die Spitze des Eisbergs wegen des Plastikmüll-Verbots Chinas“, ergänzte sie.

Anfang 2018 hat China die Importe von Kunststoffabfällen zum Recycling stark eingeschränkt. Infolgedessen landen diese Abfälle in anderen Ländern, etwa Malaysia, Indonesien, Vietnam, Thailand und Indien. Yeo nannte das Beispiel eines britischen Recycling-Unternehmens, das in den vergangenen zwei Jahren mehr 50.000 Tonnen Plastikmüll in etwa 1000 Containern nach Malaysia gebracht habe.

Auch aus Deutschland landet Müll auf illegalen Deponien in Malaysia. Recherchen der WirtschaftsWoche und des ZDF-Magazins „Frontal 21“ zeigten im Februar dieses Jahres, dass auch deutsche Entsorger Kunststoffabfälle nach Asien verschiffen, wo der Müll dann auf illegalen Deponien landet. Auf solchen Müllkippen vor Ort fanden Reporter tonnenweise Plastikmüll von Haushalten und Gewerben aus Deutschland. „Das ist ein Missstand, unter Umständen auch kriminell, da muss man dagegen vorgehen“, kommentierte Jochen Flasbarth, Staatssekretär im Bundesumweltministerium, damals die Rechercheergebnisse gegenüber der WirtschaftsWoche.

Baseler Übereinkommen gegen fragwürdige Müllexporte

Ein Schritt, die Müllexporte auszubremsen, wurde möglicherweise Mitte Mai mit dem Baseler Übereinkommen gemacht. 187 Länder vereinbarten darin neue Vorschriften für den weltweiten Handel mit Plastik-Abfall, die dabei helfen sollen, das Müllproblem in den Griff zu bekommen. Konkret einigte man sich darauf, dass ab 2021 nur noch sortierter, gereinigter und wiederverwertbarer Plastikmüll gehandelt werden darf. Für den Export anderer Plastikabfälle wird künftig weltweit eine Zustimmung der Behörden der Export- und der Importstaaten erforderlich sein. Kurzum: ein Exportstopp für verschmutzte und fragwürdige Plastikabfälle. Künftig dürften demnach nur noch Abfälle verschifft werden, die sich in Ländern wie Malaysia und Indonesien auch verwerten lassen.

„Die schärferen Exportregeln des Baseler Übereinkommens sind ein großer Fortschritt und eine wirksame Handhabe gegen den zunehmenden Meeresmüll“, verkündete Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) bei der Bekanntgabe. Dadurch sei ein Exportstopp für verschmutzte und fragwürdige Plastikabfälle aus der EU nach Asien und Afrika möglich, kommentierte Schulze zu der Vereinbarung. Bundesentwicklungsminister Gerd Müller (CSU) setzte der Bundesrepublik ein konkretes Ziel: Die EU solle solch ein Exportverbot während der deutschen EU-Ratspräsidentschaft in der zweiten Jahreshälfte 2020 umsetzen.

Für den Erfolg der Vereinbarung sei entscheidend, dass die 187 Länder konsequent blieben bei dem Vorhaben, sagt Greenpeace-Experte Manfred Santen: „Der Erfolg des Beschlusses hängt nun von funktionierenden Kontrollen ab, sowohl im Plastikmüll exportierenden Europa, als auch in den Müll importierenden Ländern Südostasiens oder neuerdings auch der Türkei oder Indien.“

Ein mittlerweile fast normales Manko hat das Abkommen schon jetzt: Die USA, weltweit größer Exporteur von Plastikmüll, waren nach Angaben der Nicht-Regierungsorganisation Ciel (Center for International Environmental Law) gegen den Schritt. Da sie nicht Teil des Basler Übereinkommens sind, werde dies ihre Exportmöglichkeiten nur in bestimmte Entwicklungsländer behindern, hieß es von Seiten der NGO.

Auf etwaige Fortschritte des Abkommens allein möchte sich Malaysia ohnehin nicht verlassen. Mit seinem öffentlichkeitswirksamen Vorgehen will das Land nach eigenen Angaben vermeiden, zu einer Müllhalde reicherer Länder zu werden. Das chinesische Verbot habe „der Welt die Augen geöffnet, zu sehen, dass wir ein riesiges Müll- und Recycling-Problem haben“, sagte Umweltministerin Yeo mit Blick auf die Container voller Plastikmüll. „Wir rufen die entwickelten Länder auf, ihre Plastikmüllentsorgung zu überprüfen und Abfall nicht mehr in Entwicklungsländer zu transportieren.“ Derartige Praktiken seien „unfair und unzivilisiert“.

Mit Material von AP und dpa

Wie Malaysia gegen die Müllberge kämpft
Dieser Berg aus Müll hat die 30.000-Einwohner-Stadt Jenjarom bekannt gemacht, in Malaysia und weit darüber hinaus. Neben einer Palmölplantage haben Unbekannte Tonnen über Tonnen von Plastik aufgeschüttet. Auf den zwei Hektar Land stapeln sich die Kunststoffabfälle Meter hoch. Hier fanden Journalisten der WirtschaftsWoche Verpackungen für Pizza-Käse, Kochschinken, Süßigkeiten, sogar schwäbische Maultaschen aus Deutschland. Auch jede Menge französische oder amerikanische Spezialitäten sind auf diesem Berg zu finden.Plastik fürs Paradies: Wie Plastikmüll von Aldi & Co. in Asien landet, können Sie hier lesen. Quelle: Ahmad Yusni für WirtschaftsWoche
In der Fabrik nebenan gab es vor wenigen Wochen ein großes Feuer. Die Schmuggler haben versucht, ihre Spuren zu verwischen, vermuten die Anwohner. Die illegalen Recycler in der Gegend verbrennen regelmäßig ihre Reste, vor allem nachts. Dabei kann der Rauch giftig sein. Quelle: Ahmad Yusni für WirtschaftsWoche
Die Behörden versuchen, die illegalen Fabriken dicht zu machen. Über 100 Razzien hat das Umweltministerium angekündigt. Nicht nur wegen des Rauchs. Die Fabriken nutzen auch keine Wasser- oder Luftfilter. Chemikalien und Dreck geraten deshalb in die Umwelt. Quelle: Jacqueline Goebel für WirtschaftsWoche
Eine Plane soll vor neugierigen Blicken schützen. Reihen von Säcken stapeln sich dahinter, das meiste randvoll mit Plastik. Es handelt sich um Gewerbeabfälle: Produktionsrückstände, Randschnitte, Fehlchargen. Auf den Säcken sind japanische, türkische und auch deutsche Schriftzüge zu lesen. Quelle: Jacqueline Goebel für WirtschaftsWoche
Eine Polizistin steht vor Ballen mit Gehäusen von alten Fernsehern und anderen Elektrogeräten. Die Maschinen werden in Europa zerlegt, dann werden die billigen Plastikreste ins Ausland gekarrt. So ist es seit Jahrzehnten. Früher gingen Lieferungen wie diese vor allem nach China. Doch vor einem Jahr hat China einen Importstopp erlassen, die Grenzen sind dicht. Nun schlägt dieser Müll auf einmal in Malaysia auf. Und auch die chinesischen Kriminellen, sagen manche. Quelle: Jacqueline Goebel für WirtschaftsWoche
In winzigen Wohncontainern hausten die Arbeiter auf dem Gelände der illegalen Fabrik. Auch sie waren wahrscheinlich illegal hier, vermuten die Ermittler. Oft kommen Arbeiter aus Indonesien oder Bangladesch. Tag und Nacht nahmen sie den Schrott auseinander, und das für 900 Ringgit im Monat – nicht mal 200 Euro. Quelle: Jacqueline Goebel für WirtschaftsWoche
Pua Lay Peng ist in Jenjarom aufgewachsen. Sie will ihre Heimatstadt schützen. Deshalb gründeten sie und ihre Nachbarn die Kuala Langat Environmental Protection Association. Mit Rollern und einer Drohne erkundschafteten sie die Gegend. Sie fanden mehr und mehr Fabriken und Deponien. Im November machte die Organisation mit der Hilfe von Greenpeace öffentlich, was in ihrer Heimat geschah.Plastik fürs Paradies: Wie Plastikmüll von Aldi & Co. in Asien landet, können Sie hier lesen. Quelle: Ahmad Yusni für WirtschaftsWoche
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