Andere Länder - andere Sitten Etikette macht Karriere

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Japan

Baden

Japaner entspannen nach Verhandlungen gerne in Bädern. Selbst wer vorher geduscht hat, muss sich – für alle sichtbar – gründlich abseifen. Berührungen Umarmen, Schulterklopfen, Händeschütteln sind außer bei Trinkgelagen unüblich. Man hält Distanz. Wer in diese Distanzzonen eindringt, löst tiefes Unbehagen aus. Ehepartner Werden nicht in geschäftliche Dinge einbezogen. Dennoch erwarten Japaner, dass der Gast abends ausgeht – je nach Spesenkonto gar zum Geisha-Abend. Nach japanischer Denke werden privaten und dienstlichen Interessen niemals die gleiche Priorität eingeräumt – Job geht vor. Geschenke Nie ein Messer, eine Schere oder einen Brieföffner verschenken – Signal für eine Trennung! Achtung anzüglich: Abbildungen von Füchsen oder Dachsen. Sie symbolisieren Fruchtbarkeit beziehungsweise Hinterhältigkeit. Präsente werden mit der Formel „Es ist zwar wertlos, nehmen Sie es aber bitte trotzdem an!“ überreicht. Der Beschenkte legt das Mitbringsel ungeöffnet beiseite – alles andere zeugt von Habgier. Grüner Tee Wird oft nach Mahlzeiten gereicht und pur getrunken. Bitte keine Milch oder Zucker hineingeben! Kleinere Teeblätter am Schalengrund sind normal. Ein aufrecht stehendes Teeblatt gilt als Glücksbote. Zeigen Sie, dass Sie es bemerkt haben! Harmonie Streiten Sie nie! Japaner lehnen offene Konflikte ab. Unterdrücken Sie persönliche Gefühle, sie zu verbalisieren oder sich anmerken zu lassen, ist unfein. Hierarchie Angemessene Respektbezeugungen haben einen solchen Stellenwert, dass zwei Japaner schwer miteinander umgehen können, solange die Rangfolge ungeklärt ist. Auch dazu dienen Geschäftskarten: Je weniger Titel auf der Karte stehen, desto höher der Mann. Ist nur der Name aufgedruckt, sollte man ihn kennen. Karaoke Die Einladung in eine Karaoke-Bar darf man nicht absagen. Punkte sammelt, wer deutsche Volkslieder trällern kann. Wem das zu peinlich ist, sollte eine Ersatzshow bieten: Trommeln oder Zungenbrecher vom Typ „Fischers Fritze“. Kleidung Faustregel: teures Tuch, dezentes Design, Damen wie Herren. Japaner achten enorm auf Qualität. Schludrige Kleidung wird schnell als Nichtachtung gelegt. Auch auf Socken achten! Vor allem beim Sitzen auf Tatami-Matten, bei dem die Schuhe ausgezogen werden. Komplimente Mit „Ihre Präsentation war super!“ stürzen sie Japaner in Sinnkrisen. Das wird als Ausrede missverstanden. Wer loben will, verweist auf eigene Schwächen statt auf Großtaten des anderen. Die Bestform: den anderen um Rat fragen. Prestige Gute Hotels sind in Japan teuer, signalisieren aber, dass Sie solvent sind. Genauso bei Flug- oder Zugklassen. Gespart wird in Japan intern, wenn es keiner merkt. Wer sich gar einen Mietwagen mit Fahrer leistet, beweist professionelle Noblesse. Rechnung Wenn Sie nicht wollen, dass Japaner bezahlen, müssen Sie das dem Kellner sagen, sonst geht die Rechnung an den Einheimischen. Der würde sie nie weiterreichen. Auch nicht öffentlich prüfen. Es ist unfein, sich mit Gelddingen zu befassen. Reis Japan war lange Zeit ein armes Land, Reis das „tägliche Brot“. Zollen Sie ihm deshalb Respekt, indem Sie Ihre Portion bis auf einen Anstandsrest aufessen. Sitzordnung Sie ist streng und unbedingt zu beachten: Der Gast, dem die größte Ehre gebührt, wird so weit wie möglich von der Tür plaziert. Wird auf Tatami-Matten gesessen, ist der Schneidersitz angebracht. Hinfläzen wäre vulgär. Stäbchen Wer damit umgehen kann, genießt Hochachtung. Falsch ist, die Stäbchen durch Stoßen auf den Tisch wieder gerade zu rücken. Ganz tabu: mit dem Essgerät herumfuchteln oder im Essen herumrühren. Taxifahren Regel 1: Fassen Sie keine Tür an! Die hinteren Türen werden vom Fahrer mechanisch geöffnet. Regel 2: Taxifahrer sprechen selten Englisch. Deshalb vom Hotel oder Betreuer auf Japanisch aufschreiben lassen, wohin man will. Telefonieren Japaner lächeln beim Telefonieren oder verbeugen sich dabei. Sie glauben, der andere hört diese Ehrerbietung. Deshalb: Lassen Sie den anderen zuerst auflegen. Alles andere wäre ungezogen. Trinken Einsames Trinken ist verpönt. Selbst zu fortgeschrittener Stunde nie selbst das Glas füllen! Stattdessen schenkt man sich gegenseitig nach. Sakeschalen werden vorher leer getrunken. Trunkenheit wird in Japan eine einzigartige Toleranz entgegengebracht: Nur in diesem Zustand darf man ungestraft seine Meinung sagen. Verbeugen Sagen viel über den Status einer Person. Wer sich tiefer und länger verbeugt, zeigt dem anderen Respekt. Nehmen Sie das Ritual hin, aber machen Sie nicht mit, da Sie die Regeln, wer sich in welchem Grad verneigen muss, nicht kennen. Ein freundliches Kopfnicken reicht völlig. Visitenkarten Nie aus der Gesäß- oder Hosentasche zotteln! Sie stecken in einem respektablen Etui und das im Jackett. Schon die Marke der Lederhülle sagt etwas über den Besitzer. Übergeben Sie die Karte sorgsam mit der rechten Hand, besser mit beiden Händen und teilen Sie diese nie aus wie Pokerkarten! Das Ritual, sich über die Aussprache der Schriftzeichen und deren Bedeutung zu verständigen, erwartet keiner – zeugt aber von Kulturverständnis.

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