Börsenwoche 392: Editorial Zukunftsfähige Altersvorsorge bleibt Eigenverantwortung

Wer sich nicht auf die gesetzliche Rente verlassen will, muss selbst aktiv werden. Junge Menschen haben das einer Umfrage des Bundesverbands deutscher Banken zufolge verstanden. Quelle: Imago

Deutsche Anleger stellen einer Umfrage des Bundesverbands deutscher Banken zufolge Sicherheit über Rendite. Warum wir Aktien im Depot für unverzichtbar halten und welches Asset weiterhin unterschätzt ist. Ein Kommentar.

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Die Marktforscher von Kantar dürften Mitte Dezember Mühe gehabt haben, gut gelaunt in den Feierabend zu gehen. Ihre Aufgabe im Auftrag des Bundesverbands deutscher Banken: eine Umfrage zum Anlageverhalten der Deutschen. Die Stimmung unter Anlegern war nach dem schwachen Börsenjahr erwartbar miserabel, weniger als ein Drittel ist mit seinen Investments zufrieden. Die Kantar-Mitarbeiter werden es überstanden haben. Aber wie steht es um die seit dem Coronacrash zart herangewachsene Anlagekultur in Deutschland?

Angesichts der jüngsten Börsenschwäche überraschend gut, wie die Umfrageergebnisse zeigen. Während der Anteil der Anleger insgesamt relativ stabil blieb, steigt er bei 18- bis 29-Jährigen kontinuierlich – auch im vergangenen Jahr. Richtig so, Leute! Denn gerade meine Generation steht vor einem langen Berufsleben mit drohenden Finanzdebakeln, gespeist aus überbordenden Rentenbeiträgen und einem krisenbedingt immer größer werdenden Schuldenberg.
Im Bundesfinanzministerium ist guter Rat angesichts des Rentendilemmas offenbar unbezahlbar. Deutschland hat eine leistungsfähige Wirtschaft, das Geld reicht für ein umverteilendes Sozialsystem. Trotzdem ist das Rentensystem grundmarode – sicher ist nur, dass die Rente langfristig auf wackligen Beinen steht. Und dass eine Reform dringend her muss. Der nun angesetzte Kleckerbetrag von zehn Milliarden Euro für die Aktienrente sind eine Enttäuschung für alle, die auf die versprochene Zeitenwende gehofft hatten. Wer sich nicht auf die gesetzliche Rente verlassen will, muss selbst aktiv werden. Junge Menschen haben das verstanden.

Die beliebtesten Anlageprodukte der Befragten waren in den vergangenen zwei Jahren Fonds und Sparpläne. Die zuletzt starken Schwankungen an der Börse scheinen sie allerdings verschreckt zu haben: Einen größeren Betrag würden Anleger dieses Jahr bevorzugt in Immobilien oder Gold investieren. Einzelne Aktien betrachtet gut die Hälfte der Befragten als ungeeignet für die Altersvorsorge. Dafür werden Tages- und Festgeld wieder beliebter. Das passt zu den primären Investmentzielen der Befragten: Zwei Drittel stellen Sicherheit über Rendite.

Besonders junge Anleger sollten sich daran allerdings kein Beispiel nehmen. Denn Berufseinsteiger verdienen vergleichsweise wenig, haben dafür aber mehr Zeit, um sich mit Geldanlage auseinanderzusetzen – und um zwischenzeitliche Kursschwankungen auszusitzen.

Die Wiederentdeckung des Jahres sind Anleihen. Während vergangenes Jahr nur jeder Zehnte festverzinsliche Wertpapiere gekauft hätte, würde nun immerhin jeder Vierte dort investieren. Anleihen haben durch die Zinswende ihr Chance/Risiko-Profil deutlich verbessert – selbst Titel mit Top-Bonität bieten nominal solide Erträge. US-Staatsanleihen mit einer Laufzeit von zehn Jahren beispielsweise bringen aktuell 3,5 Prozent Rendite, zweijährige sogar 4,1 Prozent. Wir schätzen Stabilität im Depot und haben die Gelegenheit genutzt, um unseren Anleiheanteil sukzessive aufzustocken – auf immer noch niedrigem Niveau. Denn langfristiger Werttreiber bleiben, trotz höherer Zinsen, Aktien.

Ich wünsche Ihnen eine erfolgreiche Woche an der Börse.
Ihr Lukas Schmitt

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