James Pillans lehrt Erdkunde und ist begeistert von seiner jüngsten medialen Errungenschaft. „Als Erstes habe ich die Topografie Spaniens dargestellt“, berichtet er, „ich lud die Schüler ein, sich mit mir auf eine imaginäre Reise über die Berge zu begeben, mit mir eine Schifffahrt über die Flüsse zu machen.“ Mit großem Erfolg: „Das gleichzeitige Ansprechen von Ohr und Auge hat sie so beeindruckt, dass sie sich sofort daranmachen wollten, meine Darstellung zu kopieren.“
Das Medium, von dem Pillans schwärmt, wird Schulen rund um die Welt mit einer neuen Dimension versehen: die Schiefertafel. Es ist 1854, als der Schotte Pillans, inzwischen Professor in Edinburgh, über seine früheren Erfahrungen als Lehrer das Werk „Physical and Classical Geography“ schreibt und dabei als Erster eine Tafel erwähnt. Innerhalb weniger Jahre breiten sich die schwarzen Bretter rund um den Globus aus. Es ist eine Revolution, die den mündlichen Vortrag um eine visuelle Dimension ergänzt. Diese Zweidimensionalität hat 150 Jahre gehalten, doch jetzt steht die nächste Erneuerung bevor: der Einzug der digitalen Dimension.
Schweinezyklus bei Schulungstechnik
Über Jahrzehnte hielten sich Schulträger im Umgang mit neuen Medien streng an die der Institution eigenen Art des Schweinezyklus: Wenn es neue Technik gab, stand man ihr so lange skeptisch gegenüber, bis der Einfluss sich nicht mehr leugnen ließ. Wenn man sich dazu entschied, neue Geräte anzuschaffen, hatte der Markt längst die nächste Innovation hervorgebracht, die Geräte wurden kaum genutzt. So war es beim Videorekorder und DVD-Spieler, bei Computer und Laptop. Die meisten deutschen Schulen verfügen über die Geräte, doch zum Einsatz kommen sie kaum.
Doch was jetzt passiert, wird durch Aussitzen wohl nicht aufzuhalten sein. Am Ende werden digitale Medien vom seltenen Highlight zusehends zum festen Bestandteil des Schulunterrichts geworden sein. Vielleicht ist die Plattform des Lernens statt des Papiers bald der Touchscreen. Noch ist es zu früh, um ein abschließendes Urteil darüber zu fällen, ob und wann es so kommt. Doch dass etwas Großes in Bewegung kommt, ist unübersehbar. Gerade hat Apple zur Bildungsoffensive geblasen, das iPad soll auch in Schulen zum Verkaufsschlager werden. Die Ende Januar lancierte Software iBookAuthor ist die erste offene Plattform für die Entwicklung von Schulbüchern. In den USA haben bereits die drei wichtigsten Verlage begonnen, ihre Produkte über den Apple-Marktplatz iTunes zu vertreiben. Schon heute werden in den USA mit digitalen Bildungsinhalten schätzungsweise 2,2 Milliarden Dollar pro Jahr umgesetzt. In Deutschland ziehen die Schulbuchverlage nach: Ab dem Sommer werden die großen Verlage ihre Produkte auf einer gemeinsamen Plattform digital vertreiben. Bildungsvorreiter wie Südkorea haben die Arbeit mit digitalen Büchern bereits für verpflichtend erklärt.
Auch Pillans Tafel steht zur Disposition. In den USA ist das berührungsempfindliche Whiteboard in manchen Bundesstaaten bereits flächendeckend an seine Stelle getreten. Der Marktführer Smart hat 2011 mehr als 400 000 Geräte verkauft. Mit deren Hilfe können Lehrer Videos einspielen, Internet-Seiten öffnen und zugleich Notizen an die Wand werfen. Auch hierzulande verfügen laut einer Umfrage aus dem vergangenen Jahr mehr als 60 Prozent der Schulen zumindest über ein solches Gerät, fünf bis zehn Prozent haben ihre Schulen bereits komplett auf die neue Darstellungsform umgestellt. In Rheinland-Pfalz und Berlin laufen Programme, die alle Schulen mit Whiteboards ausstatten sollen.