Update für die Immobilienrente Warum Start-ups jetzt im großen Stil Häuser von Senioren kaufen

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Unser Haus soll wertvoller werden

Aus der angeblich simplen Kalkulation wird allerdings schnell ein kompliziertes Rechenspiel. „Wirtschaftlich gesehen gibt man das Haus bei Leibrenten recht leichtfertig aus der Hand“, warnt Verbraucherschützer Mai. „Denn die Rechenmodelle im Hintergrund sind knallhart kalkuliert und auf Rendite der Anbieter optimiert.“ Schon die Bewertung unterschiedlicher Gutachter könne mehrere Zehntausend Euro Unterschied ausmachen. Besonders riskant ist die Auszahlung als monatliche Rente: Denn in manchen Konstellationen summiert sich die monatliche Zahlung erst nach vielen Jahren zu einer stattlichen Summe – sterben die Immobilien-Verkäufer früh, macht die Kauffirma ein richtig gutes Geschäft. 

Interessenten gibt es dennoch einige: Anfragen für einen Beratungstermin erreichten die Verbraucherzentrale im Wochentakt, berichtet Mai. Größere Streitfälle erlebt der Finanzexperte dabei noch nicht – der Markt ist jung und die meisten Anbieter sind in der Ankaufphase. „Streitfälle etwa zur Instandhaltung werden wir wahrscheinlich erst in ein paar Jahren erleben“, sagt Mai. Vereinzelt jedoch nutzen schwarze Schafe in der Branche die Unerfahrenheit der älteren Generation aus. Das kann bis zum Verlust des Zuhauses führen.

Ein häufiges Schlupfloch bei unseriösen Angeboten: Das lebenslange Wohnrecht wird versprochen, aber nicht im Grundbuch oder Kaufvertrag abgesichert. Oder die vereinbarte Überweisung bleibt aus, weil der Käufer abtaucht. „Ich würde immer ein Modell mit Einmalzahlung statt einer laufenden Rente bevorzugen“, sagt Mai. „Dann habe ich die Chance, damit zu planen – egal was mit dem Anbieter passiert.“ Außerdem rät er, sich gut vorzubereiten: Immer mehrere Angebote einzuholen und den Vertrag zusätzlich zum Notar von einem Fachanwalt prüfen zu lassen.


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Auf diese Überweisung des gesamten oder anteiligen Kaufpreises setzen die neuen Anbieter GNIW und Heimkapital. Sie wissen, dass sie sich von fragwürdigen Praktiken scharf abgrenzen müssen, wenn sie wachsen wollen wie geplant.  Man setze auf „Transparenz, ein faires Produkt und die Übereinstimmung der Interessen“, betont Heimkapital-Gründerin Schabert. Ihr Kalkül: Die Eigentümer oder Erben, die beim Teilverkauf die Mehrheit behalten, wollen ja irgendwann den bestmöglichen Preis für die restlichen Anteile erzielen – und kümmern sich daher rührig um die Instandhaltung.

Auch GNIW-Initiator Seeger setzt auf einen Vertrauensvorschuss für die ehemaligen Hausbesitzer. „Die meisten wollen die Immobilie, die ja eben noch ihre war, weiter genauso behandeln“, sagt Seeger, der zuvor das Supermarkt-Spendenprojekt „Deutschland rundet auf“ ins Leben rief. „Wenn die was mit ihrem Haus machen, dann machen sie es ja schöner und wertvoller.“

Gerade in größeren Städten – jenseits der überhitzen Regionen wie München oder Hamburg – sucht er mit seinem Team aktuell nach potenziellen Verkäufern. Kooperationen mit regionalen Geldinstituten oder dem Online-Makler Homeday sollen zusätzlich für attraktive Angebote sorgen. Die richtige Rendite kommt dann mit einer Wertsteigerung, wenn das übernommene Haus frei wird und verkauft wird. Das kann mit dem Tod der Verkäufer passieren, kann aber auch viel früher geschehen, sagt Seeger: „Manche kommen dann doch die Treppen nicht mehr hoch oder der Garten wird ihnen zu viel“. In einem Fall ging die Wette der jungen Firma bereits zügig auf: Ein Haus bei Aachen etwa verließen die Verkäufer schon wenige Monate, nachdem GNIW das Geld überwiesen hatte. Und die Gesellschaft ging bei dem erneuten Verkauf mit einem guten Gewinn raus.

Mehr zum Thema: Leere Büros, geschlossene Hotels, verödete Einkaufszentren: Der Markt steht wegen Corona vor einem massiven Preiseinbruch – und viele Fondsanleger könnten Geld verlieren.

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