Online-Bewerbung Worauf es bei der Bewerbung ankommt

Bewerbung digital: Immer mehr Unternehmen setzen auf Online-Formulare und Online-Assessment Center. Wie aber hebt man sich online von anderen ab? Die Tipps der Bewerbungsexperten Maja Skubella und Olaf Kempin.

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So sieht das perfekte Bewerbungsbild aus
Insgesamt 65 Kandidaten haben bei unserer diesjährigen Fotoaktion mitgemacht. Unsere Expertin hat jeden einzelnen Kandidaten analysiert. Die Ergebnisse im Einzelnen: "Ja, der Dreitagebart… Im Endeffekt müssen es die Bewerber selber wissen, weil es nun einmal den Geschmack und das eigene Auftreten darstellt. Allerdings muss der Kandidat damit rechnen, dass es gerade den älteren, gesetzteren Entscheidern nicht so gut gefallen könnte. Der Kandidat müsste für das perfekte Bild noch ein Stück nach links rücken."
"Offener, selbstbewusster und freundlicher Blick, sehr gut! Bekleidung auch sehr ansprechend. Ich gebe nur zu bedenken, dass das gegelte Haar auf Missfallen und Missverständnis stoßen könnte und dies Einfluss auf den Bewerbungsverlauf nehmen kann".
"Ich empfehle, dass farbige Foto zu wählen. Sehr sympathische Ausstrahlung, aufgeschlossen und offener Blick. Das farbige Foto ist am ausdrucksstärksten, die Farben, auch der Hintergrund sind gut gewählt. Was mir bei dem Foto nicht so gut gefällt: Es ist nicht mittig, sie ist zu weit links. Das fällt sofort ins Auge."
"Sehr gut, alles ist stimmig. Positive Ausstrahlung, passende Bekleidung."
"Auf der rechten Seite ist leider ein Schatten und ich empfehle, ein Sakko fürs Foto zu tragen. Besser ein Sakko ohne Krawatte als andersherum. Ansonsten sympathisches Gesamterscheinungsbild."
"Mir gefällt die Farbwahl, die Ausstrahlung ist toll, die Augen strahlen sympathisch. Nur die Haltung finde ich nicht sehr vorteilhaft."
"Fakt ist, er hat auf dem Foto eine freundliche Ausstrahlung. Verbesserungsvorschläge: Die Ausleuchtung ist nicht optimal, am Hals ist ein Schatten und links oben ein heller Fleck. Ich würde für das Foto den Bart rasieren (wächst ja wieder) und ein helleres Hemd, eventuell weiß empfehlen. Muss man natürlich ausprobieren, kann ich auch nur vermuten, da ich es nicht gesehen habe."

Ob Assessment Center oder Formular – immer mehr Bewerbungsprozesse laufen digitalisiert ab. Entsprechend standardisiert sind auch die Formate. "Laden Sie bitte hier Ihr Foto hoch, sprechen Sie jetzt in die Kamera, laden Sie Ihren Lebenslauf als Pdf hoch, vielen Dank, wir melden uns." Viel Raum für Individualität bleibt da nicht. Der jungen Generation macht das wenig aus. Laut dem unicensus kompakt 2015 haben 66,1 Prozent der Studenten keine Angst vor einem Online-Assessment Center und 30 Prozent sagen, dass das Online-Formular ihr Lieblingsbewerbungsformat ist. Wo kein Platz für Kreativität ist, entstehen auch weniger Fehler.

Welche Unternehmen beim Online-Recruiting vorne liegen

Wie aber hebt man sich im Bewerbungsprozess - unabhängig vom Medium - von anderen ab und verhindert, dass die eigene Bewerbung zum Standard wird? Bewerbungs-Coach Maja Skubella und Olaf Kempin, Gründer und Mitinhaber des Personaldienstleisters univativ, wissen, wie es funktioniert.

Worthülsen vermeiden

Bewerber müssen mehr bieten, als fachliches Know How, sie müssen auch menschlich überzeugen und ins Team passen. Die Bewerbung allerdings mit leeren Worthülsen zu schmücken, ist nicht zielführend, wie die studierte Kommunikationswirtin Skubella sagt. "Wer würde sich nicht als teamfähig, flexibel oder zuverlässig beschreiben?" Um positiv aufzufallen, sollten Bewerber diese Phrasen statt dessen mit Inhalt füllen.

Sie sind ein Experte im Rechnungswesen? Dann schreiben Sie nicht, dass Sie sehr versiert sind, sondern, dass Sie Kenntnisse der Rechnungslegungsvorschriften nach HGB und IFRS haben, genauso wie gute Kenntnisse in SAP-FI, oder DATEV, rät die Berufs- und Bewerbungs-Beraterin bei Karriere & Entwicklung und Leiterin der Plattform Kexpa.

Wer dagegen im Vertrieb arbeitet, sollte seine Freude am Umgang mit Menschen und sein diplomatisches Kommunikationsgeschick betonen. "Jede praktische Tätigkeit ist besser als reine Theorie", fasst Kempin zusammen. "Wenn ich ein kommunikativer und kreativer Mensch bin, kann ich das womöglich mit einem eigenen Blog belegen oder der freien Mitarbeit auf einem Bauspielplatz."

Selbst Berufseinsteiger, die noch nicht anhand ihrer letzten Jobs Kreativität oder Teamfähigkeit belegen können, brauchen sich nicht zu verstecken. "Leiter bei den Pfadfindern, Trainer einer Jugendgruppe oder Thekendienst in einem Restaurant? Auf den ersten Blick erscheinen diese Nebenjobs vielleicht nicht relevant, sie zeigen allerdings Führungsqualität, Organisationstalent und die Fähigkeit im Team zu arbeiten und das nicht nur theoretisch, sondern bewiesenermaßen im realen Leben", wie Kempin weiß.

Tipps für den ersten Satz im Bewerbungsschreiben

Verbindungspunkte herstellen

Obwohl Bewerber heute längst keine Bittsteller mehr sind, die ihre Arbeitskraft zu Markte tragen und darauf hoffen müssen, dass ein Unternehmen sie erwählt, sollten Bewerber schon die Frage beantworten können, warum das Unternehmen gerade sie einstellen sollten. Kandidaten sollten versuchen, eine Beziehung zum Unternehmen und zur konkreten Stelle aufzubauen: "Plant das Unternehmen zum Beispiel eine Erweiterung des Geschäfts in den osteuropäischen Markt, könnte man seine Russischkenntnisse oder den Schwerpunkt Osteuropa in der Bachelor-Thesis hervorheben", so Skubella.

Grundregeln für digitale Bewerbungen

Auch Bewerber, deren Lebenslauf alles andere als glatt verlaufen ist, sollten sich nicht entmutigen lassen, sondern die Methode des Storytellings in Bewerbungsschreiben anwenden, rät Skubella. "Dabei geht es nicht darum, Geschichten zu erfinden, sondern seine Person mit einer auf das Unternehmen zugeschnittenen emotionalen Botschaft zu „verkaufen“."

Lücken oder negative Stationen im Lebenslauf sollte man im Anschreiben nicht erwähnen, sondern stattdessen erzählen, wieso man mit seinen bisherigen Erfahrungen als Mensch gewachsen ist und weshalb die Reise in gerade diesem Unternehmen weitergehen soll.

Fünf Tipps für den Lebenslauf

Zur Not können Bewerber auch erzählen, welchen persönlichen Bezug sie zum Unternehmen haben. Stammt das Lieblingsduschgel vielleicht aus dem Haus? Vielleicht hat der Bewerber etwas über das Unternehmen gelesen oder gehört, wodurch sein Interesse geweckt wurde, beispielsweise die Beteiligung an einem Umweltprojekt. "Die Begründung beim Storytelling muss nicht zwangsläufig mit der aktuellen oder vergangenen Position zusammenhängen, sondern vielleicht kommt das Interesse oder das Wissen auch aus einem Ehrenamt, aus einer privaten Leidenschaft oder aus einem Thema, welches man autodidaktisch behandelt, weil es einen so fesselt", sagt die Expertin.

Wer ein bisschen Farbe in die ansonsten eher drögen Lebensläufe bringen will, für den bieten sich laut Kempin bei der Online-Bewerbung verschiedene Möglichkeiten. "Inzwischen gibt es eine ganze Reihe von Tools, mit denen man seinen Lebenslauf attraktiv visualisieren kann. Vizualize.me oder re.vu sind nur zwei der unendlich vielen Werkzeuge mit denen beispielsweise aus dem eigenen LinkedIn-Profil mit wenigen Klicks ein Lebenslauf in Form einer ansprechenden Infografik erstellt werden kann", sagt er. "Bei einer solchen Bewerbung sieht der Personaler sicherlich ein zweites Mal hin und wird neugierig."

Die fünf Schritte zum Erfolg in digitalen Zeiten

Übertreiben an der richtigen Stelle ist in Ordnung

Denn ohne Selbstmarketing geht es so gut wie gar nicht mehr. Natürlich müssen Bewerber ehrlich sein, zeitgleich sollten sie sich aber auch bestmöglich verkaufen. Und das funktioniert nicht immer ohne Übertreibungen. "Geht es beispielsweise um die eigene Einstufung der Sprachkenntnisse, sollte man – im gesunden Rahmen - lieber eine Stufe nach oben greifen", sagt Skubella. Insbesondere weibliche Bewerberinnen neigen ihrer Erfahrung nach dazu, sich schlechter einzuschätzen. Damit reduzieren sie ihre Chancen auf dem Arbeitsmarkt. "Im Zweifelsfall gibt es immer die Möglichkeit, Studienkollegen oder vertraute Dozenten um eine realistische Einschätzung zu bitten."

Bei den Sprachkenntnissen aus "verhandlungssicher" "fließend" zu machen, ist außerdem noch kein Fauxpas. Aber: "Wenn das Gefühl aufkommt, hier leidet jemand an Größenwahnsinn, stellt sich die Frage, wie dieser Spieler mit dem Team harmonieren würde", gibt Kempin zu bedenken. Ganz davon zu Schweigen, dass die fachlichen Kompetenzen ebenfalls in Frage zu stellen sein könnten.

Was bei E-Mail-Bewerbungen zu beachten ist

Das Problem bei elektronischen Bewerbungen ist, dass an viel mehr Stellen Fehler passieren können, als bei der klassischen, schriftlichen Bewerbung. "Es fängt bei der Betreffzeile an und hört beim Anhang auf", weiß Skubell. Gerade bei Initiativbewerbungen stellt sich die Frage, was in die Betreffzeile soll. Skubella rät, anstatt "Bewerbung als Produktmanager" lieber "Experte für anspruchsvolles Produktmanagement" zu schreiben. Ist die Stelle dagegen offiziell ausgeschrieben, sollte man sich auf die Referenznummer und Stellenbezeichnung beziehen. Außerdem sollten E-Mail-Anhänge nicht größer als 4 MB sein. Wenn Arbeitsproben oder Zeugnisse den Rahmen sprengen, empfiehlt sich ein Dropbox-Link. Im journalistischen Bereich biete es sich an, auf den eigenen Blog oder Online-Veröffentlichungen hinzuweisen. "Was auf gar keinen Fall geht, sind ZIP-Dateien", so Skubella.

Auch die E-Mail-Adresse kann zum Fettnäpfchen werden. Gerade bei den Anbietern GMX, Web.de, Yahoo und Freenet ist Vorsicht geboten, da hier manchmal ungewollt Werbung und Gewinnspiele versendet werden. Skubella rät deshalb, ein E‐Mail‐Programm wie Outlook, Mozilla oder Outlook Express zu nutzen, über das die E-Mails fortan laufen. "Ebenso unprofessionell sind Fantasienamen und Zahlenkombinationen in der E-Mail-Adresse." Skubella rät dazu, sich für die Bewerbungsphase einen separaten E-Mail-Account anzulegen, falls man nicht auf "Superheld2015@gmx.de" verzichten kann. Denn auch bei digitalen Bewerbungen gilt: Wenn schon die Kleinigkeiten nicht stimmen, stehen die Karrierechancen eher schlecht.

Bei digital-affinen Jobs ist die Verlinkung auf Netzwerk-Profile fast schon ein Muss. Doch auch hier gibt es etwas zu beachten, wie Kempin weiß. Profile sollten immer auf dem neuesten Stand sein und wer sein Facebook-Profil angibt, sollte darauf achten, nicht mit peinlichen oder zu freizügigen Fotos das Gesamtbild zu stören. Außerdem sollten nur die Profile angegeben werden, die auch aktiv für die Jobsuche genutzt werden. Kempin: "Dazu kann sogar Facebook gehören, wenn man sich kreative Beispiele, wie das von Brandon Kleinmann, zum Vorbild nimmt."

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