Der Softwareriese SAP stellt seinen Beschäftigten künftig komplett frei, wann sie von zuhause, von unterwegs oder im Büro arbeiten. „Wir wollen unseren Mitarbeitern die Wahl lassen“, sagte Vorstandsmitglied Julia White, berichtet die Nachrichtenagentur Reuters. Eine entsprechende E-Mail verschickte der Walldorfer Dax-Konzern am Dienstag an seine rund 100.000 Mitarbeiter und versprach darin einen zu „100 Prozent flexiblen und vertrauensbasierten Arbeitsplatz als Norm, nicht aus Ausnahme“. In einer Mitarbeiterumfrage hätten sich 94 Prozent der Beschäftigten für diesen Weg ausgesprochen, sagte Marketingchefin White.
SAP geht bei der Flexibilisierung der Arbeit damit einen Schritt weiter als viele andere Konzerne. Die Deutsche Bank oder die Commerzbank etwa ermöglichen ihren Beschäftigten, einen bestimmten Teil ihrer Arbeitszeit im Homeoffice zu verbringen.
Die neue Herangehensweise sei auch bei der Suche nach neuen Talenten ein Vorteil, sagt SAP-Vorständin White, die im März von Microsoft zu SAP gewechselt war und deren Bewerbungsprozess in der Corona-Krise komplett aus der Ferne stattfand. „Ich habe keine einzige Person getroffen“, erinnert sich die US-Amerikanerin. „Als alleinerziehende Mutter weiß ich, wie wichtig es ist, flexibel arbeiten zu können.“ Ende Mai reiste White das erste Mal nach Walldorf, um ihre Vorstandskollegen rund um Firmenchef Christian Klein zu treffen.
Um die Mitarbeiter aus dem Homeoffice zu locken, will SAP Büros umgestalten. Es werde mehr Räume für das Zusammentreffen und die Zusammenarbeit geben, sagte White. Aus der Mitarbeiter-E-Mail geht hervor, dass Pilotversuche bereits in London, Sydney und Zürich gestartet wurden. White sieht in der Flexibilisierung der Arbeit auch eine Geschäftschance. Sollten Kunden nachziehen wollen, habe SAP die „Technologie, um ihnen zu helfen“.
Neben SAP will offenbar auch die Deutsche Bank seinen Mitarbeitern weiterhin das Homeoffice anbieten. Die Bank werde konzernweit ein Hybridmodell einführen, das es ermögliche, auf freiwilliger Basis einen Teil der Woche von zuhause aus zu arbeiten, erklärten Bankchef Christian Sewing und Personalchef Michael Ilgner in einem internen Memo, über das zuerst Bloomberg und später Reuters berichten. Das Büro werde allerdings immer die erste Option bleiben. Man wolle mit dem neuen Modell das richtige Gleichgewicht zwischen dem Arbeiten im Büro und von zuhause aus finden.
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