Fachkräftesuche Personalern sind die Hände gebunden

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Mobile Bewerbung? Fehlanzeige

„Die damaligen Personalberater konnten jemanden finden, der mit einem Budget von mehreren Millionen Euro 40 Leute führen kann, aber sie konnten niemanden finden, der mit unternehmerischem Denken und kleinem Budget etwas aufbauen kann“, so Buchheim. Etwas wohlwollender formuliert das Sven Semet, Senior Account Executive bei IBM. Er sagt: „Personaler müssen die digitale Transformation verstehen und mitmachen. Einige sind da noch recht zurückhaltend.“

Und da liegt der Hase im Pfeffer, wie auch die Personalentscheider selber sagen. 89 Prozent sehen das Recruiting als große Herausforderung an. Denn das Angebot an offenen Stellen ist in Deutschland weitaus größer als die Anzahl qualifizierter Fachkräfte. Mit dem Mangel an Fachkräften mit Spezialwissen oder für Nischenbereiche begründen daher auch 69 Prozent der von Robert Half Befragten die Probleme bei der Personalsuche. 15 Prozent beklagen außerdem einen zu starken Wettbewerb um die besten Fachkräfte.

Mit diesen Tricks arbeiten Personaler im Internet
Personalberater sind wie Sherlock HolmesManchmal erscheint die Personalsuche wie Detektivarbeit. Heutzutage sind Lebensläufe und Anschreiben so professionell verfasst, dass es auf kleinste Details ankommt. Wenn zwei Bewerber zur Auswahl stehen, fällt die Wahl meistens auf den, der neben sehr guter Qualifikation auch Persönlichkeit mitbringt. Doch wie lassen sich private Informationen über einen Kandidaten herausfinden? Auf keinen Fall muss ein Bewerber damit rechnen, wirklich von einem Detektiv auf Schritt und Tritt verfolgt zu werden. Denn meistens ist das gar nicht mehr nötig. Quelle: fotolia
"Personalabteilungen recherchieren Kandidaten im Internet, das ist kein Mythos."Personalern genügt meist schon, was die Kandidaten selbst in sozialen Netzwerken preisgeben. Bewerbungsunterlagen reichen heutzutage nicht mehr aus, um sich ein umfassendes Bild eines Kandidaten zu machen. Beim Auswahlverfahren fallen unangemessene Beiträge, Bilder oder Statusmeldungen deswegen immer mehr ins Gewicht. Wer also glaubt, Personalberater recherchieren nicht im Internet, um private Informationen in Erfahrung zu bringen, der irrt. „Fast die Hälfte der Personaler googelt“, so Tiemo Kracht. Man sollte sich daher über die Transparenz im Internet bewusst sein. Quelle: dpa
Gekreuzte Finger hinter dem Rücken Quelle: fotolia
Emblem von Twitter und facebook Quelle: dpa
Hand am Ohr, um zu horchen Quelle: fotolia
"Es ist unanständig, in den privaten Kreis eines Kandidaten einzudringen."Im Idealfall bleibe die Privatsphäre unangetastet, so die Meinung des Personalberaters. Eine Befragung von Freunden ist jenseits der Grauzone angesiedelt und wird nach Ansicht von Tiemo Kracht auf gar keinen Fall Schule machen. Kandidaten werden dies außerdem auch ablehnen, so schätzt er. Dafür benötigt man einen Rechtfertigungsgrund, denn irgendwann werden Grenzlinien überschritten. Die Gesellschaft tendiert immer mehr zum "gläsernen Menschen". Kracht plädiert deswegen auch für einen Schutz privater Angelegenheiten, die ein Bewerber nicht freiwillig nach außen kommuniziert.
"Freunde kennen Anforderungsprofil des Kandidaten nicht"Stattdessen gehöre es durchaus zur gängigen Praktik, den Bewerber um drei bis vier Referenzgeber aus dem beruflichen Umfeld zu bitten, erläutert Kracht. Mit den entsprechenden  Kontakten werde dann ein Termin für ein Gespräch vereinbart. Die vom Bewerber aufgeführten Personen würden nicht überrascht. Es sollte ihnen schon genügend Zeit gegeben werden, sich auf die Befragung vorzubereiten. Quelle: fotolia

Doch um die an Bord zu holen, genügt es nicht, in der Zeitung zu inserieren. Auch wer bei Xing eine Anzeige schaltet, sollte nicht davon ausgehen, in den kommenden Tagen eine Flut von Bewerbungen zu bekommen – und Ledermappe und Büttenpapier sollte auch kein Vorzugskriterium mehr sein.

Nur leider sperren sich viele Unternehmen gegen jegliche Formen der modernen Bewerbung. Laut der Jobsuchmaschine Indeed wollen sich 60 Prozent der Deutschen, die derzeit nach einer neuen Stelle suchen, mobil bewerben. Aber nur zwölf Prozent der befragten Arbeitgeber haben ihre Job- und Karriereseiten für mobile Endgeräte optimiert. Doch nicht nur das: 67 Prozent der befragten Personal-Entscheider bevorzugen die klassische Bewerbungsmappe per Post, 53 Prozent Bewerbungen per E-Mail. 44 Prozent der Teilnehmer schätzen Bewerbungen über Online-Formulare.

Do's & Don'ts im Recruiting

Das Internet scheint für viele HR-Kräfte Teufelszeug zu sein. 30 Prozent der befragten Personal-Entscheider befürchten einen Rückgang der Qualität unter den Kandidaten, wenn diese sich über ihr mobiles Gerät bewerben. Ganz anders sieht das Semet: „Wenn beispielsweise ein Ingenieur morgens mit der Bahn zu seinem Arbeitgeber Daimler fährt und beim Surfen mit dem Smartphone eine Stellenanzeige von Porsche entdeckt, sollte er sich direkt online mit seinem Xing-Profil bewerben können. So kann er seinen Marktwert testen und Porsche kann sich anschauen, ob der Kandidat passen würde.“

"Personaler und Chefs müssen sich bewegen"

Doch das ist 22 Prozent technisch zu aufwändig - beziehungsweise sie bekommen vom Unternehmen nicht genügend IT-Ressourcen zur Verfügung gestellt.

Das erlebt auch Buchheim in ihrem Arbeitsalltag. „HR-Abteilungen haben die Bedeutung von Active Sourcing oft schon erkannt, doch viele Betriebe aus der Old Economy wollen oder können das, wenn überhaupt nur nebenbei mitmachen“, sagt sie. Und wenn der Chef nicht mitspielt, kann der Personaler nicht viel machen. Hinzu komme, dass viele HR-Abteilungen oft weder Unterstützung noch Macht im Unternehmen haben und sich schlicht nicht trauen, neue Wege zu gehen, wie Buchheim erzählt. Das sieht auch Semet von IBM so: „Sowohl Personaler als auch Chefs müssen sich bewegen, um Innovationen voran zu treiben“, sagt er.

Nur die Realität sieht leider anders aus: „Bei kleinen Buden ist der Personaler von der Kantine über die Einstellung von neuen Kollegen für alles verantwortlich“, berichtet Sauer vom BPM. Das kann nicht gut gehen. Hinzu komme, dass Unternehmen oft nicht klar genug kommunizieren, was der Personaler können muss, den sie suchen. „In den 50er Jahren waren Personaler noch Lohnbuchhalter, heute sind die Anforderungen immer komplexer“, so Sauer.

Entsprechend müssten Personaler gesucht – und auch bezahlt werden. Doch in den HR-Abteilungen wird immer mehr gekürzt, wie Buchheim weiß. Dadurch fehlen die Möglichkeiten, die besten Köpfe ins HR Team zu holen. „Wer einen Blumentopf gewinnen will, muss in HR investieren“, sagt sie. „Unternehmen wie SoundCloud, Hitfox & Co. haben das verstanden, investieren entsprechend und haben nicht nur die höchsten Zuläufe, sondern auch die besten Köpfe im Team.“

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