Börse für Einsteiger – Teil 7 In Fonds anlegen: Worauf Du unbedingt achten solltest

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Anleger, die breite Streuung, einfache Handhabung und geringe Kosten möchten, setzen häufig auf Wertpapierfonds. Zu Recht! Was dahintersteckt, welche Varianten es gibt – und welche Rolle die Steuer spielt.

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Viele Sparer in Deutschland machen aus Angst einen großen Bogen um die Börse. Das muss nicht sein, denn Börsengeschäfte sind gar nicht so kompliziert und bieten in Zeiten von Nullzinsen die besten Renditechancen. Karl Balz, Experte in der Anlegerschutz- und Investmentfirmen-Gruppe der Europäischen Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde ESMA, legt selbst seit 20 Jahren an der Börse an und kennt die Irrtümer und Fallstricke. In seinem Börsen-1x1 für Privatanleger erklärt er leicht verständlich, was Sparer bei ihren ersten Schritten an der Börse wissen müssen und welche Fehler es zu vermeiden gilt. Sein Anlegerleitfaden erscheint in acht Teilen auf wiwo.de - und ist für Abonnenten hier auch vollständig als Dossier abrufbar.

Wie der Name schon suggeriert, investiert ein Aktienfonds in Aktien. Er darf aber auch Cash, Derivate und andere Vermögenswerte halten. Nach der Fondskategorienrichtlinie der BaFin (Bundesanstalt für Finanzdienstleistungen) muss ein Aktienfonds deutscher Herkunft aber zu mehr als 50 Prozent in Aktien investiert sein, um diesen Namen tragen zu dürfen. Für ausländische Fonds gelten vergleichbare Regelungen der ausländischen Aufsichtsbehörden. Die Namensbezeichnung darf in jedem Fall nicht irreführend sein. Die allermeisten Aktienfonds sind zu mehr als 90 Prozent in Aktien investiert und halten daneben eine Cash-Quote und ein paar Derivate. 

Für Anleihefonds gilt das Gleiche. Sie müssen zu mehr als 50 Prozent in Anleihen investiert sein. 

Alles in einem: Die Mischfonds

Mischfonds sind solche, die nicht auf eine Wertpapierklasse beschränkt sind, sondern sowohl in Aktien als auch in Renten und andere Anlageklassen investieren dürfen. Ziel eines Mischfonds ist es in aller Regel, ohne große Kursschwankungen eine stetige, moderate Rendite zu erwirtschaften. So lobenswert das Ziel ist, so selten wird es erreicht. Außerdem sind Mischfonds leider ausgesprochen teuer. Wenn man so will, ist der Mischfonds die Vermögensverwaltung des kleinen Mannes.

Um es gleich zu sagen: Du tust besser daran, Dir einen Aktien- und einen Rentenfonds ins Depot zu legen, als einen Mischfonds zu kaufen. Denn damit erzielst Du ebenfalls eine Mischung, aber zu niedrigeren Kosten. Mischfonds kosten ca. 2 Prozent jährlich.

Ausschüttend oder thesaurierend?

Ein ausschüttender Fonds schüttet die eingenommen Dividenden und/oder Zinsen aus. Ein DAX 30-Aktienfonds beispielsweise bekommt einmal im Jahr von jeder Gesellschaft, die im DAX 30 ist und die in dem betreffenden Jahr eine Dividende zahlt, eine Dividende. Diese Dividendenzahlungen gibt der Fonds an Dich weiter. Einmal im Jahr bekommst Du eine Barzahlung vom Fonds, die der Dividendenrendite des Dax 30 entspricht. Thesaurierende Fonds zahlen die Dividende nicht an die Fondsanleger aus, sondern behalten die Dividende ein und legen sie wieder an. Dadurch erhöht sich das Fondsvermögen.

Bei der Wahl eines ausschüttenden oder thesaurierenden Fonds gibt es kein richtig oder falsch. Die Entscheidung ist vielmehr Geschmacksache. Die meisten Standardprodukte werden sowohl als ausschüttende als auch als thesaurierende Fonds angeboten.

Wer sich über ein Zubrot aus seiner Fondsanlage freut, wird ausschüttende Fonds bevorzugen. Wer diszipliniert ist, kann die ausgeschütteten Erträge wieder anlegen und dabei eventuell andere Anlageschwerpunkte und Produkte wählen und so ein Klumpenrisiko vermeiden.

Der Vorteil thesaurierender Fonds hingegen besteht darin, dass sie zur Wiederanlage (Zinseszinseffekt!) disziplinieren. Du bekommst das Geld gar nicht erst in die Hand und musst keine Entscheidung bezüglich des Zeitpunkts oder der Art der Wiederanlage treffen. Außerdem erfolgt die Wiederanlage frei von Transaktionskosten (abgesehen von denen auf Fonds-Ebene). 

Ein Thema für Spezialisten: Die Besteuerung von Fonds

Ausschüttungen werden mit der Abgeltungssteuer belegt. Die Steuer wird unmittelbar von Deiner Bank oder depotführenden Stelle einbehalten und abgeführt.

Bei thesaurierenden Fonds könnte man auf den Gedanken kommen, dass – weil ja nichts ausgeschüttet wird – auch nichts besteuert werden kann. Es würde sich dann ähnlich wie bei einer Aktiengesellschaft verhalten, die keine Dividende zahlt, sondern Gewinne wieder anlegt oder in die Rücklage stellt.
Wenn Du die vorigen Kapitel zur Steuer aufmerksam gelesen hast, wirst Du merken, dass sich hier für Dich ein Vorteil ergeben könnte. Du würdest das Steuer-Event mit einem thesaurierenden Fonds nach hinten schieben. Die einbehaltene Dividende würde den Fondswert erhöhen und erst beim Verkauf der Fondsanteile mit der Abgeltungssteuer besteuert werden. 

Dieser Vorteil war dem Staat ein Dorn im Auge. Schon vor der Investmentsteuerreform im Jahr 2018 verlangte der Gesetzgeber deshalb von Dir, dass Du Thesaurierungen in Deiner Steuererklärung angibst und darauf die Kapitalertragssteuer bezahlst. Beim Verkauf des Fonds, dessen Anteile um den Wert der Thesaurierung erhöht waren, würde die Thesaurierung nochmals als Kursgewinn mit der Abgeltungssteuer besteuert. Um eine Doppelbesteuerung zu vermeiden, konntest Du die bereits auf Deine Thesaurierungen gezahlte Abgeltungssteuer in Deiner Steuererklärung zurückverlangen. 

Merkst Du was? Ein totaler Albtraum! Und das nur, damit Du arme Sau auf keinen Fall einen kleinen Steuervorteil durch den Kauf thesaurierender Fonds hast! Und schlimmer noch, die Besteuerung der Thesaurierungen erfolgte oft nicht durch Deine Bank, der die erforderlichen Daten für ausländische Fonds nicht vorlagen. Stattdessen musstest Du sie individuell in Deiner Steuererklärung deklarieren. Das aber wiederum wusste kaum jemand. Mit der einfachen Handhabung der Abgeltungssteuer war es aus! 

Seit 2018 sieht die Lage besser aus. Es bleibt zwar dabei, dass der Staat Dir den kleinen Steuervorteil nicht gönnt. Nunmehr erfolgt die Besteuerung der Thesaurierungen und die Vermeidung der Doppelbesteuerung im Verkaufsfall aber in jedem Fall direkt bei Deiner Bank oder der depotführenden Stelle. Damit ist die Wahrheit des Grundsatzes, dass Du Dich um die Besteuerung Deiner Kapitalerträge nicht kümmern musst, insoweit wiederhergestellt. Gott sei Dank! 

Die Berechnung der Steuer ist allerdings nicht einfach. Anstatt schlicht auf die thesaurierten Beträge abzustellen und diese mit der Abgeltungssteuer zu belegen, wird auf den Wert der Fondsanteile zum Ende des vorangegangenen Jahres abgestellt. Leicht vereinfacht gesprochen gilt: Wert des Fondsanteils x Basiszinssatz x 0,7 = Vorabpauschale. Die Vorabpauschale wird Dir am Anfang eines Jahres für das kommende Jahr abgezogen. Weil die Fonds ja nicht ausschütten, belastet die Bank oder depotführenden Stelle Dein Konto damit. 

Da die Berechnung den Basiszinssatz einbezieht und dieser zurzeit so niedrig ist, kommst Du augenblicklich mit der Vorabpauschale etwas besser davon, als Du es mit einem ausschüttenden Aktienfonds tätest. Steuerfüchse mögen deshalb momentan thesaurierende Fonds bevorzugen, weil sie damit eine kleine Steuerstundung erzielen (Abgeltungssteuer auf Ausschüttungen - Vorabpauschale = positiver Betrag, der den Vermögensstamm erhöht). Spätestens beim Verkauf der Fondsanteile wird dieser Steuervorteil aber wieder zunichtegemacht. Denn Du musst dann die Thesaurierungen, die den Wert des Fondsanteils erhöht haben, mit der vollen Abgeltungssteuer versteuern, Deine Bank erstattet Dir aber nur die niedrigeren tatsächlich gezahlten Vorabpauschalen. Du erzielst auf den oben berechneten Differenzbetrag also nur eine Steuerstundung. 

Für Aktienfonds gilt grundsätzlich, also unabhängig davon, ob sie ausschütten oder thesaurieren, dass nur 70 Prozent des ausgezahlten beziehungsweise thesaurierten Betrags mit der Abgeltungssteuer belegt werden. Diese Teilfreistellung hat ihren Ursprung darin, dass die Gewinne bereits auf Fondsebene mit der Körperschaftssteuer besteuert worden sind. 

Noch ein bisschen Juristerei: UCITS / AIF

Rechtlich gesehen gibt es zwei Arten von Fonds, nämlich UCITS (Undertakings for Collective Investments in Transferable Securities) und AIF (Alternative Investment Funds). Diese Begriffe spielen für Dich keine Rolle und Du musst sie Dir nicht merken.

Wissen solltest Du lediglich, dass UCITS als Fonds für Klein- und Privatanleger konzipiert wurden und bestimmten Regeln unterliegen, die den Anleger schützen sollen. So dürfen UCITS nur in bestimmte Vermögensklassen investieren (zum Beispiel nicht unmittelbar in Crypto-Assets) oder sie dürfen nicht mehr als zehn Prozent in ein Wertpapier investieren. Die Schutzvorschriften sind über die Jahre etwas aufgeweicht worden, aber der Begriff UCITS ist immer noch ein gewisses Gütesiegel, auf das Du beim Kauf eines Fonds achten solltest. 

ESG & Themenfonds 

Es gibt eine Vielzahl von Themen- oder Branchenfonds, beispielsweise Cyber Security, Wasser, Roboter und vieles mehr. Wenn Du Exposure in einer dieser Branchen suchst, kannst Du solche Fonds als Beimischung in Dein Depot aufnehmen. Sie sind aber in aller Regel etwas teurer als die Standardfonds. Das gilt nicht nur für aktiv gemanagte Fonds, sondern auch für Themen-Indexfonds. Und langfristig kommt dabei meist nicht viel heraus.

Ein besonderes Thema, auf das zurzeit viel Augenmerk gerichtet wird, ist das Thema Nachhaltigkeit (Sustainability) oder ESG (Environment, Social, Governance). Praktisch alle Fondsgesellschaften haben sich in der ein oder anderen Form der Verpflichtung zur Beachtung der ESG bei ihren Anlageentscheidungen verpflichtet. Was das aber konkret heißt, ist noch weitgehend unklar.

Zum einen besteht nämlich keine Einstimmigkeit darüber, wann ein Unternehmen die ESG-Kriterien erfüllt. Ist ein Atomkraftwerksbetreiber nun “E”, weil er kein CO2 ausstößt, oder gerade nicht, weil er Atomstrom produziert? Und ist ein Ölkonzern, der auch Windkraft- und Solarparks betreibt, “E” oder nicht? 


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Am einfachsten ist wahrscheinlich noch das Kriterium der Governance, also der Unternehmensführung, auszumachen, wenngleich auch hier nicht klar ist, ob eine Unternehmensführung gut ist, wenn sie sich ausschließlich oder doch zumindest in erster Linie am Interesse der Aktionäre orientiert oder ob sie besser ist, wenn sie sich an den Interessen der Gesellschaft als solcher, der Arbeitnehmer usw. ausrichtet. 

Zum Thema ESG ist noch vieles offen und unklar. Wer sich damit besser fühlt, kann gerne ESG-Fonds kaufen. Ansonsten kann man es meiner Meinung nach auch lassen. 


Mehr zum Thema: Warum ein Glaubenskrieg um aktives und passives Verwalten von Fonds tobt und was es mit dem Trend-Thema ETF auf sich hat, klären wir im kommenden Teil 8 unseres Leitfadens. Alle Lektionen des Anlegerleitfadens findest Du bereits jetzt im Dossier: Hier geht es zum Börsen-1x1 für Privatanleger.

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