Dubioses Geschäftsmodell Massive Zweifel an Fairvesta

Anleger haben der Immobilienfondsgesellschaft Fairvesta 866 Millionen Euro anvertraut. Sie hoffen auf zweistellige Renditen. Doch die Zweifel am Geschäftsmodell wachsen.

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Die Zweifel an der Seriosität der Immobilienfondsgesellschaft Fairvesta wachsen. Quelle: Presse

Otmar Knoll, Handlungsbevollmächtigter und starker Mann beim Immobilienfonds-Anbieter Fairvesta, gab sich bestürzt. Ein Finanzportal von zweifelhaftem Ruf hatte einen Wettbewerber angeschossen. Sogar Betrug wurde dem Konkurrenten aus Kassel vorgeworfen – wie kann man nur. Er könne „keine Schadenfreude über die negativen Beiträge“ empfinden, schrieb Knoll an seine Vertriebsmannschaft. „Wir wünschen uns unmissverständlich Frieden mit allen Mitbewerbern.“ Und natürlich steckten weder er selbst noch Fairvesta hinter den bösen Online-Artikeln über die liebe Konkurrenz.

Die Szene ist typisch für Knoll, der sich gern als friedliebenden und ehrlichen Geschäftsmann inszeniert. Sein Vertrauter Dieter Müller* konnte es kaum fassen. „Manchmal frage ich mich, wieso du kein Politiker geworden bist. Die schaffen es nicht, so viel Geflunker in nur einem Satz unterzubringen“, schrieb er an Knoll.

Müller muss es wissen. Offenbar hatte er mit Knolls Wissen einen Plan ausgeheckt, um dem Kasseler Konkurrenten zu schaden. Knoll-Freund Müller gab sich als Vertriebspartner der Kasseler aus und erstattete anonym Anzeige gegen deren Vorstände. Darin heißt es: Er und Kollegen würden angehalten „riskante Geldanlagen ohne die gesetzlich vorgeschriebenen Risikohinweise an unbedarfte, normale Menschen zu verkaufen“. Mit dem frisch eingezahlten Geld der Anleger würden Alt-Anleger ausgezahlt. „Dem Internet entnehme ich, dass man so was als Schneeballsystem bezeichnet“, schrieb Müller betont naiv.

„Schneeballsystem“ – das ist auf dem grauen Kapitalmarkt, auf dem sich die Kasseler und Fairvesta tummeln, das unaussprechliche S-Wort, der härteste Vorwurf. Wer ein Schneeballsystem betreibt, dessen Fonds schaffen es nicht, die versprochenen Beträge mit Immobilien oder Schiffen zu erwirtschaften. Er muss neue Anleger anwerben und mit deren Geld alte Kunden zu bedienen – bis das Modell auffliegt.

Knoll hat das Treiben seines Vertrauten gekannt: „Hallo Otmar“, schrieb Müller im August 2009 an Knoll „es ist vollbracht. Anliegend erhältst du den Finalentwurf für die Strafanzeige.“ Änderungswünsche erbat Müller „in einer anderen Farbe“. „Es ist jetzt deine Entscheidung ob und wann Feuer frei.“ Damit konfrontiert, sagen Müller und Knoll heute, Knoll habe die Anzeige weder beauftragt noch bearbeitet. Knoll habe ihn wissen lassen, sagt Müller, „dass er sich nicht an sowas beteiligen wolle“. Fakt ist: Die Staatsanwaltschaft ermittelte später gegen Knolls Kasseler Konkurrenten, stellte das Verfahren aber ein.

Solche Aktionen werfen kein gutes Licht auf die Branche. Die Fairvesta-Gruppe mit Sitz in Tübingen hat bei Anlegern 866 Millionen Euro eingesammelt. Das Geschäftsmodell ist simpel: Fairvesta will Immobilien billig einkaufen und sie nach kurzer Zeit mit hohem Gewinn weiterveräußern. Im Schnitt, so gibt Fairvesta an, sollen mit derlei Geschäften jährlich zweistellige Renditen erwirtschaftet werden.

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