Stelter strategisch

Nutzen Sie die Erholung zum Verkaufen

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Eine Liquiditätsverknappung wirkt mehrfach negativ auf die Börsen

Wie an dieser Stelle immer wieder erklärt, wirkt eine Liquiditätsverknappung mehrfach negativ auf die Börsen.

- Es fehlt die Kaufkraft, um die Bewertungen auf neue Höhen zu treiben.

- Stagnierende oder fallende Kurse bringen die Spekulanten, die auf Kredit gekauft haben, unter Druck und verstärken den Verkaufsdruck. Der gefürchtete Margin Call.

- Die Zinsen für Anleihen riskanter Schuldner steigen deutlich an, die Risikoprämie ist wieder da. Dies bringt immer mehr Unternehmen in Liquiditäts- und Finanzierungsschwierigkeiten.

- Eine Flut an Herabstufungen durch die Ratingagenturen verstärkt den Verkaufsdruck in den Anleihenmärkten und wirkt so als Brandbeschleuniger für steigende Zinsen und damit absehbare Unternehmenspleiten – was wiederum die Zinsen steigen lässt.

- Die Gewinne der Unternehmen kommen dann von zwei Seiten unter Druck: Zum einen steigen die Zinsausgaben, zum anderen sinken die Gewinne wegen der unweigerlichen Rezession. Das Financial Engineering der letzten zehn Jahre rächt sich bitterlich.

Die Signale sind eindeutig. Wir befinden uns am Anfang dieser sich selbst verstärkenden Abwärtsentwicklung. Die Profis wissen dies und handeln entsprechend. So hat KKR, die ursprünglich auf Private Equity spezialisierte Investmentfirma, ihre Allokation auf sogenannte Leveraged Loans, also riskante Kredite, auf Null gesetzt und einer der prominentesten Spekulanten gegen die Immobilienblase von 2007, Steve Eisman, auch porträtiert im Film The Big Short, warnt deutlich vor einer Wiederholung der Finanzkrise im Bereich der Unternehmensschulden. Fallen die Anleihen der Unternehmen, fallen auch die Aktien. Schwer vorstellbar, dass die Wall Street in diesem Umfeld 2019 mit Gewinn abschließt, vor allem für Investoren, die in anderen Währungen als dem US-Dollar rechnen.

Letzte Hoffnung: schwacher Dollar

Womit wir bei der Hoffnung für die Märkte sind. Eine deutliche Abschwächung des US-Dollars könnte weltweit für Entspannung sorgen. Wie hier diskutiert, war der starke US-Dollar in den letzten Monaten eine erhebliche Belastung für die Schwellenländer, die sich so hoch wie noch nie in US-Dollar verschuldet haben. Fällt der US-Dollar wieder, was angesichts einer Abkehr der US-Notenbank von der Politik der Liquiditätsverknappung im Zuge der sich abzeichnenden Fortsetzung der Finanzkrise durchaus vorstellbar ist, entlastet es diese Schuldner. Gleichzeitig sinken dann auch die Zinsen für diese Schuldner, weil ein schwächerer Dollar im Unterschied zu den US-Schuldnern ihre Zahlungsfähigkeit steigert. Damit dürften die Schwellenländer zu den (relativen) Gewinnern in diesem Jahr gehören. Eine erste Indikation, dass diese These zutrifft, ist die relativ gute Entwicklung in diesen Märkten im Dezember.

Für Deutschland und Europa trifft diese Logik allerdings nicht zu. Ein schwächerer Dollar ist eher eine Belastung für die hiesige Börse, die von Exportwerten dominiert wird. Hinzu kommt, dass eine Rezession in den USA nicht spurlos an Europa vorbeigehen dürfte. Der EZB sind vorerst die Hände gebunden und es ist schwer vorstellbar, dass sie schon dieses Jahr die nächste, radikalere Stufe der Monetarisierung von Staats- und Privatschulden starten wird. Dazu muss die Krise erst spürbar und für alle offensichtlich sein.

Weitere Gewinner eines schwächeren Dollars gibt es durchaus. So steigen die Rohstoffpreise üblicherweise im Zuge einer Dollarschwäche, was für Minenaktien und Ölfirmen spricht. Sicherer Gewinner dürfte Gold sein. US-Staatsanleihen sind hingegen diesmal, anders als in den vergangenen Finanzkrisen kein sicherer Hafen mehr. Zum einen liegt dies an dem schon heute stark gestiegenen Angebot (Folge der explodierenden Defizite als Ergebnis der Steuersenkungen von Donald Trump), zum anderen dürfte eine Flucht der Investoren aus dem US-Dollar der Verkaufsdruck deutlich erhöhen. Inwieweit die Fed dies gleich wird kompensieren können und wollen, bleibt abzuwarten.

So gesehen stehen die Chancen gut, dass 70 Prozent der von der Deutschen Bank betrachteten Assets in diesem Jahr einen positiven Ertrag abwerfen. Allerdings hilft dies Investoren außerhalb des US-Dollar-Raums herzlich wenig. Denn die Analyse der Bank ist in US-Dollar gerechnet. Fällt dieser, gewinnt man mit allen Assets, die nicht im Dollarraum sind. Wer in anderer Währung rechnet, muss sich entsprechend absichern. Und das ist leider teuer.

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