Üblicherweise sind sich die Strategen an Wall Street einig: Gewinnt ein Republikaner die US-Präsidentschaftswahl, dann ziehen die Kurse an. Denn die Republikaner, so will es zumindest die Legende, sind wirtschaftsfreundlich; sie haben einiges übrig für Schulden, für die Arbeitgeberseite, für Tabak, für Rüstung, für Infrastruktur, und sie mögen die Banken.
Alles anders bei der 58. Wahl
Doch in diesem Jahr, drei Monate vor der 58. Wahl eines US-Präsidenten, ist die Lage anders. Ihn kümmerten die „Wall-Street-Jungs“ nicht, „ich werde kein Geld von ihnen annehmen“, lässt der republikanische Präsidentschaftskandidat Donald Trump im Wahlkampf wissen. Solche Äußerungen sind vor allem Taktik: Die Banken sind seit der Finanzkrise beim Durchschnittsbürger verhasst. Während sich die großen Wall-Street-Adressen von der Krise weitgehend erholt haben, kämpft die Mittel- und Unterschicht noch immer mit deren Folgen. Viele Privathaushalte sind verschuldet; in manchen Branchen liegen die Löhne um mehr als ein Fünftel unter Vorkrisenniveau. Trump, der sich als Vertreter des kleinen Mannes darstellt, will deshalb mit Anti-Wall-Street-Parolen Punkte sammeln.
Das Kopf-an-Kopf-Rennen mit dem nun endgültig möglichen Präsidenten Trump kommt in New York nicht gut an: „Nichts hassen Investoren mehr als Ungewissheit“, sagt Nicholas Colas, Chefstratege des Finanzdienstleisters Convergex. In der Vergangenheit hatten die Wahlen nur geringen Einfluss auf die Börsen. „Dieses Mal könnte das anders sein“, so Colas. Sollte die Demokratin Hillary Clinton die Wahlen am 8. November gewinnen, dürften die Börsen moderat zulegen, so die allgemeine Erwartung. Heißt der Sieger Trump, rechnet Colas zunächst mit einem nervösen Auf und Ab.
Doch selbst dann müssen Anleger um die US-Börse keinen Bogen machen: Charttechnische Indikatoren jedenfalls signalisieren eine andauernde Hausse. So oder so dürften einzelne Aktien von einem Präsidenten Trump profitieren. Andere Papiere wiederum wären Favoriten, sollte es mit Hillary Clinton die erste Präsidentin überhaupt ins Weiße Haus schaffen.
Wer auf der sicheren Seite sein will, der findet Kaufkandidaten, die sowohl unter Clinton als auch unter Trump Gewinner sein sollten. Das sind vor allem Unternehmen aus den Branchen Bau und Gesundheit. Beide Präsidenten in spe wollen die marode Infrastruktur in den USA erneuern und die Leistungen der Krankenversicherung ausbauen.
Schlaglöcher und marode Brücken
Schlaglöcher in den Straßen, einsturzgefährdete Brücken, marode U-Bahnen – die Infrastruktur in den USA ist desolat. 275 Milliarden Dollar will Clinton deshalb für Erneuerung und Ausbau bereitstellen. Trump spricht gar von einem Billionenprojekt und stellt 13 Millionen neue Jobs in Aussicht. Selbst wenn nur ein Bruchteil von dem Geld tatsächlich aufgebracht wird, dürften Baukonzerne bald gut ausgelastet sein.
Viele Aufträge werden regional ausgeschrieben und an viele verschiedene Unternehmen gehen. Alle gemeinsam aber brauchen schweres Gerät, etwa Bagger, Planierraupen und Muldenkipper. Die wettbewerbsfähigste Flotte bietet Caterpillar. Gut 40 Prozent seines Umsatzes von zuletzt 47,0 Milliarden Dollar macht der weltgrößte Hersteller von Baumaschinen in den USA. Schon im Vorwahlkampf zog der Kurs an, liegt aber noch weit entfernt von alten Höhen (siehe Chart in der Chartgalerie oben). Richtig günstig mit einem geschätzten Kurs-Gewinn-Verhältnis von um die 24 für 2017 ist Caterpillar nicht – dafür aber ein Garant für eine starke Dividende, die seit Jahrzehnten steigt und aktuell 3,8 Prozent Rendite verspricht.