Wer bietet mehr? Facebook und Twitter im Aktien-Duell

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Stark begrenztes Angebot an extrem teuren Twitteraktien

Facebook versuchte selbst bereits zweimal, Twitter zu kaufen, scheiterte aber ebenso wie beim Versuch, Snapchat zu übernehmen; deren Gründer lehnten die gebotenen drei Milliarden Dollar ab. Mehr Erfolg hatte der Riese beim Kauf der virtuellen Foto- und Video-Pinnwand Instagram, die Facebook sich für mehr als eine Milliarde einverleibte und die Gewinn abwirft. Seit 2007 hat Facebook über 1,5 Milliarden Dollar in Zukäufe gesteckt. Auch Twitter kauft zu, im September 2013 den Mobil-Anzeigenspezialisten MoPub für 350 Millionen Dollar in Twitter-Aktien.

FAZIT: Der Punkt Übernahmen geht trotzdem an Facebook, schon deshalb, weil das Unternehmen ein Vielfaches in der Kasse hat.

6. Bewertung: Welche Aktie ist günstiger?

Vergleicht man Zahlen und Börsenbewertung der beiden etwa mit Apple oder Google, ist das Ergebnis eindeutig: Facebook ist teuer, Twitter hat jeden Halt verloren.

Analysten erwarten keinen Twitter-Gewinn vor 2016. Der Börsenwert macht das 31-Fache des für 2014 erwarteten Umsatzes aus – damit ist Twitter unter den 1000 größten börsennotierten US-Unternehmen die siebtteuerste Aktie. Der US-Durchschnitt liegt beim 4,4-fachen Umsatz, Apple kostet den 2,7-fachen Umsatz.

Facebook trauen Analysten 2014 immerhin 85 Cent Gewinn pro Aktie zu. An der Börse kostet Facebook damit rund das 70-Fache des erwarteten Gewinns. Nur 41 der 1000 größten börsennotierten US-Unternehmen kommen auf einen höheren Wert. Google kostet das 26-Fache des 2014er-Gewinns. Das Kurs-Gewinn-Verhältnis von Facebook auf Basis des Gewinns von 2013 dürfte sogar bei knapp 100 liegen. Davon ausgehend müsste Facebook auf dem aktuellen Kursniveau seinen Gewinn zwei Jahre in Folge um je 50 Prozent steigern, um eine marktübliche Gewinnbewertung zu erreichen. Das ist ambitioniert: Der Umsatz steigt schon seit 2009 von Jahr zu Jahr weniger kräftig. Für 2014 und 2015 werden nur noch Umsatzsteigerungen von etwa 30 Prozent erwartet. Ohne viel höhere Gewinnmargen wäre die Ertragssteigerung nicht zu schaffen.

FAZIT: Anleger müssen an gigantisches Gewinnwachstum glauben. Facebook lässt zumindest erahnen, dass die Zahlen den Börsenwert eines Tages rechtfertigen könnten.

7. Börsenzukunft: Was treibt die Kurse?

Nur gut 80 von 545 Millionen Twitter-Aktien konnten beim IPO im November 2013 gezeichnet werden und sind jetzt an der Börse handelbar. Die übrigen 465 Millionen Aktien werden von Mitarbeitern und Risikokapitalgebern gehalten, die noch nicht verkaufen dürfen. Damit ist das Aktienangebot extrem begrenzt. Seit November wurde jeden Tag durchschnittlich ein Drittel der handelbaren Aktien tatsächlich gehandelt. Wollen viele Anleger kaufen oder gleichzeitig abstoßen, schlägt dies stark auf den Kurs durch. Nichts für schwache Nerven: Seit IPO ist die Aktie am Tag durchschnittlich um vier Prozent gestiegen oder gefallen. Bei knapp gehaltenen Aktien wie Twitter können Short-Spekulanten stark auf den Kurs einwirken. Sie wetten auf fallende Kurse, indem sie Aktien gegen Gebühr leihen und dann verkaufen. Später wollen sie diese billig zurückkaufen.

Hohe Kurse haben Shorties angezogen. Im Januar hatten sie knapp 40 Prozent der handelbaren Twitter-Aktien für Verkäufe ausgeliehen. Stark steigende Leihgebühren signalisieren, dass Twitter-Aktien knapp werden. Werden Short-Spekulanten auf dem falschen Fuß erwischt, etwa durch eine Erfolgsmeldung des Unternehmens, müssen sie schnell Aktien zurückkaufen, um Verluste zu begrenzen. Bei Twitter könnte dann plötzlich eine große Aktienanzahl geordert werden, der Kurs würde stark steigen. Ein zwischenzeitliches Kurshoch am 27. Dezember, als der Kurs ohne besondere Nachrichten auf über 70 Dollar schoss, könnte so zu erklären sein.

Die künstliche Knappheit aber wird bald beendet, Sperrfristen laufen aus. Am 15. Februar dürfen Mitarbeiter und Risikoinvestoren knapp zehn Millionen Aktien verkaufen. Der Showdown findet am 6. Mai statt: Rund 455 Millionen Aktien werden frei, die Anzahl der handelbaren Aktien versechsfacht sich. Natürlich wird nicht jeder, der darf, auch verkaufen. Doch angesichts des hohen Kurses könnten einige in Versuchung kommen. Schon in den Dokumenten zum Börsenstart warnte Twitter, dass zum Ablauf der Sperrfristen die große Anzahl handelbarer Aktien den Kurs drücken könnte. Laut einer Studie der Universität von Pennsylvania verlieren Aktien beim Auslaufen von Sperrfristen stark, wenn es sich um Tech-Unternehmen handelt, die von Risikokapitalgebern mitfinanziert worden sind und die seit IPO stark zugelegt haben. Auf Twitter trifft all das zu.

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