Zschabers Börsenblick

Gefundenes Fressen – auch für Börsianer

Das jüngste Dax-Mitglied richtet den Blick der Marktteilnehmer aufs Essen. Auch andere Entwicklungen machen Appetit auf die Food-Branche. An der Börse lässt sich davon durchaus eine Scheibe abschneiden.

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Dass Wirecard als insolventes Skandalunternehmen nicht länger Mitglied des wichtigsten deutschen Börsenbarometers würde sein können, war eigentlich klar. Und so war der vorzeitige Dax-Rauswurf des Zahlungsdienstleisters nur eine logische Konsequenz. Doch sein Nachfolger birgt ebenfalls Zündstoff. So scheiden sich die Geister bereits jetzt am Essenslieferdienst Delivery Hero: Die Einen empfinden seinen Aufstieg in die erste deutsche Börsenliga angesichts roter Zahlen als verfrüht, die Anderen vor dem Hintergrund des Booms bei Lieferdiensten als längst überfällig.

Nun mag man von Delivery Hero halten, was man will. Aber eines zeigt der Dax-Neuzugang: Essenslieferdienste sind in der Beletage der deutschen Wirtschaft angekommen – zu den Branchen, die Corona aufgewirbelt hat, gehören offenbar Gastronomie und Food dazu.

So abgenutzt es anmuten mag, aber das Sprichwort „Getrunken und gegessen wird immer“ gilt also auch an der Börse immer noch, schließlich wollen knapp acht Milliarden Menschen auf der Erde mit Nahrungsmitteln versorgt werden. Abseits von Plattitüden bietet die Nahrungs- und Lebensmittelbranche aber durchaus auch neue Impulse. Neben den bereits bekannten Potenzialen, die das Wachstum der Weltwirtschaft bietet, etwa den zunehmenden Wohlstand der Schwellenländer – kleine Randnotiz: Delivery Hero wächst in Lateinamerika stärker als in Deutschland –, ist es aber nicht nur die Art, wie wir ans das Essen gelangen, es ist auch die Nahrung selber.

So dürfte Laborfleisch der nächste große Trend werden. Über den Geschmack von in Reagenzgläsern herangezogenen Hähnchenflügeln dürften zwar eine Menge Leute bislang noch die Nase rümpfen. Doch auch Autos, die ohne das Getöse eines Verbrennungsmotors auskommen, waren vor zehn Jahren für die meisten undenkbar – und sind dennoch in manchen Ländern wie Norwegen mittlerweile schon fast der Standard.

Dass es in der Foodbranche aber nicht nur um Trends für Randgruppen in einer weiter entfernten Zukunft geht, sondern schon im Hier und Jetzt um gesundes und bewusstes Essen, darauf deutet nicht zuletzt auch der sogenannte Nutri-Score hin, ein Informationssystem für Lebensmittel, dessen baldige Einführung die Bundesregierung gerade beschlossen hat. Eine Art Ampel auf der Verpackung soll dank einer Skala von Dunkelgrün für „gesund“ bis Rot für „eher ungesund“ auf einen Blick deutlich machen, wie hoch jeweils der Anteil an Zucker, Salz, Fett und Kalorien und wie reich das jeweilige Produkt an Vitaminen, Ballaststoffen und Eiweiß ist.

von Frank Doll, Anton Riedl, Heike Schwerdtfeger

Eiweiß ist ein gutes Stichwort. Längst als Garant unter anderem für den Muskelaufbau bekannt, hat Protein auch außerhalb von Muckibude und Fitnesscenter einen Siegeszug in der Mainstream-Ernährung angetreten. Vorläufiger Höhepunkt der Entwicklung: Noch in diesem Monat bringt der Schweizer Nahrungsmittelriese Nestlé sein erstes pflanzliches Meeresfrüchte-Produkt auf den Markt, einen Thunfisch aus Erbsenprotein. Dass Wettbewerber Danone bereits seit Längerem seinen Joghurts pflanzliches Eiweiß beifügt, verdeutlicht, dass die Großen der Branche diese Trends für sich nutzen wollen.

Es steht jedenfalls zu vermuten, dass dies nicht der letzte Trend sein wird. Peu à peu dürfte das Thema Nahrung auch wegen der Veränderung der Welt, der Verfügbarkeit von Rohstoffen und nicht zuletzt wegen des Wandels des Zeitgeistes einigen Verwerfungen unterzogen werden. Mit einem ETF etwa auf den Stoxx Europe 600 Food & Beverage Index können Anleger auf lange Sicht und mit einer denkbar großen Streuung von diesem Trend profitieren.


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Übrigens: Wen das Thema emotional so gar nicht anspricht, wem Veggie-Burger und Tofu-Wurst ein geschmacklicher Gräuel sind und wer einfach immer noch gerne ein T-Bone-Steak isst, der muss sich dennoch nicht scheuen, auf die neue Entwicklung bei Nahrungsmitteln zu setzen – wer in Airbus-Aktien investiert, muss sich ja auch nicht privat einen A380 in den Garten stellen.

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