Börsen-Roundtable Das sind die Anlage-Empfehlungen der Star-Investoren

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Börsen drohen große Korrekturen

Felix, wohin geht die Reise an den Börsen?

Zulauf: Ich glaube, dass es Trump ernst meint mit dem, was er in seiner Kampagne angesprochen hat. Er ist ein Geschäftsmann, er wird viel für die Wirtschaft tun. Obama war wirtschaftsfeindlich, trotzdem sind die Aktienkurse während seiner zwei Amtszeiten um das Dreifache gestiegen. Er hatte einen guten Ausgangspunkt – und die Notenbank arbeitete für ihn. Trump beginnt seine Amtszeit mit hohen Bewertungen an den Börsen, und die Fed wird nicht im gleichen Maß für ihn arbeiten. Die Renditen haben ihren langfristigen Boden erreicht. Die Bewertungen von US-Aktien sind höher als während 95 Prozent der letzten 100 Jahre. Das ist ein ziemlich schlechter Ausgangspunkt. Die Ära Trump wird für „Main Street“ wohl mehr bringen als für Wall Street. In der ersten Jahreshälfte werden die Märkte noch Trumps Maßnahmen feiern. Die Aktienkurse könnten noch einmal zehn Prozent zulegen. Aber wenn die Anleiherenditen wieder steigen, dann drohen große Korrekturen, vermutlich genau dann, wenn alle in die Trump-Rally eingestiegen sind und voll investiert sind. Und außerhalb der USA gibt es viele Risiken.

Das ist Ihr Bild für die USA. Wie sieht es anderswo aus?

Zulauf: Die Welt wird unruhiger. Wir verabschieden uns aus einer bipolaren Welt, in der es ein Machtgleichgewicht gab. Die USA und Russland kontrollierten einander. Dann gab es eine Periode von 15 Jahren amerikanischer Vorherrschaft. Unter Obama begannen die USA einen Rückzug aus der Rolle als Weltpolizist. Trump wird weiter in diese Richtung gehen. Damit entsteht geopolitisch mancherorts ein Vakuum, das dann von anderen besetzt wird. Es gibt viele Parallelen zur Periode vor dem Ersten Weltkrieg mit dem Aufstieg einer neuen Großmacht in unsicheren Zeiten. Damals war es Deutschland, heute ist es China. Vor beiden Weltkriegen ging der Handel zurück. Fährt Trump einen protektionistischen Kurs, wird das den Trend zu weniger Welthandel verstärken.

Gabelli: China betreibt bei Stahl eine Dumpingpolitik über Vietnam und andere Länder. Das ist kein fairer Handel.

Zulauf: Ich sage nicht, dass Trump völlig unrecht hat. Nur könnte er etwas lostreten, das für US-Firmen negative Folgen hat. Keine Ihrer Prognosen berücksichtigt die Möglichkeit, dass andere Länder zurückschlagen. Das ist keine Einbahnstraße. Der Kapitalismus westlicher Prägung fördert die Unternehmensgewinne. Das chinesische Modell ist auf die Förderung der Beschäftigung ausgelegt. Zwischen beiden Modellen gibt es einen wachsenden Konflikt.

Wie wird die US-Börse reagieren, wenn antieuropäische Parteien an Macht gewinnen?

Zulauf: Sobald das Risiko, dass der Euro scheitert, auf mehr als 50 Prozent steigt, wird es zu Verkäufen kommen, und zwar nicht nur einen Tag lang. Das Kapital scheut das Chaos.

Gundlach: Es gibt empirische Belege für das, was Felix sagt. Der Höhenflug von US-Aktien setzte 2012 ein, als Mario Draghi mit seiner berühmten Ansage, er werde „alles Notwendige tun“, um den Euro zu bewahren, die Angst vor einem Zusammenbruch der Euro-Zone beseitigt hatte.

Zehn Favoriten für das Jahr 2017

Zulauf: Der Euro ist ein Fehlkonstrukt. Er hat Volkswirtschaften abgewürgt, es gingen Millionen Jobs verloren.

Gabelli: Der Euro hat Länder der Möglichkeit beraubt, sich durch Währungsabwertungen aus der Misere zu ziehen.

Zulauf: Das hat zum Aufstieg populistischer Bewegungen in ganz Europa geführt. Im März wird in den Niederlanden gewählt. Die wichtigere Wahl aber startet Ende April in Frankreich.

Und wer gewinnt?

Zulauf: Der Konservative François Fillon tritt mit einem hervorragenden Reformprogramm an, das Anleihen beim Thatcherismus nimmt. Mit diesem Programm aber wird er wohl nicht gewinnen. Marine Le Pen vom rechten Front National hat bessere Chancen, als viele annehmen. Falls sie gewinnt, hat sie ein Referendum über die Mitgliedschaft in der EU und über den Verbleib in der Euro-Zone angekündigt. Le Pen zertrümmerte die institutionelle Architektur Europas.

Cohen: Deutschland hat stark vom Euro profitiert. Sind Sie vor diesem Hintergrund überrascht von der Spannung in Berlin?

Zulauf: Deutschland ist auf den ersten Blick ein großer Nutznießer der bestehenden Strukturen. Seit Einführung des Euro verdoppelten sich die Exporte auf 50 Prozent der Wirtschaftsleistung. Aber das europäische Zahlungssystem Target2 macht Deutschland zum Verlierer. Das Land hat Forderungen von 750 Milliarden Euro aufgebaut. Davon entfallen je über 300 Milliarden auf Spanien und Italien. Glauben Sie, dass die ihre Schulden zahlen, wenn der Euro zerfällt?

Gundlach: Die Mehrheit der Deutschen versteht diese Zusammenhänge nicht.

Gabelli: Hinzu kommt das Problem der Zuwanderung.

So viel schütten die Dax-Unternehmen aus

Zulauf: Das ist nur die Spitze des Eisbergs. In ganz Europa werden die Proteste gegen das Establishment lauter, aber das Establishment hat keine Regeln für eine geordnete Auflösung der EU. Wenn sie zerfällt, gibt es Chaos.

Wie glatt wird der Ausstieg Großbritanniens laufen?

Zulauf: Im Frühjahr beginnen die Verhandlungen. Das wird ungemütlich. Die EU wird Härte zeigen, um allen Mitgliedern zu signalisieren, dass ein Ausstieg keine Option ist. Das kommt teuer und belastet das globale Wirtschaftswachstum. Der Welthandel wird weiter zurückgehen.

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