Roundtable zur Börse "Kaufchancen bei Aktien erst später im Jahr“

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"Alle Branchen profitieren von tieferen Energiepreisen"

Zulauf: Schon eigenartig. Da wird gesagt, die Gewinne des S&P 500 wären besser als berichtet, wenn man den Energiesektor ausklammere. Dabei profitieren alle anderen Branchen von tieferen Energiepreisen.

Gundlach: Das ist wie ein Portfolio-Manager, der seinen Vergleichindex verfehlt und seinem Chef erklärt: „Wenn Sie die Minusperformer ausklammern, liegen wir vorne.“

Rogers: Oder wie ein Unternehmen, das seinen Gewinn als Umsatz vor Kosten angibt.

Die Anlageideen von Brian Rogers für 2016

Priest: Die Industrieproduktion in den Industrieländern insgesamt stagniert seit 2008. Nur in den USA gab es einen Produktionszuwachs. China war der Grenzkäufer all dieser Waren, setzt jetzt aber plötzlich aus.

Zulauf: Wir haben das Ausmaß des chinesischen Investitions- und Kreditbooms wahrscheinlich immer noch nicht ganz verstanden. Es war der größte Boom in der Menschheitsgeschichte. Binnen drei Jahren verbrauchte China etwa so viel Zement, wie die USA in den vergangenen 100 Jahren.

Wenn der Renminbi um 20 Prozent fällt, wird das einen immensen deflationären Effekt auf die gesamte Welt haben und alle hier genannten Prognosen über den Haufen werfen.

Gundlach: Was ich bemerkenswert finde ist der Kontrast zwischen der Geldpolitik in den USA und Europa. Das US-Wachstum tendiert seitwärts bis leicht abwärts, das in Europa aufwärts. Doch Europa hat Negativzinsen und die EZB erwägt eine Ausweitung ihrer Anleihekäufe, während in den USA die Zinsen angehoben werden und sich die Kreditbedingungen verschärfen.

Seit 1945 hat die Fed die Zinsen 118 Mal angehoben. In 112 dieser Fälle lag das nominale BIP-Wachstum bei über 5,5 Prozent, im Durchschnitt bei 8,6 Prozent. Nur zwei Mal hat die Fed die Zinsen bei einem nominalen BIP-Wachstum von unter 4,5 Prozent angehoben, zuletzt 1982.

Diesen Schritt musste sie rasch wieder rückgängig machen. Aktuell dürfte sich das nominale BIP-Wachstum in Richtung zwei Prozent bewegen.

Oscar Schafer: Auch hat die Fed die Zinsen noch nie angehoben, wenn der ISM-Einkaufsmanagerindex unterhalb von 50 lag wie aktuell.

Vita von Oscar Schafer

Oscar Schafer Quelle: Brad Trent

Cohen: Es gibt große Unterschiede zwischen den USA und Europa. US-Finanzinstitute sind robuster aufgestellt als die europäischen. In Europa hat keine vergleichbare Bilanzsanierung stattgefunden wie in den USA. Das macht europäische Banken anfälliger gegenüber konjunkturellen Schocks, Managementfehlern und dergleichen.

Die Fed hat die Zügel etwas angezogen hat, aber keineswegs gestrafft. Die Zinsen sind weiterhin extrem niedrig. Der Zinsschritt hatte keinen Einfluss auf kreditsensitive Bereiche wie den Haus- oder Automobilsektor.

Rogers: Keine Investitionsentscheidung wird auf Eis gelegt, wenn die Kapitalkosten marginal um 0,25 Prozentpunkte steigen.

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