Die meisten Unternehmen sind direkt oder indirekt vom Klimawandel betroffen. Dies umfasst zum einen physische Risiken wie etwa Extremwetterereignisse und die damit verbundenen Folgen wie zerstörte Vermögenswerte und Produktionsausfälle. Zum anderen sind die Unternehmen auch sogenannten Übergangsrisiken, also etwa stärkerer staatlicher Regulierung und intensiviertem Wettbewerb durch neue Technologien, ausgesetzt.
Wie gut die Betriebe diese Risiken steuern und welche Chancen sich aus der Transformation zu einer CO2-neutralen Wirtschaft ergeben, kann daher große Auswirkungen auf den Unternehmenserfolg haben.
Kapitalanlegern, die die Folgen des Klimawandels bei ihren Investmententscheidungen berücksichtigen möchten, steht mittlerweile eine große Auswahl an Produkten zur Verfügung. Doch welche Strategie passt zu den eigenen Bedürfnissen? Nachstehend fünf gängige Investitionsansätze mit ihren jeweiligen Chancen und Risiken.
Zur Person
Patrick Nass, CFA, ist Diplom-Ökonom und aktives Mitglied der CFA Society Germany. Er ist beim Bankhaus Ellwanger & Geiger als Portfoliomanager für liquide Assets tätig und dabei unter anderem für die ESG-Integration zuständig.
Ansatz Nummer 1: Fossile Energieträger? Nein Danke!
Der einfachste Ansatz: Förderer fossiler Energieträger ausschließen. Damit werden Titel mit den größten Übergangsrisiken gemieden, ohne dass die Diversifikation stark darunter leidet. Der Nachteil ist, dass dadurch auch Unternehmen vom Kapitalmarkt abgeschnitten werden, die sich aktuell in der Transformation befinden. Eine weitere Schwäche ist die Fokussierung auf fossile Energieträger. Investitionen in andere energieintensive Branchen werden weiterhin getätigt.
Ansatz Nummer 2: Weniger CO2-Emissionen sind besser
Der letzte Kritikpunkt von Ansatz 1 wird hier direkt aufgegriffen: Es geht darum, gezielt in Unternehmen mit geringen CO2-Emissionen zu investieren. Die Idee: Aktiv um die Emissionsreduzierung bemühte Unternehmen sind weniger Risiken ausgesetzt. Entscheidend sind dabei nicht die absoluten Emissionen eines Unternehmens, sondern dessen Emissionsintensität, also die CO2-Emissionen in Relation zum Umsatz. Meist werden dann die besten Unternehmen aus jeder Branche ausgewählt. So können Klumpenrisiken in wenigen emissionsarmen Branchen vermieden werden. Wichtig ist bei dem Ansatz, dass die Schwellenwerte ausreichend streng definiert sind. Sonst droht eine Verwässerung der beabsichtigten Effekte.
Ansatz Nummer 3: Vorreiter bei der Transformation
Ein ganzheitlicheres Vorgehen ist die Auswahl von Unternehmen, die in der Transformation zur Klimaneutralität schon relativ weit fortgeschritten sind. Gemessen wird dies – anders als beim vorherigen Ansatz – nicht allein an den aktuellen Emissionen. Weitere Kriterien sind die Emissionsziele der Unternehmen über die nächsten Jahre und Jahrzehnte, deren Maßnahmen zur Zielerreichung und das Management von Klimarisiken. Auch hier liegt der Fokus in der Regel auf den besten Unternehmen jeder Branche.
Ansatz Nummer 4: Das Pariser Klimaabkommen als Maßstab
Die bisherigen Ansätze haben den Fokus auf die einzelnen Unternehmen gelegt. Ansatz Nummer 4 betrachtet das Portfolio hingegen als Ganzes. Anspruch ist es, die Emissionen im Zeitablauf so zu reduzieren, dass die Ziele des Pariser Klimaabkommens erreicht werden. Der bekannteste Ansatz ist dabei die sogenannte Paris-Aligned Benchmark (PAB) der EU. Solch ein Portfolio muss – neben anderen Kriterien – bei Start eine um 50 Prozent geringere Intensität der Treibhausgasemissionen als das Anlageuniversum haben und diese jährlich um mindestens sieben Prozent reduzieren. Der Ansatz bietet den Vorteil, dass die Auswirkungen des Portfolios auf das Klima besser abgeschätzt werden können. Eine Schwäche: Die jährlichen Reduktionsziele können auch durch Umschichtungen in emissionsärmere Unternehmen erreicht werden.
Ansatz Nummer 5: In Problemlösungen investieren
Die skizzierten Strategien legen ihren Schwerpunkt vornehmlich auf die CO2-Emissionen der investierten Unternehmen. Ein alternativer Ansatz ist es, in Unternehmen zu investieren, die mit ihren Produkten und Dienstleistungen helfen, die Transformation zu einer klimaneutralen Wirtschaft voranzubringen. Statt der Risikoreduzierung stehen hier die Wachstumschancen neuer Technologien und Konzepte im Vordergrund. Solche Strategien erleichtern es Unternehmen, ihre Innovationen und ihr Wachstum über den Kapitalmarkt zu finanzieren. Ein Nachteil für Anleger kann sein, dass ein solches Portfolio deutlich technologielastiger und insgesamt weniger diversifiziert ist. Daher sollte eine solche Strategie immer zusammen mit anderen Vermögensanlagen betrachtet werden.
Fazit und Ausblick
Klimabezogene Anlagestrategien verfolgen sehr unterschiedliche Investitionsansätze. Die Produktvielfalt mag verwirrend sein. Produktnamen wie „Low Carbon“ oder „Climate Change“ sagen häufig relativ wenig darüber aus, ob und wie Klimarisiken reduziert werden oder inwieweit diese zur Bekämpfung des Klimawandels beitragen. Wichtig ist daher, vor einer Anlageentscheidung zu prüfen, ob die Strategie zu den eigenen Zielen und Erwartungen passt.
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Die Kolumne „Verkehrte Finanzwelt“ entsteht in Zusammenarbeit mit der CFA Society Germany.