BaFin-Chefposten Diese 5 Punkte sollten im Profil der neuen BaFin-Spitze stehen

Wer demnächst an der Spitze der BaFin steht, ist noch nicht klar. Es ist nur klar, was die Nachfolgelösung (m/w/d) können muss. Quelle: imago images

Die Finanzaufsicht BaFin braucht eine neue Leitung. Um diesen Job bestmöglich ausüben zu können bedarf es einiger Eigenschaften – viele beginnen mit „un“. Was die Nachfolgelösung von Behördenchef Felix Hufeld können muss.

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In der darbenden Finanzindustrie ist es eigentlich ein Traumjob: Während Banken derzeit Tausende Stellen abbauen, soll die Bonner Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht richtig groß rauskommen. Als Lehre aus dem Wirecardskandal will die Regierung in Berlin die Behörde stärken, sie erhält neue Referate, neue Kompetenzen und neues Personal. Was der Wachstumsstory noch fehlt, ist eine überzeugende Führungsperson.

Die dürfte nur schwer zu finden sein. Bis zuletzt hatte der bisherige Chef Felix Hufeld die BaFin als eine der besten Aufsichtsbehörden der Welt gelobt. Mit der Wahrnehmung stand er allerdings sehr allein auf dem weiten Behördenflur. Nach dem Wirecard-Skandal gilt die BaFin als Synonym bürokratisch ausgewucherter Inkompetenz.

Dass Hufeld im Zuge des Skandals irgendwann gehen würde, ist keine Überraschung. Das zuständige Finanzministerium dürfte darauf vorbereitet gewesen sein. Trotzdem ist eine Nachbesetzung noch nicht in Sicht. Was eine Nachfolgelösung (m/w/d) können muss, steht allerdings fest. Ein Profil in fünf Punkten:

von Saskia Littmann, Cornelius Welp, Lukas Zdrzalek

Unbelastet: Die öffentliche Wahrnehmung ist eindeutig: BaFin-Mitarbeiter schleppen sich morgens in die mit Linoleum ausgelegte Kaffeeküche, tauschen bei dünnem Filtergebräu und Mettbrötchen ein paar Insidertipps aus und schieben den Rest des Tages Akten hin und her. Das hat mit der Realität nur bedingt etwas zu tun – macht einen internen Kandidaten aber unwahrscheinlich. Die amtierenden Exekutivdirektoren könnten einen Neuanafang jedenfalls nur schwer verkörpern. Mit 57 Jahren käme dafür altersmäßig ohnehin fast nur der bisher für Abwicklung und Geldwäsche zuständige Thorsten Pötzsch in Betracht.

Unabhängig: In den vergangenen Jahren hatte sich die BaFin darum bemüht, externe Experten an sich zu binden. Das gesamte Spitzenpersonal – inklusive Behördenchef Hufeld – hat keine reine Beamtenkarrieren absolviert, sondern Erfahrungen in der Industrie gesammelt. Das mag an sich sinnvoll sein, wäre aktuell aber ein Nachteil. Denn in der jetzigen Situation darf nicht mal der Anschein von Nähe und Kumpanei zu den beaufsichtigten Branchen durchglimmen. Je weiter weg sich die künftige BaFin-Spitze bisher von der Industrie bewegt hat, desto überzeugender ist die Wahl.

Un-Untertänig: Die BaFin ist eine dem Finanzministerium nachgeordnete Behörde. Hinter vorgehaltener Hand klagen ihre Mitarbeiter seit Jahren darüber, dass sie sich bei fast allen Entscheidungen mit den Verantwortlichen in Berlin abstimmen müssen. Selbst die europäische Aufsichtsbehörde ESMA hat diese Abhängigkeit zuletzt kritisiert. Die künftige BaFin-Spitze wird sich emanzipieren müssen. Das empfiehlt sich schon aus parteitaktischen Gründen: Derzeit wird das Ministerium bekanntlich von der SPD geführt. Das dürfte sich nach der Bundestagswahl allerdings so gut wie sicher ändern.

BaFin-Präsident Felix Hufeld räumt seinen Posten. Der Rücktritt ist angesichts der vielen Fehler im Wirecard-Skandal richtig – und verstörend, weil Bundesfinanzminister Olaf Scholz nicht früher gehandelt hat.
von Lukas Zdrzalek

Unformal: Eine besonders erstaunliche Erkenntnis des Wirecardskandals ist die völlige Fehleinschätzung der kritischen Berichte, vor allem in der „Financial Times“. Einige Mitarbeiter der BaFin kannten diese überhaupt nicht, andere ignorierten sie und verließen sich stumpf auf die Angaben des Unternehmens und das Verdikt des Wirtschaftsprüfers. Dabei sollte selbst bei kurzzeitigem Überlegen offensichtlich sein, dass sich Medien dem Risiko milliardenschwerer Schadenersatzklagen kaum aussetzen würden, wenn sie ihrer Sache nicht sicher wären. Das hätte zumindest dazu geführt, dass man die Vorwürfe ernstnahm.

Hufeld selbst flüchtete sich bei seiner Verteidigung auch in Formalismus, indem er argumentierte, dass die Behörde das Unternehmen Wirecard in seiner Gänze gar nicht hätte beaufsichtigen können und die Schuld zudem bei den Wirtschaftsprüfern ablud. Im größten Wirtschaftsskandal der Nachkriegszeit war es aber nur bedingt hilfreich, sich hinter Vorschriften zu verstecken.

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Unempfindlich: Die vergangenen Jahre waren für die BaFin-Beschäftigten schon ohne den Fall Wirecard nicht ganz leicht. Die Aufsicht über die größten Banken liegt heute bei der EZB, die Behörde wurde dadurch ein Stück weit entmachtet. Hufeld hatte den Verlust stets mit bewusst markigen Worten überspielt. Der Fall Wirecard dürfte viele Beschäftigte nun jedoch vollends demotiviert haben. Wer auch immer die Führung übernimmt, wird sie wieder aufrichten müssen.

Mehr zum Thema: Hufelds Rücktritt ist ein Problem für Olaf Scholz

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