Grundsteuerreform Es wird aufwändig

Grundsteuerreform wird für Eigentümer und Finanzämter aufwändig Quelle: dpa

Wenn die Grundsteuerreform kommt, muss jeder Landeigentümer eine zusätzliche Steuererklärung abgeben. Wie hoch der Verwaltungsaufwand wirklich wird, hängt aber immer noch von der Wahl des neuen Modells ab.

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Als die Bundesrichter in Karlsruhe im April das aktuelle Grundsteuermodell als verfassungswidrig kassierten, war es bereits zu ahnen: Jeder Grundbesitzer in Deutschland muss im Rahmen der Reform eine Steuer- oder Feststellungserklärung abgeben. So steht es in einer Antwort des Bundesfinanzministeriums auf eine kleine Anfrage der FDP-Fraktion im Bundestag.

Für die Eigentümer bedeutet das Mehrarbeit – wieviel ist noch nicht abzusehen. Auch der bürokratische Aufwand für die Finanzämter ist noch völlig unklar, da sich das Ministerium bisher nicht auf eines der drei angedachten Modelle festgelegt hat. Dieses muss bis 2024 umgesetzt werden, die entsprechenden Erklärungen würden also 2025 bei den Behörden eintreffen. Gerade bei einem – mindestens teilweise – automatisierten Verfahren ist das durchaus umsetzbar.

Am einfachsten würde es beim marktunabhängigen Modell. Es ist rein flächenbasiert und unterscheidet nur nach den Bereichen Wohnen und Gewerbe. Die Besitzer müssten kaum mehr Informationen als Größe und geplante Verwendung ihres Grundstücks angeben, das Amt könnte die Abgabe einfach ausrechnen. Das Verfahren wäre extrem einfach, transparent, sofort umsetzbar und würde die Grundsteuerlast kaum ändern, aber gerechter verteilen. Das alles wäre vorteilhaft für die Eigentümer, setzt aber auch keine Anreize, beispielsweise die Baugrundspekulation in attraktiven Lagen zu unterlassen.

Beispiele zur Berechnung der Grundsteuer

In seiner Antwort geht das Finanzministerium auch auf die Frage des verfassungsrechtlichen Grundsatzes der Belastungsgleichheit ein. Alle drei Modelle könnten diesen erfüllen – entscheidend ist, wie die materielle Rechtfertigung der neuen Grundsteuer aussieht. Das heißt: Wird sie eine Nutzungsgebühr für die Infrastruktur der Gemeinden, wäre das marktunabhängige Modell die erste Wahl. Die Kosten für die Instandhaltung von Straßen und Kanälen werden nicht maßgeblich teurer, wenn die Grundstücke aufgrund ihrer Lage wertvoller sind. Die Größe allein würde den Preis bestimmen – als Gradmesser für die Intensität der Nutzung dürfte sie durchaus geeignet sein.

Wird die reformierte Grundsteuer aber als Besteuerung der Profitmöglichkeiten durch den Grundbesitz bestimmt, ist dieses Modell hinfällig. Dann muss der Marktwert des Grundstückes einfließen. Das spräche für das Bodenrichtwert- und das Kostenwert-Modell.

Das Bodenrichtwert-Modell basiert auf dem aktuellen Wert des Baugrunds. Die Bodenrichtwerte für bestimmte Gegenden werden von Gutachterausschüssen errechnet; auf Basis von Meldungen der Notare beim Grundstücksverkauf. Da bei diesem Modell die Bebauung (bis auf die Gesamt-Etagenfläche) irrelevant ist, würden lukrative Innenstadt-Lagen immer gleich besteuert. Ein guter Grund, entsprechende Brachflächen zu bebauen, um die steigende Steuerlast mittelfristig abzufangen.

Die bisherige Grundsteuer ist verfassungswidrig, eine neue muss her. Viele Modelle wurden schon diskutiert, mittlerweile haben sich drei Ansätze herauskristallisiert. Was auf Eigentümer und Mieter zukommt.
von Andreas Toller

Da die Kommunen die Bodenrichtwerte ohnehin automatisiert erfassen müssen, sind die benötigten Daten zu guten Teilen bereits vorhanden, wenn auch nicht einheitlich. Allerdings hat eine Arbeitsgruppe von Bund, Ländern und Kommunen schon 2011 eine „Bodenrichtwertrichtlinie“ erarbeitet. Die Bundesregierung überlegt nun, diese in Form einer Verwaltungsvorschrift oder Rechtsverordnung verbindlich zu machen. Das würde einen gewissen Aufwand bedeuten – die notwendige Bemessungsgrundlage für die reformierte Grundsteuer wäre dann aber gegeben und die Neuberechnung könnte großteils automatisiert erfolgen.

Kaum gute Nachrichten gibt es dagegen für das Kostenwert-Modell. Es richtet sich sowohl nach dem Bodenrichtwert, als auch nach einem fiktiven, zu berechnenden Neubaupreis der Gebäude. Außerdem soll das Alter der Bebauung mindernd einfließen. Dadurch wären sanierte, alte Gebäude deutlich günstiger als Neubauten – und auch das Brachland wäre vermutlich in einigen Fällen lukrativer als die Nutzung. Auch der Verwaltungsaufwand und die entstehenden Kosten wären enorm: Für die Berechnung des Kostenwerts wird der Bodenrichtwert benötigt, zusätzlich aber eine kaum abzuschätzende Menge an zusätzlichen Informationen zur Berechnung des Gebäude-Zeitwerts. Sollten sanierte Altgebäude die Besitzer dabei tatsächlich preisgünstiger wegkommen lassen als bei vergleichbaren Neubauten, wäre auch die Belastungsgleichheit gefährdet. Die Bundesrichter könnten erneut einschreiten.

Was Sie über die Grundsteuer-Entscheidung wissen müssen

Auch die Zeitschätzung der Länder für die Umsetzung lässt nichts Gutes hoffen: Ab 2027 wäre ein Inkrafttreten der neuen Regelung realistisch. Drei Jahre zu spät. Einziger Pluspunkt, den das Modell für sich verbuchen kann: Es hat bereits einmal den Bundesrat passiert. Dass es damals nicht in den Bundestag kam, lag am Widerstand der CSU.

Ansonsten herrscht noch viel Unschlüssigkeit. Das Gesamt-Steueraufkommen soll bleiben, auch das Hebesatzrecht, das den Kommunen erlaubt, mit einem Multiplikator die tatsächliche Höhe der Grundsteuer relativ frei zu bestimmen. Was dagegen mit der Umlage der Grundsteuer auf mögliche Mieter oder der im Koalitionsvertrag verankerten „Grundsteuer C“ für Brachflächen geschieht, ist noch unklar.

Eine stark steigende Grundsteuer um bis zu 700 Prozent durch das das Kostenwertmodell ließe sich kaum vollständig an die Mieter weitergeben. Die Grundsteuer C dagegen könnte je nach Modell hinfällig werden – oder notwendiger denn je.

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