Wie üblich veröffentlicht Finanztest die wichtigsten Berichte seines neuen Heftes schon rund zwei Wochen vor Beginn des jeweiligen Erscheinungsmonats. Mitte Juni konnte der Versicherungsmakler Matthias Helberg daher bereits auf die Texte im Juli-Heft reagieren. Sein Fazit fiel vernichtend aus: Die Maßstäbe von Finanztest seien „unvollständig, lückenhaft, gar dilettantisch“, und der Test selbst sei „unverantwortlich gestrickt“.
Ganze 9,5 Klauseln habe Finanztest in diesem Test bewertet. Das sei sogar noch weniger, als der Bund der Versicherten (BdV) als Mindest-Anforderung für diese Versicherung formuliere. Er listete gut ein Dutzend Punkte auf, für die sich Finanztest nicht interessiert habe. Und er nahm in seinem Beitrag auch die Testsieger von Finanztest kritisch unter die Lupe und äußerte Zweifel, ob das Urteil „sehr gut“ in allen Fällen gerechtfertigt ist.
Aus manchen Zeilen spreche „die Leichtigkeit des Seins derjenigen, die für ihren Rat anders als Versicherungsmakler und Versicherungsberater nicht haften“, so Helberg. Das gelte beispielsweise für die Quasi-Empfehlung bei den Testkunden, dem Industriemechaniker und der Arzthelferin, eine Berufsunfähigkeitsversicherung nur bis zum Alter von 60 Jahren abzuschließen. Der Grund dafür: Die Police könnte so günstiger werden.
Helberg hält das für zweifelhaft: „Versicherungsschutz so lange auszuhöhlen, dass nur ja eine noch bezahlbare Prämie dabei herauskommt, kenne ich sonst nur von wenig vertrauenserweckenden Vermittlern in meiner Branche.“ Finanztest müsse berücksichtigen: Die Regelaltersrente gebe es heute bereits für jüngere Leute erst ab 67, die Altersrente für besonders langjährig Versicherte ab 65 Jahre. Die Tendenz steige, vor 63 gehe es nicht einmal mit Abschlägen.
Das Problem: Wer den Versicherungsschutz braucht, hat im Alter womöglich zu wenig Geld. Die Musterkunden von Finanztest jedenfalls erlitten bei einer Berufsunfähigkeit ab 60 einen möglichen Verlust von 18.000 Euro (Industriemechaniker) beziehungsweise 12.000 Euro (Arzthelferin) pro Jahr. In der Summe macht das für sieben Jahre „einen potentiellen Verlust von 126.000 Euro beziehungsweise 84.000 Euro aus“, kalkuliert Helberg. Und er fragt die Tester: „Warum rechnet Ihr das eigentlich Euren Lesern nicht vor?“
Überdies legt er den Finger auf eine wunde Stelle, das neue Logo-Lizenzsystem von Finanztest. Die Versicherer würden sicher mit Begeisterung ausgezeichnete Noten kaufen – umso besser also, wenn es dafür gleich mehr als 50 Kandidaten gibt. Nach seinen Recherchen kostet eine Lizenz für ein Jahr nun 7.000 bis 15.000 Euro. Bisher verlangte Finanztest dagegen nur wenige hundert Euro von den Versicherern. Helberg: „Das spült mehr Geld in die Kasse, als wenn man genauer hinsieht und feststellen müsste, dass es eigentlich nicht mehr als ein bis zwei Handvoll Tarife sind, die dieses Qualitätsurteil wirklich verdienen.“