Kindergeld und Ausbildungskosten So füllt der Fiskus die Studentenkasse

Seite 2/3

Erstausbildung ist genau definiert

Für die Steuerersparnis kann das einen großen Unterschied machen: Die Regelung bei der Zweitausbildung ist für viele Studierende günstiger, denn: Sonderausgaben sind pro Jahr auf 6000 Euro begrenzt und können nur mit Einkünften verrechnet werden, die im gleichen Jahr erzielt wurden. Wer keine oder nur geringe Einkünfte hat, muss den Steuerbonus also ungenutzt verfallen lassen.

Werden die Ausgaben dagegen als vorweggenommene Werbungskosten anerkannt, können sie durch den sogenannten Verlustvortrag Jahr für Jahr addiert werden. Der auf diese Weise angesammelte Betrag kann in den folgenden Jahren mit den Einkünften aus der Berufstätigkeit verrechnet werden. Wer sehr hohe Ausbildungskosten hatte, muss in den ersten Berufsjahren womöglich gar keine Steuern zahlen.

Um die Ausgaben für die Erstausbildung – beispielsweise ein Bachelorstudium, eine Therapeutenausbildung oder eine Pilotenausbildung – trotzdem als vorweggenommene Werbungskosten deklarieren zu können, konnte zwischenzeitlich ein Steuerschlupfloch genutzt werden. So hat mancher Student eine schnelle Ausbildung zum Taxifahrer oder Flugbegleiter eingeschoben, damit die eigentlich Ausbildung zur Zweitausbildung wurde.

Diese Möglichkeit ist seit 2015 aber passé. Im Einkommensteuergesetz (Paragraf 9 Abs. 6) ist die „Erstausbildung“ nun genau definiert. Unter anderem muss sie bei Vollzeitbeschäftigung mindestens zwölf Monate dauern.

Ausnahme für Erstausbildung im Rahmen eines Dienstverhältnisses

Eine Ausnahme von der Regel gilt jedoch für junge Leute, die ihre Erstausbildung im Rahmen eines Dienstverhältnisses absolvieren – also beispielsweise eine Berufsausbildung als Bürokauffrau oder -mann, als Maurer oder Bäcker machen. Sie können ihre Ausgaben wie andere abhängig Beschäftigte unbegrenzt als Werbungskosten geltend machen. Pech haben dagegen jene, die direkt nach der Schule ein Studium starten oder sich – verbunden mit hohen Kosten – etwa zum Pilot, Physiotherapeut oder Dolmetscher ausbilden lassen.

Dass diese Unterscheidung ungerecht ist, hat inzwischen auch der Bundesfinanzhof festgestellt. Nach seiner Auffassung sind Ausgaben für die Ausbildung zu einem Beruf „als notwendige Voraussetzung für eine nachfolgende Berufstätigkeit beruflich veranlasst“ und müssten deshalb als Werbungskosten einkommensteuerrechtlich berücksichtigt werden. Vorweggenommene Werbungskosten bei der Erstausbildung nicht anzuerkennen, verstoße gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz).

Inhalt
Artikel auf einer Seite lesen
© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%