Denn das berühmte „Groundgame“, wie der Haustürwahlkampf in den USA genannt wird, gilt als eigentlich entscheidend. Dabei haben sich die Demokraten in den zwei erfolgreichen Obama-Wahlkämpfen einen enormen Wissensvorsprung erarbeitet. „Die Demokraten hatten einen klaren Vorteil beim Einsatz neuer Technologien“, heißt es in einem internen Report der Republikaner. Dadurch konnten Obamas Wahlkämpfer an doppelt so viele Türen klopfen wie das Team seines Herausforderers Mitt Romney.
Den Vorsprung der Demokraten belegt auch eine Studie der University of North Carolina at Chapel Hill. Forscher dort haben ausgerechnet, dass die Republikaner von 2004 bis 2012 nur 120 Daten- und Digitalexperten in ihren Wahlkampfteams beschäftigt haben. Bei den Demokraten waren es mehr als 500.
Viele arbeiten nun für Clinton, so wie ihr Datenguru Elan Kriegel. Er leitete 2012 für Obama das Analyseteam für die sogenannten „Swing States“, jene lange unentschiedenen Bundesstaaten, die am Ende den Wahlausgang entschieden haben. Dabei entwickelte Kriegel einen Algorithmus, um zu berechnen, wo sich die Werbespots im Fernsehen wirklich lohnen. Basierend darauf empfahl Kriegel etwa, im Nachtprogramm des Kinderkanals zu werben – bis dato eine politpropagandafreie Zone. „Das war ein günstiger Weg, unentschlossene Wähler zu erreichen“, erzählt der Statistikexperte.
Nun legen die Algorithmen fest, wo Clinton ihre 140 Millionen TV-Werbedollar platziert. Daneben analysieren Kriegel und sein Team aus 60 Mathematikern und Datenspezialisten auch alle anderen Wege, auf denen sich Wähler überzeugen und mobilisieren lassen. Wen muss man noch ansprechen? Wo müssen Wähler zur Registrierung bewegt werden? Wann ist der beste Zeitpunkt dafür? Kriegel gibt die Antworten. Clintons Kampagnenmanager Robby Mook nennt ihn daher „unsere unsichtbare Hand“.
Den Republikanern war seit Langem klar, zu welcher Bedrohung sich die Datenmaschinerie des Gegners entwickelt hat. Um den Rückstand aufzuholen, investierte die Partei seit der verlorenen Wahl 2012 100 Millionen Dollar in Technologie und ein eigenes Datencenter. Umso erstaunlicher ist es, dass Trump diese Ressourcen so spät anzapft.
Den Republikanern schwant Übles
Nun könnte die technologische Aufholjagd zu spät kommen. „Du kannst kein Baby in drei Monaten bekommen“, warnte Zac Moffatt schon während der Vorwahlen. Der Mann muss es wissen: Er war Digitalchef von Romney. Nur wenig diplomatischer urteilt Tobias Konitzer, der sich an der Stanford-Universität mit der politischen Massenpolarisierung beschäftigt. „Ob Trump mit seiner Strategie Fehler gemacht hat? Da wir davon ausgehen, dass er verlieren wird, hat es sicher nicht geholfen.“ Republikaner fürchten inzwischen sogar, dass sie am 8. November mehr verlieren als eine Wahl. Patrick Ruffini, einem ihrer erfahrensten Digitalstrategen, jedenfalls schwant Übles: „Bisher hatten wir im elektronischen Wahlkampf einen Rückstand von einer Wahlperiode, nun werden es zwei sein.“