„Erschreckend für Deutschland“ USA stufen europäische Autos offenbar als Sicherheitsgefahr ein

Trump Strafzölle Europäische Autots Quelle: dpa

US-Sonderzölle auf deutsche Autos? Für Präsident Trump scheint der Weg frei. Die Bundeskanzlerin fasst die entscheidende Einschätzung des US-Handelsministeriums so zusammen: erschreckend.

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Europäische Autos sind eine Bedrohung für die nationale Sicherheit der USA - zu dieser Einschätzung ist nun nach Angaben von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) offensichtlich das US-Handelsministerium gekommen. Das sei für Deutschland erschreckend, sagte Merkel bei der Münchner Sicherheitskonferenz. „Wir sind stolz auf unsere Autos. Das dürfen wir ja auch.“ Auf der Grundlage der Einschätzung des Handelsministeriums könnte US-Präsident Donald Trump neue Sonderzölle einführen. Der Wert europäischer Auto- und Autoteilexporte in die USA wurde zuletzt von der EU-Kommission auf mehr als 50 Milliarden Euro pro Jahr geschätzt.

Das US-Handelsministerium hat einen entsprechenden Prüfbericht über die Bedrohung der nationalen Sicherheit durch Auto-Importe an den US-Präsidenten übergeben. Details des Berichts würden allerdings nicht veröffentlicht, sagte eine Ministeriumssprecherin am Sonntagabend. Trump hat nun 90 Tage Zeit, um auf dieser Basis zu entscheiden, ob er Zölle von bis zu 25 Prozent auf Auto-Einfuhren verhängt. Allerdings ist unklar, ob es tatsächlich zu diesem Schritt kommt.

Merkel sagte am Wochenende in München, sie verstehe nicht, wie die Amerikaner deutsche Autos als Gefahr für die nationale Sicherheit einstufen könnten. „Diese Autos werden gebaut in den Vereinigten Staaten von Amerika.“ Im US-Bundesstaat South Carolina befinde sich das größte BMW-Werk. „Nicht in Bayern, in South Carolina“, betonte sie. „Ich glaube, es wäre gut, wir kommen in gute Gespräche miteinander.“

Mit Sonderzöllen will Trump das amerikanische Handelsdefizit im Vergleich mit der EU abbauen, das er als unfair empfindet, und Jobs in den USA schaffen. Als möglich gilt aber auch, dass der Präsident die Drohung mit Zöllen als Druckmittel in den Verhandlungen einsetzt. So wird laut „Handelsblatt“ in Deutschland damit gerechnet, dass die USA Zölle in Höhe von 10 bis 25 Prozent verhängen, zunächst aber Ausnahmen für europäische Autos genehmigen könnten. „Ich mag Zölle, aber ich möchte auch, dass sie verhandeln“, hatte der Präsident gesagt.

Die US-Autobranche sprach sich gegen Zölle aus. Die Zölle dürften die Autopreise um mehrere Tausend Dollar nach oben treiben und Hunderttausende Stellen in den USA kosten. Der Branchenverband erklärte, die Zölle könnten die Investitionen in den USA drosseln. „Kein einziges Unternehmen in der heimischen Autobranche hat diese Untersuchung verlangt.“

Auch aus dem US-Kongress kommt Kritik. Der einflussreiche Senator Chuck Grassley etwa – Vorsitzender des Finanzausschusses im Senat – klagte zuletzt, Sonderzölle auf Autos und Autoteile würden Verbraucher enorm belasten, die sich ein Auto kauften - egal, ob es in den USA produziert oder importiert sei. „Zölle sind keine langfristige Lösung“, mahnte der Republikaner. Sie könnten kurzfristig Schutz für die inländische Wirtschaft liefern – aber auf Kosten von Verbrauchern und Industrien, die zunehmend von komplexen globalen Lieferketten abhingen.

Ähnlich reagierte die deutsche Autoindustrie auf die bevorstehende Einstufung europäischer Autoimporte als Gefahr für die nationale Sicherheit der USA. Falls das US-Handelsministerium zu dieser Einschätzung käme, wäre dies nicht nachvollziehbar, teilte der Verband der Automobilindustrie (VDA) in Berlin mit.

So habe allein die deutsche Autobranche in den vergangenen Jahren mit rund 300 Fabriken mehr als 113.000 Arbeitsplätze in den USA geschaffen sowie die duale Ausbildung für qualifizierte Arbeitskräfte eingeführt und sei der größte Autoexporteur aus den USA. „Das alles stärkt die USA und ist kein Sicherheitsproblem“, so der VDA.

Der Verband sprach sich erneut für Freihandel und den Abbau von Zöllen aus. „Zollschranken nutzen niemandem, auch den USA nicht. Vielmehr stellen sie eine Belastung für den Welthandel und internationale Wertschöpfungsketten dar, von der vor allem auch die amerikanische Automobilindustrie betroffen wäre.“

Das Ergebnis des Berichts aus dem US-Handelsministerium entscheidet noch nichts. Trump ist trotz der Einschätzung des Ministeriums völlig frei darin, welchen Weg er einschlagen will. Der Präsident hat sich zuletzt, etwa im Handelskonflikt mit China, als „Mann der Zölle“ inszeniert. Aber sieht er die Drohung mit Autozöllen nur als Druckmittel, um die Europäer zu Verhandlungen zu zwingen? Oder würde er wirklich ernst machen? Bei der Entscheidung - über ein Thema, das viele Bürger trifft - dürfte auch der nahende Wahlkampf für die Präsidentschaftswahl 2020 eine Rolle spielen.

Laut einer Studie des Münchner ifo Instituts dürften neue Sonderzölle die deutschen Autohersteller empfindlich treffen. Sollten die USA die Importzölle dauerhaft um 25 Prozent erhöhen, könnten sich die deutschen Autoexporte in die USA langfristig fast halbieren, geht aus den Berechnungen hervor. Das würde sich auch spürbar auf die Ausfuhren insgesamt auswirken: „Diese Zölle würden die gesamten Auto-Exporte aus Deutschland um 7,7 Prozent verringern, was einem Wert von 18,4 Milliarden Euro entspräche“, sagte ifo-Experte Gabriel Felbermayr.

Gegenzölle machen das alles kaputt“

Die EU hatte bereits angekündigt, dass sie auf neue US-Zölle mit Vergeltungszöllen reagieren würden. Denkbar ist demnach, dass im ersten Schritt Ausgleichszölle auf US-Waren im Wert von rund 20 Milliarden Euro verhängt würden.

Sollte Trump tatsächlich ernst machen, dürfte dies laut ifo die Wertschöpfung der deutschen Autoindustrie um rund fünf Prozent beziehungsweise um sieben Milliarden Euro senken. Innerhalb der EU würden etwa 60 Prozent des Schadens für die Wirtschaftskraft auf die Bundesrepublik entfallen. Die Wertschöpfung in der US-Autoindustrie dürfte dagegen um rund 25 Milliarden Euro steigen.

Noch im Dezember hatte eine Delegation deutscher Automanager von VW, Daimler und BMW Trump getroffen, um ihn von Sonderzöllen abzubringen – doch wie viel das brachte, bleibt unklar.

Die deutsche Autoindustrie warnt vor Abschottung und verweist auf die Bedeutung der deutschen Autobauer und Zulieferer für den US-Arbeitsmarkt. „2018 waren rund 118.000 Mitarbeiter in ihren Werken direkt beschäftigt, rund 8000 mehr als ein Jahr zuvor“, heißt es vom Verband der Automobilindustrie (VDA). „Während wir 2018 rund 750.000 Fahrzeuge in den deutschen US-Werken produziert haben, wurden nur 470.000 Neuwagen aus Deutschland in die USA exportiert.“

Würde es keine Gegenreaktion anderer Länder geben, könnten die USA langfristig von Sonderzöllen erheblich profitieren, sagte ifo-Experte Felbermayr. „Porsche, Audi, BMW, Mercedes & Co. würden verstärkt in den USA produzieren und so die Zölle umgehen.“ Wer weiter in die USA exportiere, müsse die Preise senken. Außerdem würden die USA Milliarden an Zolleinnahmen kassieren. Das Problem ist nur: „Gegenzölle machen das alles kaputt.“ Und das könnte der Haken an Trumps Rechnung sein.

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