Handelskrieg Was hinter den China-Zöllen von Trump steckt

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Leiden am Ende die US-Konsumenten?

In vielen Branchen gilt weiterhin Joint-Venture-Pflicht. In mehreren duzend Branchen dürfen ausländische Firmen nur eingeschränkt oder gar nicht investieren - unter anderem im Bankensektor, den Verlagen und der Telekommunikationsbranche. Zudem drängt Peking ausländische Firmen dazu, Parteizellen der KP größeren Einfluss in ihren Unternehmen einräumen und diese sogar in Entscheidungsgremien zu setzen.

„Sollte diese Art der Beeinflussung ausländisch investierter Unternehmen weiter fortschreiten, ist es nicht auszuschließen, dass sich deutsche Unternehmen aus dem chinesischen Markt zurückziehen oder Investitionsentscheidungen überdenken“, drohte die Auslandshandelskammer in Peking zuletzt in einem Statement.

Während es die ausländischen Unternehmen gängelt, betreibt Peking seit Jahren eine aggressive, nationalistische Industriepolitik. Als Teil seiner Made in China 2025-Initiative hat die Regierung zehn Schlüsselindustrien identifiziert, in denen das Land in der Zukunft zu anderen Industriestaaten aufholen will. Bei den Batterieherstellern zeigt sich, wie rigoros die Chinesen dabei vorgehen. Ab 2019 müssen die Autobauer eine Mindestquote an E-Autos herstellen, ansonsten drohen ihnen hohe Strafen. Bei der Produktion der Batterien sind die ausländischen Hersteller aber zum größten Teil von chinesischen Herstellern abhängig. Kunden, die E-Autos kaufen, können von staatlichen Subventionen profitieren. Diese belaufen sich teilweise auf um die 10.000 Euro pro Auto.

2016 und 2017 hat China rund 10 Milliarden Euro (83 Milliarden RMB) an Subventionen für diese Programme ausgegeben. Aber obwohl einige der größten ausländischen Hersteller der Stromspeicher, darunter LG Chem und Samsung SDI aus Südkorea, bereits früh in China in Anlagen investiert haben, können Autokäufer mit ihren Batterien keine Subventionen beantragen. Um keine Kunden zu verlieren, setzen ausländische und heimische Hersteller deshalb lieber auf chinesische Produzenten. Ähnlich geht das Land auch in anderen Branchen vor. Die Provinzen Anhui, Shanghai, Fujian und Sichuan fördern beispielsweise heimische Hersteller bei Käufen von CT- und MRT-Geräten. Die westchinesische Provinz Sichuan wiederum schreibt vor, dass Krankenhäuser 65 Prozent ihres Budgets für Geräte von chinesischen Produzenten ausgeben müssen.

Anders als nach der Bekanntgabe der Einführung von Stahlzöllen bleibt deshalb auch der große Aufschrei in Washington aus. Die Maßnahmen gegen China sind populär. Im Kongress – und erst recht bei den Bürgern. Seit Jahren hat Trump die Stimmung aufgeheizt, China als Land gebrandmarkt, das den Vereinigten Staaten Jobs klaue, „wie keine zweite Nation“. Das kommt an beim weißen Arbeiter in Pittsburgh, St. Louis oder Green Bay, der mit ansehen musste, wie über die Jahre Jobs in der Industrie abgebaut und verlagert wurden. Jede Attacke von Trump gegen die Führung in Peking löst bei öffentlichen Auftritten Jubelschreie der Anhänger aus – gefolgt von „USA, USA“-Sprechchören.

Ökonomen in den USA sehen die Sache gleichwohl differenzierter. Importzölle würden weder den US-Unternehmen helfen, noch den US-Arbeitern, kritisieren sie. Sollten Kleidung, Möbel, Elektroartikel und Spielzeuge aus China mit Strafzahlungen versehen werden, müssten die US-Konsumenten nur tiefer in die Tasche greifen. „Die Mittelschicht würde 29 Prozent an Kaufkraft verlieren, wenn sich Amerika abschottet“, unterstreicht Robert Lawrence, Professor für internationalen Handel an der Harvard University. Die Unterschicht, bei denen Konsumabgaben einen höheren Anteil an den Ausgaben haben als bei Besserverdienenden, würde gar 62 Prozent ihrer Kaufkraft einbüßen.

Auch die heimische Wirtschaft könnte unter den höheren Preisen für Importe leiden. All jene US-Unternehmen etwa, die Stahl und Aluminium weiterverarbeiten und verwenden, von den Brauereien, die Bier in Dosen abfüllen bis hin zu den Flugzeugbauern, müssten tiefer in die Tasche greifen, und eventuell auf der Kostenseite sparen – möglicherweise beim größten Ausgabeposten, dem Personal. „Bestenfalls ein Nullsummenspiel“ würden die Strafzölle auf Stahl und Aluminium sein, sagt Moody’s-Ökonom Atsi Sheth. „Es wird mehr Verlierer als Gewinner geben“, prognostiziert Monica de Bolle vom Petersen Institut. Das gilt erst recht, wenn die Liste der Strafzölle noch länger wird.

Ähnlich sieht das auch Ding Yuan von der Chinese European Business School in Shanghai. Seine Warnung geht vor allem in Richtung Trump, der mit seinen Alleingängen nicht nur die Chinesen verärgert, sondern auch seine Partner in der EU und andere Verbündeten. Die chinesische Wirtschaft und die europäische Wirtschaft ergänzten sich gut, sagt Ding. Gleichzeitig seien die Amerikaner und Europäer in vielen Branchen Konkurrenten. „Das Verhalten der USA wird die EU und China näher zusammenbringen“, prophezeit er. Der amerikanische Markt sei nur 300 Millionen Menschen groß, der Europäische schon 500 Millionen. Auf dem asiatischen Markt werden hingegen 2030 bereits drei Milliarden Menschen in der Mittelschicht leben. Wenn die USA sich isolierten, werden sie ins Abseits geraten. Donald Trump mache sehr kurzlebige Versprechen, die von Kurzsicht zeugten. „Die USA sollten sich klarmachen, dass niemand unersetzbar ist.“

Dazu schottet China seine Wirtschaft zwar ab. Gleichzeitig aber – so die Erwartung – wird ein China als Reaktion auf die US-Strafzölle seine Märkte kaum öffnen. Das bestätigte sich bereits Freitagmorgen. Das Handelsministerium in Peking erklärte, als Reaktion auf die Stahl- und Aluminiumzölle wiederum selbst Zölle auf amerikanische Importe in der Höhe von drei Milliarden US-Dollar erheben zu wollen. Zunächst sollen auf 120 Produkte 15 Prozent erhoben werden, darunter auf Produkte wie Früchte, Nüsse und Wein in Höhe von 977 Millionen Dollar. Dann sollen 25 Prozent auf Schweinefleisch und wieder aufbereitete Aluminiumprodukte folgen. Die Zölle werden kommen, sollte Washington nicht einlenken, erklärte das Ministerium. Die chinesische Botschaft in den USA veröffentlichte zudem ein Statement, in dem es seine „starke Enttäuschung und seinen entschiedenen Einspruch“ ausdrückte. Gleichzeitig erklärte der Botschafter: „China hat keine Angst vor einem Handelskrieg und werde diesem nicht ausweichen.“

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