In der kommenden Woche soll es endlich soweit sein. Am Donnerstag, so berichten US-Medien, will Floridas Gouverneur Ron DeSantis seine Kandidatur für das Weiße Haus erklären. Der Schritt war lange erwartet worden, zeitweise galt DeSantis gar als Favorit auf die Präsidentschaftsnominierung der Republikaner – nun ist ihm in den Umfragen sogar Ex-Präsident Donald Trump weit enteilt. Hinzu kommt jetzt ein weiterer Schock.
Disney, der größte private Arbeitgeber in Florida, streicht geplante Investitionen in Höhe von einer Milliarde Dollar, die 2000 Arbeitsplätze in den Staat gebracht hätten. Und das muss nicht das Ende sein.
Es geht um Investitionen von 17 Milliarden Dollar
Im vergangenen Monat hatte Disney-CEO Bob Iger durchblicken lassen, dass sämtliche geplante Investitionen in den konzerneigenen Themenpark in Orlando gestrichen werden könnten. Gesamtsumme: 17 Milliarden Dollar. Igers Schritt ist die Quittung für DeSantis‘ feindselige Politik gegenüber dem Maus-Imperium.
Konzern und Gouverneur liegen schon lange im Clinch miteinander. Nachdem Ex-Disney-Chef Bob Chapek DeSantis‘ Republikaner für ein Gesetz kritisiert hatte, das Diskussionen über sexuelle Identitäten in Schulen einschränkte und eine Überprüfung der Spendenpraxis seines Konzerns ankündigte, verbiss sich der Gouverneur in Disney.
DeSantis drohte mit Gefängnisbau neben dem Park
Er versuchte, lange etablierte Sonderrechte des Unternehmens einzuschränken, drohte zeitweise damit, ein neues Gefängnis neben dem Vergnügungspark für Kinder zu bauen. Disney wiederum konnte DeSantis zeitweise ausmanövrieren, verklagte ihn zuletzt wegen „einer gezielten Kampagne von Vergeltungsmaßnahmen der Regierung“. Nun folgte die Streichung der geplanten Investitionen.
Die Eskalationsspirale zeigt, wie sinnlos DeSantis‘ Konzentration auf Kulturkampfthemen ist. Sicher, Florida steht unter seiner Regierung gut da. Das tut der Staat allerdings seit Langem. Doch das Vorgehen des Republikaners zeigt, wo er seine Prioritäten sieht: Er will seine Parteibasis aufputschen, um von einer Welle der Begeisterung über seine paleo-konservative Agenda ins Weiße Haus getragen zu werden. Auch deshalb dürfte er so lange damit gewartet haben, seine Kandidatur zu verkünden.
Bis vor wenigen Wochen tagte noch die Legislatur von Florida. DeSantis nutzte die großen Mehrheiten der Republikaner in beiden Kammern, um eine scharf rechte Agenda durchzusetzen – von einem nahezu totalen Abtreibungsverbot über Lockerungen im Waffenrecht bis hin zur Senkung der Anforderungen für die Verhängung der Todesstrafe. Der Kampf mit Disney passt in dieses Bild.
Zorn über eine schwarze Meerjungfrau
DeSantis will den Zorn in Teilen der Bevölkerung abholen, dem der Unterhaltungskonzern zu progressiv geworden ist. Dass die Filme aus dem Maus-Haus mittlerweile regelmäßig homosexuelle Charaktere beinhalten oder dass die Arielle die Meerjungfrau in ihrer Neuverfilmung von einer schwarzen Schauspielerin verkörpert wird, beschäftigt in der rechten Medienbubble überraschend viele erwachsene Männer und Frauen. Also legte sich der Gouverneur mit dem Konzern an. Die Folgen darf nun Zentralflorida ausbaden, das auf eine siebenstellige Investition verzichten muss.
Das Beispiel zeigt, wie nutzlos die Konzentration auf Kulturkampfthemen ist. Ein Konzern wie Disney wird die in seinen Medien dargestellten Werte nicht verändern, nur weil ein Gouverneur seine Spielchen treibt. Das Unternehmen reagiert auf das, was das Publikum sehen will. Und da trifft es den Geschmack immer noch sehr gut. 2019 etwa, dem letzten Jahr bevor Covid-19 die Kinoindustrie ergriff, waren sieben der zehn erfolgreichsten Filme in den USA Disney-Produktionen.
Für DeSantis zahlt sich die Strategie ebensowenig aus. Im vergangenen Jahr wurde er mit einer überwältigenden Mehrheit wiedergewählt – eine absolute Ausnahme im traditionell höchst gespaltenen Florida. Doch er scheint die falschen Lehren aus seinem Triumph gezogen zu haben. Sein Wahlsieg ging zum großen Teil auf seine Politik während der Covid-Pandemie zurück. Florida schaffte Schutzmaßnahmen und Einschränkungen deutlich früher als andere Landesteile ab. Das tat der Wirtschaft gut – und brachte zahlreiche Demokraten gegen DeSantis auf. Der Großteil der Bevölkerung unterstützte ihn gleichwohl. Aber nicht wegen des Dauerstreits mit dem politischen Gegner, sondern weil seine Politik tausenden Menschen den Job rettete. Im Fall Disney ist es umgekehrt. DeSantis Unfähigkeit, einen Konflikt zu beenden, hat den Staat nun Arbeitsplätze gekostet.
Eine Empfehlung für höhere Aufgaben ist das nicht. DeSantis wirkt ein halbes Jahr nach seinem Wahlsieg nicht mehr wie die Zukunft der Republikaner, sondern wie ein Mann, der in einem Kampf mit Mickey Maus feststeckt. So kann er Trump nicht schlagen. Und Biden übrigens auch nicht.
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