Streit um Jerusalem Türkei zieht Botschafter aus USA ab

Nach den tödlichen Konfrontationen ist die Kritik groß. Südafrika ruft seinen Botschafter aus Israel zurück. Macron will mit Premierminister Netanjahu telefonieren.

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Streit um Jerusalem: Türkei zieht Botschafter aus den USA ab Quelle: AP

Washington Nach der Verlegung der US-Botschaft nach Jerusalem hat die Türkei ihren Botschafter aus den Vereinigten Staaten aus Protest abgezogen. Das gab die türkische Botschaft in Washington bekannt. Zudem berief die Türkei ihren Botschafter in Israel für Konsultationen zurück in die Heimat.

Das Außenministerium in Ankara teilte mit, die Verlegung der US-Botschaft sei „juristisch null und nichtig“ und missachte die legitimen Rechte des palästinensischen Volkes.

Auch Südafrika hat seinen Botschafter zurückberufen. Südafrika verurteile die „wahllose und gravierende“ Gewalt, erklärte das Außenministerium in Pretoria. Es bedürfe einer unabhängigen Untersuchung, damit die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen würden. Botschafter Sisa Ngombane werde auf unbestimmte Zeit zurückberufen, erklärte das Ministerium. Südafrika zeigt sich häufig solidarisch mit den Palästinensern.

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hat die tödlichen Konfrontationen an der Grenze zum Gazastreifen unterdessen als „die Gewalt der israelischen Streitkräfte gegen die Demonstranten“ verurteilt.

In Telefonaten mit Palästinenserpräsident Mahmud Abbas und dem jordanischen König Abdullah beklagte Macron „die große Zahl ziviler palästinensischer Opfer in Gaza heute und in den vergangenen Wochen“, wie der Élyséepalast am Montagabend mitteilte.

Macron habe alle Verantwortlichen zur Zurückhaltung und zur Deeskalation aufgerufen und die Notwendigkeit unterstrichen, dass die Demonstrationen der kommenden Tage friedlich bleiben.

Der Franzose erinnerte an die Missbilligung seines Landes für die amerikanische Entscheidung zur Verlegung der US-Botschaft nach Jerusalem. „Der Status von Jerusalem kann nur zwischen den Parteien bestimmt werden, in einem unter der Schirmherrschaft der internationalen Gemeinschaft ausgehandelten Rahmen.“ Am Dienstag will sich Macron mit dem israelischen Premierminister Benjamin Netanjahu austauschen.

Mit Blick auf die tödliche Gewalt wählte die Türkei in einer Mitteilung scharfe Worte. Der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan bezeichnete das Vorgehen Israels als „Genozid“. „Das was Israel macht, ist ein Genozid. Egal von welcher Seite er kommt, von Amerika oder von Israel, ich verfluche dieses humanitäre Drama, diesen Genozid“, sagte Erdogan nach Angaben der staatlichen Nachrichtenagentur Anadolu.

Erdogan ordnete drei Tage Trauer für die am Montag getöteten Palästinenser an. Bei den Protesten waren mindestens 58 Menschen ums Leben gekommen.

Die palästinensische Führung im Westjordanland entschied indes als Reaktion auf die Toten, vor dem Internationalen Strafgerichtshof wegen mutmaßlicher Kriegsverbrechen gegen Israel vorzugehen. Das habe Präsident Mahmud Abbas gemeinsam mit anderen hochrangigen Vertretern der Palästinensischen Befreiungsorganisation PLO beschlossen, erklärte der palästinensische Unterhändler im Nahostkonflikt, Saeb Erekat.

Unterdessen sehen die USA die Verantwortung für die Todesfälle am Gazastreifen „direkt bei der Hamas“. Das sagte Raj Shah, Sprecher des Weißen Hauses, im Hinblick auf die Berichte über tödliche Schüsse israelischer Soldaten auf palästinensische Demonstranten. „Israel hat das Recht, sich zu verteidigen“, sagte Shah und machte die Hamas für die „schreckliche Situation“ verantwortlich.

Eine unabhängige Untersuchung der Konfrontationen lehnen die USA ab. Unter den Mitgliedern des UN-Sicherheitsrats kursierte am Montag der Entwurf für eine gemeinsame Stellungnahme zu der Gewalt, in der auch eine solche Untersuchung gefordert wurde. Diesen Entwurf blockierten die USA jedoch, wie ein Diplomat der Deutschen Presse-Agentur bestätigte. Der Rat wollte am Dienstag über die Lage beraten und sich dabei auch vom Nahost-Beauftragten Nikolaj Mladenow informieren lassen.

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