Trump droht Ärger Das bedeutet die Anklage gegen Trump

Donald Trump, ehemaliger Präsident der USA, erwartet, dass er am kommenden Dienstag festgenommen wird. Deshalb rief er seine Unterstützer zu Protesten auf. Quelle: dpa

Als erster ehemaliger US-Präsident wird Donald Trump strafrechtlich verfolgt. Wohl in der kommenden Woche wird er sich den Behörden stellen. Doch reichen die Vorwürfe, um ihn auch zu verurteilen?

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Yusef Salaam verbindet eine lange Geschichte mit Donald Trump. 1989 wurde Salaam, damals gerade einmal 15 Jahre alt, zusammen mit vier anderen Jugendlichen festgenommen. Sie wurden verdächtigt, eine Joggerin im New Yorker Central Park brutal überfallen und vergewaltigt zu haben. Die Attacke erschütterte die damals ohnehin von Verbrechen gezeichnete Metropole – und motivierte auch Trump, damals Immobilienunternehmer und Boulevardzeitungsliebling, sich einzuschalten.

In einer ganzseitigen Anzeige forderte Trump die Wiedereinführung der Todesstrafe. Er wolle, „dass Kriminelle jeden Alters wieder Angst“ hätten, schrieb er damals. Seine Forderung verhallte, doch Salaam und die vier anderen Jugendlichen wanderten ins Gefängnis. Jahre später wurden ihre Strafen aufgehoben – wegen erwiesener Unschuld. Trump jedoch weigert sich bis heute, diesen Umstand anzuerkennen. Dass der Ex-Präsident nun selbst eines Verbrechens angeklagt wird, kommentierte Salaam in einem Statement nur mit einem Wort: Karma.

Nicht wenigen Trump-Gegnern sprach er damit aus der Seele. Nach Jahren und Jahrzehnten, in denen Trump sich immer wieder dem Zugriff der Justiz entziehen konnte, wurde er gestern Nachmittag (Ortszeit) in New York von einem Geschworenengericht angeklagt. Es ist das erste Mal in der Geschichte der Vereinigten Staaten, dass strafrechtlich gegen einen Ex-Präsidenten vorgegangen wird. Keiner von Trumps 43 Vorgängern musste sich nach seiner Amtszeit mit der Justiz herumschlagen. Doch nicht nur diese historische Einmaligkeit macht den Fall so kompliziert. Schließlich arbeitet der 76-Jährige derzeit daran, 2025 erneut ins Weiße Haus einzuziehen. Und von Staatsanwälten will sich Trump seine Pläne nicht durchkreuzen lassen. Die Anklage sei „politische Verfolgung und die größte Einmischung in eine Wahl in der Geschichte“, teilte er per Pressemitteilung mit. Kurz darauf verschickte sein Wahlkampfteam den ersten Spendenanruf an seine Anhänger.

Der Schritt kam alles andere als überraschend. Seit Wochen verdichteten sich die Hinweise darauf, dass die Bezirksstaatsanwaltschaft von Manhattan Anklage gegen Trump erheben würde. Der Beschuldigte selbst hatte bereits für den Dienstag der vergangenen Woche seine Verhaftung vorhergesagt und zu Protesten aufgerufen. Der Tag kam und ging, ohne dass etwas passierte. Zuletzt hieß es, Staatsanwalt Alvin Bragg würde sich wohl noch etwas Zeit lassen. Doch jetzt ging es doch ganz schnell.

Was Trump genau vorgeworfen wird, ist offen. Die Anklage wurde noch nicht veröffentlicht. CNN meldet allerdings, dass es sich um mehr als 30 einzelne Vorwürfe handeln soll. Im Kern dürfte Trumps Zahlung von Schweigegeld an die Porno-Darstellerin Stephanie Clifford, Künstlername Stormy Daniels, stehen. Sie erhielt kurz vor der Präsidentenwahl 2016 130.000 Dollar, damit sie über eine angebliche Affäre mit dem damaligen Kandidaten schwieg. Die Zahlung hatte Trumps damaliger Jurist Michael Cohen vorgenommen, Trump hatte ihm das Geld erstattet – getarnt als Anwaltshonorar. Dies, so der Vorwurf, erfülle den Tatbestand der Fälschung von Geschäftspapieren. Und da die Zahlung das Ziel hatte, die Kampagne von Trump zu unterstützen, käme noch der Vorwurf des Verstoßes gegen das Gesetz zur Wahlkampffinanzierung hinzu. Gemeinsam ergäbe sich so eine Straftat, die zu mehreren Jahren Haft führen könnte.

Ob dieser Vorwurf tatsächlich zu einer Verurteilung führen würde, ist unsicher. Es gibt legitime Fragen, was Verjährungsfristen und Zuständigkeiten betrifft. Doch solange nicht bekannt ist, was Bragg Trump konkret vorwirft, ist das Spekulation. Dennoch ist die Anklage für Trump ein Wendepunkt – zumal ihm nicht nur in seiner alten Heimat Ärger droht. In Georgia könnte ebenfalls eine Anklage kurz bevorstehen. Der Ex-Präsident hatte nach der Wahl 2020 versucht, das Ergebnis in dem Südstaat zu seinen Gunsten zu verändern. Demokrat Biden hatte Georgia knapp gewonnen. Unter anderem hatte Trump den obersten Wahlaufseher des Staates in einem Telefongespräch bedrängt, die notwendige Anzahl an Stimmen zu „finden“, die er brauchte, um an Biden vorbeizuziehen. Und dann prüft auf Bundesebene noch ein Sonderermittler, ob Trumps Umgang mit Geheimakten und seine Rolle am 6. Januar strafbar sind. Viel potenzieller Ärger also für den Ex-Präsidenten.

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Gemessen an dem, was noch kommen könnte, sind die wahrscheinlichen Vorwürfe in New York noch am überschaubarsten. Trotzdem: Was nun auf Trump zukommt, ist kein Spaß. Es wird erwartet, dass er sich am Dienstag den Behörden in Manhattan stellt. Dort werden seine Fingerabdrücke genommen, ein Fahndungsfoto gemacht und ihm seine Rechte vorgelesen. Dann wird er einem Richter vorgeführt. Üblicherweise werden Angeklagten auch Handschellen angelegt, doch womöglich verzichten die Behörden darauf, dies durchzusetzen. Dies dürfte nicht die einzige Abweichung von der Routine sein. Schließlich wird Trump von bewaffneten Agenten des Secret Service begleitet werden. Diese dürfen ihm rechtlich nicht von der Seite weichen. Dass Trump in Untersuchungshaft muss, gilt als ausgeschlossen. Vermutlich wird der Richter ohne Zahlung einer Kaution auf freien Fuß setzen.

Was dann folgt, ist weniger klar. Wie wird das Land mit einem Ex-Präsidenten auf der Anklagebank umgehen? Und was bedeutet der Schritt für den Nominierungsprozess der Republikaner, bei dem Trump in Umfragen immer noch weit vorne liegt?

Mancher Kritiker des Ex-Präsidenten weiß deshalb noch nicht so genau, was man von der kommenden Anklage halten soll. „Donald Trump hat viele schwerwiegende Taten gegen unser Land und seine Verfassung begangen“, so der ehemalige republikanische Kongressabgeordente Carlos Curbelo zur WirtschaftsWoche. „Und doch wurde er nur aufgrund einer Formalität angeklagt, wobei eine kreative staatsanwaltschaftliche Strategie in einem Fall angewandt wurde, der für die Institutionen unseres Landes wenig oder gar nicht von Bedeutung ist.“

„Kein US-Präsident hat jemals so viele rechtliche Probleme gehabt wie Ex-Präsident Trump“, ergänzt Reid Ribble, ehemals republikanischer Abgeordneter im US-Repräsentantenhaus und Trump-Gegner, im Gespräch mit der WirtschaftsWoche. Der New Yorker Fall sei der schwierigste, um eine Verurteilung zu erreichen – und der schwächste der potenziellen Strafverfahren, denen Trump gegenüberstehe. „Eine Anklage dieser Art wird nur dazu dienen, seine Anhänger anzustacheln und seine Kandidatur zu stärken.“

Darauf hofft auch der Ex-Präsident. Und er hat Grund zum Optimismus. Zahlreiche prominente Parteifreunde haben Trump bereits ihre Unterstützung zugesichert. Kevin McCarthy etwa, der Sprecher des Repräsentantenhauses und damit formal mächtigster Republikaner des Landes, kritisierte auf Twitter die „politisch motivierte Verfolgung“ des Ex-Präsidenten und kündigte eine Untersuchung durch den Kongress an.

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Doch ob die Partei McCarthy folgen wird, ist eine andere Frage. Nach dem enttäuschenden Abschneiden der Republikaner bei den Zwischenwahlen im November, habe es der Ex-Präsident ohnehin schwerer, den Mittelbau der GOP von sich zu überzeugen, erläutert der republikanische Stratege Matt Dole im Gespräch mit der WirtschaftsWoche. Eine wachsende Anzahl lokaler Parteiführer halte sich derzeit zurück, was die Unterstützung für Trump angehe. Zwar unterstützten sie seine Politik, „doch immer mehr vor ihnen haben genug von dem Unsinn, der mit Donald Trump einher geht“, meint Dole. „Eine Verhaftung und Anklage dürften diese Gefühle nur verstärken – zumal es genug Alternativen in der Partei gibt, die Trumps populistische Ideale vorantreiben können.“



Trump selbst wiederum scheint darauf zu setzen, dass ihm eine Anklage politisch dennoch helfen wird. Am kommenden Wochenende wird er wieder einmal eine seiner Großkundgebungen abhalten – diesmal im Waco, Texas. Der Ort kam zu trauriger Berühmtheit, als dort 1993 Agenten der Bundesregierung das Anwesen einer bewaffneten Sekte für 51 Tage umstellten und schließlich Tränengas in das Gebäude schossen. Kurz darauf brach Feuer aus, 76 Menschen kamen ums Leben, darunter 25 Kinder und zwei schwangere Frauen.

Zwar kamen spätere Untersuchungen zu dem Ergebnis, die Sektenmitglieder hätten den Brand selbst gelegt, doch trotzdem hat das „Waco-Massaker“ eine enorme symbolische Bedeutung für die rechtsradikale Szene in den USA. Es gibt als Beispiel für die Grausamkeit eines allmächtig-übergriffigen Staates, gegen den es sich mit allen Mitteln zu wehren gilt.

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An diesen Mythos knüpft auch Trump an. Ermittlungen gegen seine Person nennt er schon immer politisch motiviert, ein Komplott vermeintlich finsterer Kräfte innerhalb der Regierung, zu dessen Bekämpfung er die Solidarität seiner Anhänger braucht. Schon jetzt verschickt seine Kampagne fleißig E-Mails, die seine Unterstützer zu Spenden aufrufen. Auch dürfte er die zu erwartende Empörung an der Basis zu nutzen wissen, um seiner bislang noch halbherzigen dritten Präsidentschaftskampagne einen Energieschub zu verpassen. „Der Staatsanwalt in New York hat Donald Trump mehr dabei geholfen, wieder zum Präsidenten gewählt zu werden, als jeder andere Mensch in Amerika“, bemerkt Senator Lindsey Graham, ein enger Vertrauter des ehemaligen Staatsoberhaupts.

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