Wegen Russland-Streit Deutschland warnt USA vor Handelskrieg

Die USA drohen Russland mit neuen Wirtschaftssanktionen. Diese könnten aber auch europäische Firmen treffen. Bundeswirtschaftsministerin Brigitte Zypries warnte vor einem Handelskrieg mit den USA.

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Brigitte Zypries Quelle: REUTERS

Die US-Pläne für neue Russland-Sanktionen schüren die Furcht vor Auswirkungen auf europäische Firmen und lassen in Deutschland Rufe lauter werden, notfalls mit gleicher Münze zurückzuzahlen. Bundeswirtschaftsministerin Brigitte Zypries beklagte, dass deutschen Unternehmen Schaden drohe und warnte vor einem Handelskrieg mit den USA. "Es gibt die Möglichkeit von Gegensanktionen, das sieht die Welthandelsorganisation so vor", sagte Zypries in der ARD. Auch die Europäische Union ist auf Gegenmaßnahmen eingestellt. Der Ost-Ausschuss (OA) der Deutschen Wirtschaft stieß in das gleiche Horn. Es sei zwar das allerletzte, was man sich wünsche, aber man müsse sich die Möglichkeit von Gegensanktionen offenhalten, sagte der Geschäftsführer des Verbandes, Michael Harms, in Berlin.

Das US-Repräsentantenhaus hatte am Dienstag einen Gesetzentwurf verabschiedet, der geltende Strafmaßnahmen gegen Russland verschärft. Damit soll Russland für die Annexion der ukrainischen Halbinsel Krim, die Unterstützung von Präsident Baschar al-Assad im syrischen Bürgerkrieg und eine mutmaßliche Einflussnahme auf die US-Präsidentschaftswahl bestraft werden. Im Zentrum der Sanktionspläne steht dabei der Energiebereich. Im Öl- und Gasgeschäft sind die USA ein Konkurrent Russlands. Daher rührt Kritik, dass die USA aus den Sanktionen auch einen wirtschaftlichen Nutzen ziehen wollen.

Im Zentrum des Unmuts in Deutschland und der Europäischen Union steht die Auswirkungen der US-Pläne auf nicht-amerikanische Firmen. Die deutsche Wirtschaft und die deutsche Politik werfen den USA vor, dies zu nutzen, um eigene Wirtschaftsinteressen in Europa zu durchzusetzen - nämlich um mehr Öl und Gas in den europäischen Markt zu drücken. "Solche exterritorialen Wirkungen von solchen Sanktionen sind nach unserer Auffassung völkerrechtswidrig", sagte der Koordinator der Bundesregierung für die transatlantischen Beziehungen, Jürgen Hardt, im SWR. Man werde nicht hinnehmen, dass die USA über Sanktionen Einfluss auf Europas Energiepolitik nehmen.

OA-Geschäftsführer Harms kritisierte: "Die gewünschten Sanktionen gegen Pipelineprojekte sollen dazu dienen, die Energieexporte aus den USA nach Europa anzukurbeln, Jobs in den USA zu schaffen und die US-Außenpolitik zu stärken". Das stehe ganz offen im Gesetzentwurf. Ausdrücklich zielten die Vereinigten Staaten auch darauf ab, das Gaspipeline-Projekt Nord Stream 2 in der Ostsee zu verhindern, dass der russische Gazprom-Konzern mit europäischen Unternehmen plant. Auch das stehe im Gesetz. Insgesamt seien internationale Firmen bedroht, die am Ausbau, der Modernisierung und dem Erhalt russischer Energie-Leitungen beteiligt seien. "Das Gesetz schwebt wie ein Damoklesschwert über europäischen Firmen, die sich im Energiesektor engagieren". Sorge bereite zudem, dass auch die Russische Bahn als Sanktionsziel genannt werde.

Kritik kommt auch vom deutschen BASF-Konzern, der über seine Tochter Wintershall seit langem mit russischen Partnern im Energiebereich zusammenarbeitet. Vorstandschef Kurt Bock bemängelte: "Sanktionen zu beschließen zulasten eines Dritten, nämlich zulasten Europas, und gleichzeitig die amerikanische Wirtschaft zu befördern nach dem Motto 'buy american gas' - das ist schon bemerkenswert, vor allem wenn man sich vor Augen führt, dass Russland uns seit Jahrzehnten zuverlässig in Europa beliefert." Allerdings sei wohl das letzte Wort in Washington noch nicht gesprochen. Er hoffe, dass europäische Interessen doch noch berücksichtigt werden. Ähnlich äußerte sich der OA.

In der russischen Presse hieß es unter Berufung auf Quellen aus dem Moskauer Außenministerium, sollte US-Präsident Donald Trump den Gesetzentwurf unterzeichnen, werde die russische Seite Vergeltungsmaßnahmen ergreifen. Der mit großer Mehrheit im US-Abgeordnetenhaus verabschiedete Entwurf muss noch durch den Senat und dann noch von Trump unterzeichnet werden. Ein Wirtschaftsberater von Präsident Wladimir Putin rechnet zwar nicht damit, dass sich die neuen US-Sanktionen besonders negativ auswirken. Jedoch dämpften sie die Hoffnung, dass die bestehenden westlichen Strafmaßnahmen in den nächsten Jahren aufgehoben würden, sagte Alexej Kudrin zu Reuters. Die aktuellen Sanktionen drückten die Wirtschaftsleistung derzeit um 0,5 Prozent.

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